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"Jürgen": Warum Heinz Strunk sich selbst spielt

Männer sind in Polen auf Brautschau, denn "im Osten sind noch Herzen frei". Der Film "Jürgen" von und mit Heinz Strunk hat es trotz aller Widerstände ins Fernsehen geschafft.

An der Klingel im Hauseingang in Hamburg-Altona steht neben seinem bürgerlichen Namen Halfpape vorsichtshalber noch Strunk - wer hier wohnt, hat kein Problem mit Öffentlichkeit. Und tatsächlich hat Heinz Strunk in seinem Roman "Fleisch ist mein Gemüse" ja bereits umfassend über sein Privatleben ausgepackt: wie belastend das Leben mit seiner psychisch kranken Mutter war, wie peinlich die Schützenfestkonzerte mit seiner Coverband Tiffanys, wie schwierig der Kontakt zu Frauen. "Ich habe nie Probleme gehabt, von mir zu erzählen, das Bekenntnishafte liegt mir", sagt er in seiner Dachgeschosswohnung. Auch sein Roman "Jürgen", dessen Verfilmung jetzt im Ersten kommt, ist eine sehr persönliche Sache.

"Ich konnte die Rolle nicht abgeben, ich musste das selbst machen", sagt der 55-Jährige. Als unattraktiver Single mit Pflegefall-Mutter sucht er zusammen mit Freund Bernd (Charly Hübner) in Polen nach einer Frau.
"Jürgen - Heute wird gelebt" Trailer Verleih

Die Widerstände waren groß

"Ich habe mehrfach gedacht, dass der Film nicht zustande kommt, die Widerstände waren einfach zu groß", sagt Strunk. Ist ein Romanautor auch ein guter Drehbuchautor? Ist der Humor massentauglich? "Ich saß mit Regisseur Lars Jessen über zehn Jahre an dem Projekt. Ich habe dann den Roman geschrieben, damit die ganze Arbeit nicht umsonst war." Der Norddeutsche Rundfunk lehnte den ausgesprochen norddeutschen Stoff ab, der WDR, bei dem auch das Hamburger Original "Dittsche" (Olli Dittrich) ein Zuhause fand, produzierte ihn schließlich.

Und das ist ein Glück. Es ist immer extrem unterhaltsam, wenn Strunk seinen Filter für alltägliche Absurditäten ausschüttet und aus Partnervermittlungsbroschüren und Singleratgebern Sätze wie "Im Osten sind noch Herzen frei" oder "Männer mit viel Testosteron ­lächeln wenig" generiert. Außerdem spielt der Hamburger seine Figur unglaublich überzeugend und vielschichtig, auf Augenhöhe mit Charly Hübner. Warum kann der das?

Sein Leben sei "Learning by doing", sagt Strunk und spielt wohl auf die vielen Rollen an, in denen er schon als Mitglied des Humortrios Studio Braun absurde Anrufe getätigt hat. Oder auf Minihörspiele wie "Mit Hass gekocht", in denen er alle Akteure selbst sprach, wie sein Vorbild Helge Schneider. Auch "Die gläserne Milf", der "Soundtrack" zum "Jür­gen"-Roman, folgt dieser Linie.

"Jürgen": Ein Film voller "High-End-Sätze"

Viele Indie-Künstler können sich mit dem Mainstreammedium Fernsehen nicht anfreunden, weil sie die absolute Kontrolle über ihre Kunst abgeben müssen. Studio-Braun-Kollege Rocko Schamoni spielt lieber Theater, Olli Schulz beendete seine Pro-Sieben-Karriere ("Schulz in the Box") ziemlich abrupt, talkt jetzt lieber beim kleinen ZDF neo. Beide haben Gastauftritte in "Jürgen...". Strunk kennt die Arbeit beim Fernsehen aus der Satiresendung "Extra 3", für die er seit einigen Jahren den "Experten für alles" spielt. "Wenn ich versucht hätte, kompromisslos Heinz Strunk umzusetzen, dann wäre ich in so einem Format falsch."

Allerdings spielt Strunk auch nur, was er selbst geschrieben hat. "Schauspieler ist kein Beruf, den ich machen möchte", sagt Strunk. "Die müssen so viele Nullsätze aufsagen." In seinem Drehbuch dagegen sei kein einziger schwacher Satz. "Ich sammle seit zwanzig Jahren Sprüche. Zum Beispiel ‚Die besseren Töpfe stehen auf den hinteren Herdplatten‘. Der ist aus ‚Schwiegertochter gesucht‘. Das war jetzt mal eine schöne Gelegenheit, diese ganzen High-End-Sätze rauszuhauen."

Eigentlich war "Jürgen" als Serie gedacht. Strunk hofft auf eine gute Quote, um seine Geschichte weitererzählen und -spielen zu können. "Bernd und Jürgen sind beliebig befüllbare Gefäße", sagt er. "In einer Woche hätte ich in den Grundzügen eine Staffel mit acht Folgen geschrieben."