In ihrem letzten Film spielte Ihre Frau Kate Winslet die weibliche Hauptrolle, diesmal ist Ihre Hauptdarstellerin nicht mit Ihnen verheiratet. Macht das die Arbeit leichter?
SAM MENDES: Es ist einfacher und schwieriger zugleich. Wenn du mit deiner Frau arbeitest, kannst du nie vollkommen natürlich mit ihr reden, wie du das zuhause tätest. Ein Filmset ist sehr öffentlich, alle schauen zu - und fragen sich: Haben die beiden jetzt gleich womöglich einen Ehekrach? Oder ist das ein ganz normales Gespräch zwischen Regisseur und Darsteller? Da ist so eine Elektrizität in der Luft... Auf der anderen Seite kenne ich Kate natürlich sehr gut, muss einfach weniger erklären. Bei Maya [Rudolph] ist das anders. Ich muss mehr reden, aber ohne die Angst, dass irgendwer in uns etwas anderes sieht als Schauspieler und Regisseur. Maya ist wundervoll in diesem Film. Sie hat diese unprätentiöse Wärme, die wahnsinnig anziehend ist.
In "Away We Go" machen sich Burt und Verona auf die Suche nach einem Ort, an dem sie ihr Kind aufziehen können. Ihre Reise ist zugleich eine Suche nach einem neuen Lebensentwurf als frisch gebackene Eltern...
SAM MENDES: Ja, die beiden sind Anfang/Mitte dreissig... Das ist der Moment im Leben, in dem uns bewusst wird, dass sich unser Lebenshorizont zu verengen beginnt. Wenn du ein Kind hast, musst du entscheiden, wie du es großziehen, wo du leben willst etc. Mit jeder Entscheidung wird dein Horizont ein bisschen enger. Das ist der Moment, an dem der Film beginnt. Die beiden fragen sich, wie sie ihr Kind aufziehen sollen. Sind ihre Vorstellungen womöglich komplett idiotisch? Machen sie etwa alles falsch? Auf ihrer Reise treffen sie eine Menge Leute, die alle ganz genau zu wissen glauben, wie man ein Kind aufzieht. Doch keine dieser Theorien passt auf Burt und Verona, und am Ende bleibt die Erkenntnis, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.
Auf die Frage nach dem größten Risiko, dass Sie selbst je im Leben eingegangen sind, haben Sie einmal geantwortet: "Heiraten und Kinder haben." Identifizieren Sie sich mit Burt und Verona?
SAM MENDES: Kinder zu haben ist schlicht ein großes Risiko. Denn du gehst eine Verpflichtung ein, die du auf keinen Fall brechen willst. Ich nehme diese Verantwortung sehr ernst. Besonders wenn du aus einer zerbrochenen Ehe stammst, ist dir immer bewusst, was passieren wird, wenn du versagen solltest. Was mich an Verona und Burt so angezogen hat, ist, wie stabil ihre Partnerschaft ist. Sie gehören einfach zusammen. Durch dick und dünn. Sie haben ihre eigene Sprache... Und sie werden im Lauf des Films als Paar immer erfolgreicher. Immer liebevoller. Das Drehbuch von Dave Eggers strotzt vor Hoffnung und Optimismus. Ich habe eine ganze Reihe düsterer Filme gemacht. Ich wollte zur Abwechslung einen Film machen, der diese Art von Freude transportiert. Gerade in Zeiten ökonomischer Unsicherheit will der Film den Leuten Mut machen, aus ihrer Lebensumgebung auszubrechen und ihren eigenen Weg zu finden.... Auch wenn das vielleicht eine etwas romantische Vorstellung ist.
"Away We Go" ist ein Roadmovie, in dem von Road nicht allzu viel zu sehen ist...
SAM MENDES: Ja, ich wollte keine Roadmovie-Klischees. Ich wollte weder einen "God Shot" - jene Luftaufnahme aus dem Helikopter auf Auto, Strasse und endlose Szenerie - noch eins dieser typischen Skyline-Bilder, diese "ohhhh-wir-sind-hier-also-in-Montreal"-Einstellungen. Es fehlt auch der Kameraschuss aus dem Autofenster - die Roadmovie-Einstellung schlechthin. Ich wollte von Ort zu Ort springen. Der Film erzählt schließlich nicht die Geschichte geographischer Orte, sondern von den Menschen, die Burt und Verona unterwegs treffen. Ich wollte nicht diese typische Roadmovie-Melancholie, bei der leere Landschaften am Auto vorbeirauschen.
In welche Schublade passt Ihr neuer Film denn dann: Roadmovie? Satire? Romantische Komödie? Liebesdrama?
SAM MENDES: Es gibt im Film einen Wendepunkt, in dem die anfänglich eher komisch-satirische Stimmung umkippt, wo der Film ernster wird. Ich mag solche Stimmungswechsel. Schon Shakespeare hat urkomische Szenen mit tiefer Tragik kombiniert. Wir hingegen wollen Filme immer in ein Genre einsortieren. Wenn etwas komisch ist, dann muss es durchgehend komisch sein, ernste Einsprengsel sind nicht erlaubt. Und im Drama sind keine Lacher zugelassen. Ich glaube nicht an diese Trennung.
In ihrem letzten Film "Zeiten des Aufruhrs" war jede Einstellung perfekt ausgeleuchtet, jedes Detail minutiös inszeniert. "Away We Go" ist schneller, lockerer, improvisierter Ist das der neue Mendes-Stil?.
SAM MENDES: Wenn ich ganz ehrlich bin: "Zeiten des Aufruhrs" und "American Beauty" liegen meinem Geschmack mehr. Ich habe "Away We Go" unter anderem gemacht, um einmal nicht superpräzise sein zu müssen. Die gesamte Produktion von "Zeiten des Aufruhrs" war so, als würde man einen Faden in die Nadel fädeln: Die ganze Geschichte stand und fiel mit einer Vielzahl winziger Momente, die es präzise auszubalancieren galt. Eine einzige Gegeneinstellung, die Betonung eines einzigen Halbsatzes vermochte eine ganze Szene umzudeuten. Bei "Away We Go" wollte ich mir keine Sorgen um jede Gegeneinstellung machen. Burt und Verona sind eh meist gleichzeitig im Bild... Aber selbst hier musste mich sehr zurückhalten, Einstellungen nicht zu sehr zu komponieren, sie nicht allzu ausgefeilt zu beleuchten - wie es meinem Instinkt ganz offensichtlich näher liegt.
Ihr nächster Film wird also wieder ein bis ins kleinste Detail aufgefeilter "großer" Film?
SAM MENDES: Ich mache da nie irgendwelche Vorhersagen. Es hängt schlicht vom Angebot an Drehbüchern ab. Kommt Zeit, kommt Film.
SAM MENDES: Es ist einfacher und schwieriger zugleich. Wenn du mit deiner Frau arbeitest, kannst du nie vollkommen natürlich mit ihr reden, wie du das zuhause tätest. Ein Filmset ist sehr öffentlich, alle schauen zu - und fragen sich: Haben die beiden jetzt gleich womöglich einen Ehekrach? Oder ist das ein ganz normales Gespräch zwischen Regisseur und Darsteller? Da ist so eine Elektrizität in der Luft... Auf der anderen Seite kenne ich Kate natürlich sehr gut, muss einfach weniger erklären. Bei Maya [Rudolph] ist das anders. Ich muss mehr reden, aber ohne die Angst, dass irgendwer in uns etwas anderes sieht als Schauspieler und Regisseur. Maya ist wundervoll in diesem Film. Sie hat diese unprätentiöse Wärme, die wahnsinnig anziehend ist.
In "Away We Go" machen sich Burt und Verona auf die Suche nach einem Ort, an dem sie ihr Kind aufziehen können. Ihre Reise ist zugleich eine Suche nach einem neuen Lebensentwurf als frisch gebackene Eltern...
SAM MENDES: Ja, die beiden sind Anfang/Mitte dreissig... Das ist der Moment im Leben, in dem uns bewusst wird, dass sich unser Lebenshorizont zu verengen beginnt. Wenn du ein Kind hast, musst du entscheiden, wie du es großziehen, wo du leben willst etc. Mit jeder Entscheidung wird dein Horizont ein bisschen enger. Das ist der Moment, an dem der Film beginnt. Die beiden fragen sich, wie sie ihr Kind aufziehen sollen. Sind ihre Vorstellungen womöglich komplett idiotisch? Machen sie etwa alles falsch? Auf ihrer Reise treffen sie eine Menge Leute, die alle ganz genau zu wissen glauben, wie man ein Kind aufzieht. Doch keine dieser Theorien passt auf Burt und Verona, und am Ende bleibt die Erkenntnis, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.
Auf die Frage nach dem größten Risiko, dass Sie selbst je im Leben eingegangen sind, haben Sie einmal geantwortet: "Heiraten und Kinder haben." Identifizieren Sie sich mit Burt und Verona?
SAM MENDES: Kinder zu haben ist schlicht ein großes Risiko. Denn du gehst eine Verpflichtung ein, die du auf keinen Fall brechen willst. Ich nehme diese Verantwortung sehr ernst. Besonders wenn du aus einer zerbrochenen Ehe stammst, ist dir immer bewusst, was passieren wird, wenn du versagen solltest. Was mich an Verona und Burt so angezogen hat, ist, wie stabil ihre Partnerschaft ist. Sie gehören einfach zusammen. Durch dick und dünn. Sie haben ihre eigene Sprache... Und sie werden im Lauf des Films als Paar immer erfolgreicher. Immer liebevoller. Das Drehbuch von Dave Eggers strotzt vor Hoffnung und Optimismus. Ich habe eine ganze Reihe düsterer Filme gemacht. Ich wollte zur Abwechslung einen Film machen, der diese Art von Freude transportiert. Gerade in Zeiten ökonomischer Unsicherheit will der Film den Leuten Mut machen, aus ihrer Lebensumgebung auszubrechen und ihren eigenen Weg zu finden.... Auch wenn das vielleicht eine etwas romantische Vorstellung ist.
"Away We Go" ist ein Roadmovie, in dem von Road nicht allzu viel zu sehen ist...
SAM MENDES: Ja, ich wollte keine Roadmovie-Klischees. Ich wollte weder einen "God Shot" - jene Luftaufnahme aus dem Helikopter auf Auto, Strasse und endlose Szenerie - noch eins dieser typischen Skyline-Bilder, diese "ohhhh-wir-sind-hier-also-in-Montreal"-Einstellungen. Es fehlt auch der Kameraschuss aus dem Autofenster - die Roadmovie-Einstellung schlechthin. Ich wollte von Ort zu Ort springen. Der Film erzählt schließlich nicht die Geschichte geographischer Orte, sondern von den Menschen, die Burt und Verona unterwegs treffen. Ich wollte nicht diese typische Roadmovie-Melancholie, bei der leere Landschaften am Auto vorbeirauschen.
In welche Schublade passt Ihr neuer Film denn dann: Roadmovie? Satire? Romantische Komödie? Liebesdrama?
SAM MENDES: Es gibt im Film einen Wendepunkt, in dem die anfänglich eher komisch-satirische Stimmung umkippt, wo der Film ernster wird. Ich mag solche Stimmungswechsel. Schon Shakespeare hat urkomische Szenen mit tiefer Tragik kombiniert. Wir hingegen wollen Filme immer in ein Genre einsortieren. Wenn etwas komisch ist, dann muss es durchgehend komisch sein, ernste Einsprengsel sind nicht erlaubt. Und im Drama sind keine Lacher zugelassen. Ich glaube nicht an diese Trennung.
In ihrem letzten Film "Zeiten des Aufruhrs" war jede Einstellung perfekt ausgeleuchtet, jedes Detail minutiös inszeniert. "Away We Go" ist schneller, lockerer, improvisierter Ist das der neue Mendes-Stil?.
SAM MENDES: Wenn ich ganz ehrlich bin: "Zeiten des Aufruhrs" und "American Beauty" liegen meinem Geschmack mehr. Ich habe "Away We Go" unter anderem gemacht, um einmal nicht superpräzise sein zu müssen. Die gesamte Produktion von "Zeiten des Aufruhrs" war so, als würde man einen Faden in die Nadel fädeln: Die ganze Geschichte stand und fiel mit einer Vielzahl winziger Momente, die es präzise auszubalancieren galt. Eine einzige Gegeneinstellung, die Betonung eines einzigen Halbsatzes vermochte eine ganze Szene umzudeuten. Bei "Away We Go" wollte ich mir keine Sorgen um jede Gegeneinstellung machen. Burt und Verona sind eh meist gleichzeitig im Bild... Aber selbst hier musste mich sehr zurückhalten, Einstellungen nicht zu sehr zu komponieren, sie nicht allzu ausgefeilt zu beleuchten - wie es meinem Instinkt ganz offensichtlich näher liegt.
Ihr nächster Film wird also wieder ein bis ins kleinste Detail aufgefeilter "großer" Film?
SAM MENDES: Ich mache da nie irgendwelche Vorhersagen. Es hängt schlicht vom Angebot an Drehbüchern ab. Kommt Zeit, kommt Film.
Trailer zu "Away We Go":