Gestern (am 16. Mai) eröffnete "Jeanne du Barry" das internationale Film-Festival in Cannes. Etwa ein Jahr nach Ende des langwierigen Prozesses mit Ex-Frau Amber Heard zeigte sich Johnny Depp dort wieder auf dem roten Teppich. Nicht nur nahmen ihn die schreienden Fans begeistert in Empfang, vor allem hagelte es ganze sieben Minuten lang Standing Ovations für seine Rolle als französischer König. Von dem großen Zuspruch war er sichtlich ergriffen: Auf einem Balkon kämpfte er mit den Tränen und winkte – ebenfalls fast königlich – den Applaudierenden.

Mit weiß getünchtem Gesicht und steifer Perücke mimt er in dem Historiendrama Ludwig den 15., der "Jeanne du Barry" als seine Mätresse auserkor. Wie der Titel verraten mag, spielt Depp neben dieser eigentlich nur die Nebenrolle: Filmemacherin Mäiwenn, die auch für Drehbuch und Regie verantwortlich ist, verkörpert die Tochter eines Mönchs und einer Köchin, die es für eine Frau ihres Standes im 18. Jahrhundert außergewöhnlich weit brachte. Im Schloss Versailles wagte sie es trotz Verbot, dem französischen König direkt in die Augen zu sehen – der Anfang einer ungewöhnlichen und skandalösen Beziehung, die hier in mitunter leidenschaftlichen Liebesszenen dargestellt wird. Behandelt wird vor allem die Lebensphase, die sie als Geliebte des Königs verbrachte, ohne ihre Figur darauf zu reduzieren. Buchstäblich wird Johnny Depp als Frankreichs Staatsoberhaupt neben ihr fast ein bisschen blass.

Johnny Depp: Rückkehr als Schauspieler

Historisch spannend ist die Geschichte, die kurz vor der Französischen Revolution spielt, atmosphärisch wird es vor der Kulisse von Versailles und durch opulente Kostüme. Vor allem die Schauspielkunst der beiden Hauptdarsteller sorgt aber offensichtlich für Begeisterung. Vielleicht aus Erleichterung flossen auch bei Mäiwenn während der Standing Ovations die Tränen – die Entscheidung, Johnny Depp als ihren Gegenpart zu besetzen, der nach den Missbrauchsvorwürfen noch immer in Verruf steht, machte es dem Film bei Kritikern nicht unbedingt leichter. Ähnlich wie ihre Rolle ist aber auch die Filmemacherin selbst dafür bekannt, den Regeln zu trotzen. So gab sie zum Beispiel zu, einen französischen Journalisten bespuckt und an den Haaren gezogen zu haben.

Der Film bringt damit durchaus provokatives Potenzial nach Cannes, in Bezug auf Johnny Depp ist man sich allerdings einig: Sowohl für die Verantwortlichen von "Jeanne du Barry", als auch für die begeisterten Fans ist er hier gerade einfach nur ein (sehr guter) Schauspieler.