Obwohl seine Show "Teufels Küche" gefloppt war, spürte man bei RTL: Der Mann hat was. Noch im selben Jahr 2005 entstand "Rach, der Restauranttester". Das Format wurde ein Volltreffer und Christian Rach über Nacht bekannt.
Im Interview erzählt der Sternekoch über seine Vergangenheit: vom Schüler im Saarland zum Hamburger Hippie.
TV SPIELFILM: Wer heute ein Restaurant mit dreißig Angestellten leitet und nebenbei andere Lokale rettet, war früher bestimmt Klassensprecher, oder?
Christian Rach: Ja. Uni, Schule, Kindergarten: Ich war tatsächlich immer der Sprecher.
Weil Sie gern die Kontrolle über andere haben?
Ich habe mich nie aufgedrängt. Aber die anderen haben gemerkt, dass ich in stressigen Situationen angstfrei agiere. Ich achte Leute, die mir etwas entgegenzusetzen haben, und ich erhebe mich nicht über Schwächere. Das sind gute Voraussetzungen.
Welche Rolle spielte die Politik in Ihrer Jugend?
Die Situation in den Siebzigern, also im Nachklang der APO, war für uns Jugendliche wahnsinnig aufwühlend. Es gab die Faszination der Achtundsechziger, es gab die Faszination des Hippiedaseins, das in den Siebzigern aus Kalifornien kam. Das war eine Mischung aus politischem Widerstand und Widerstand gegen das Establishment. Meine Generation hat immer noch ein Problem damit, Anzug zu tragen. Wir wollten die Befreiung von moralisch-familiären Banden.
Klingt, als wären Sie Hippie gewesen ...
Ich hatte lange Haare, Kopfbänder, einen Vollbart und Ohrringe mit Federn. Solche Äußerlichkeiten sind immer ein ganz wichtiges Indiz für eine Loslösung. Wer aus einer südwestdeutschen, katholisch-moralischen Kleinstadt wie St. Ingbert im Saarland kommt, hat nur zwei Möglichkeiten: Er stärkt die Verwurzelung oder er löst sie. Er arrangiert sich mit der Enge, liebt sie und fühlt sich in diesem sozialen Netz sicher aufgehoben, oder er muss dieses Netz kappen und springt in ein Wagnis. Ich bin nach Hamburg gegangen.
Was waren dann die wichtigsten beruflichen Entscheidungen, die Sie getroffen haben?
Erstens: Philosophie zu studieren. Zweitens: das Studium zu einem von mir bestimmten Zeitpunkt zu beenden und Koch zu werden. Ich habe mein Mathematik- und Philosophiestudium im Examenssemester abgebrochen. Ich hatte alle Scheine, mir fehlte nur der Stempel der Abschlussprüfung. Damals passte das zu diesem Kampf gegen das Establishment.
Sie haben schon Ihr Studium als Koch finanziert. Wie viel gab's in der Filmhauskneipe in Altona?
Das waren 7,50 Mark pro Stunde. Plus Trinkgeld. Wenn ich gekocht habe, war die Hütte immer voll. Ich habe ein Dreigangmenü für 19 Mark eingeführt. Wenn wir um 18 Uhr aufgeschlossen haben, standen die Leute draußen schon Schlange.
Sie haben sich von der studentischen Kochkraft zum Sternekoch gemausert: ohne Ausbildung?
Richtig. Ich habe nie eine klassische Ausbildung zum Koch gemacht und kann trotzdem kochen. Ich kann Ihnen gern einen Ausschnitt aus meinen Ehrungen zeigen. Den Beweis finden Sie auch auf dem Teller.
Sie arbeiten bis zu achtzig Stunden in der Woche. Bleibt da noch Zeit für die Familie?
Natürlich. Es gibt Freiräume, die sind Gesetz. Ich stehe jeden Tag mit meiner Familie auf, um gemeinsam zu frühstücken. Auch wenn ich noch eine Stunde länger liegen bleiben könnte. Mindestens zweimal in der Woche gehen wir gemeinsam essen oder kochen zusammen. Oft auch mit Freunden. Deswegen werden Sie mich auch nicht an einem Sonntagabend im Tafelhaus oder in einer Live-Show im Fernsehen sehen.
Diese Freizeit ist Ihnen heilig?
Das sind einfach notwendige Regenerationsphasen. Wenn man diese Art des Austauschs nicht pflegt, wird man vermutlich zum Sozialkrüppel. Ohne Kommunikation geht unsere Gesellschaft zugrunde. Je weniger die Familien gemeinsam am Tisch sitzen, desto weniger Kommunikation findet statt. Und deshalb haben wir heute so viele Probleme.
Michael Scholten
Im Interview erzählt der Sternekoch über seine Vergangenheit: vom Schüler im Saarland zum Hamburger Hippie.
TV SPIELFILM: Wer heute ein Restaurant mit dreißig Angestellten leitet und nebenbei andere Lokale rettet, war früher bestimmt Klassensprecher, oder?
Christian Rach: Ja. Uni, Schule, Kindergarten: Ich war tatsächlich immer der Sprecher.
Weil Sie gern die Kontrolle über andere haben?
Ich habe mich nie aufgedrängt. Aber die anderen haben gemerkt, dass ich in stressigen Situationen angstfrei agiere. Ich achte Leute, die mir etwas entgegenzusetzen haben, und ich erhebe mich nicht über Schwächere. Das sind gute Voraussetzungen.
Welche Rolle spielte die Politik in Ihrer Jugend?
Die Situation in den Siebzigern, also im Nachklang der APO, war für uns Jugendliche wahnsinnig aufwühlend. Es gab die Faszination der Achtundsechziger, es gab die Faszination des Hippiedaseins, das in den Siebzigern aus Kalifornien kam. Das war eine Mischung aus politischem Widerstand und Widerstand gegen das Establishment. Meine Generation hat immer noch ein Problem damit, Anzug zu tragen. Wir wollten die Befreiung von moralisch-familiären Banden.
Klingt, als wären Sie Hippie gewesen ...
Ich hatte lange Haare, Kopfbänder, einen Vollbart und Ohrringe mit Federn. Solche Äußerlichkeiten sind immer ein ganz wichtiges Indiz für eine Loslösung. Wer aus einer südwestdeutschen, katholisch-moralischen Kleinstadt wie St. Ingbert im Saarland kommt, hat nur zwei Möglichkeiten: Er stärkt die Verwurzelung oder er löst sie. Er arrangiert sich mit der Enge, liebt sie und fühlt sich in diesem sozialen Netz sicher aufgehoben, oder er muss dieses Netz kappen und springt in ein Wagnis. Ich bin nach Hamburg gegangen.
Was waren dann die wichtigsten beruflichen Entscheidungen, die Sie getroffen haben?
Erstens: Philosophie zu studieren. Zweitens: das Studium zu einem von mir bestimmten Zeitpunkt zu beenden und Koch zu werden. Ich habe mein Mathematik- und Philosophiestudium im Examenssemester abgebrochen. Ich hatte alle Scheine, mir fehlte nur der Stempel der Abschlussprüfung. Damals passte das zu diesem Kampf gegen das Establishment.
Sie haben schon Ihr Studium als Koch finanziert. Wie viel gab's in der Filmhauskneipe in Altona?
Das waren 7,50 Mark pro Stunde. Plus Trinkgeld. Wenn ich gekocht habe, war die Hütte immer voll. Ich habe ein Dreigangmenü für 19 Mark eingeführt. Wenn wir um 18 Uhr aufgeschlossen haben, standen die Leute draußen schon Schlange.
Sie haben sich von der studentischen Kochkraft zum Sternekoch gemausert: ohne Ausbildung?
Richtig. Ich habe nie eine klassische Ausbildung zum Koch gemacht und kann trotzdem kochen. Ich kann Ihnen gern einen Ausschnitt aus meinen Ehrungen zeigen. Den Beweis finden Sie auch auf dem Teller.
Sie arbeiten bis zu achtzig Stunden in der Woche. Bleibt da noch Zeit für die Familie?
Natürlich. Es gibt Freiräume, die sind Gesetz. Ich stehe jeden Tag mit meiner Familie auf, um gemeinsam zu frühstücken. Auch wenn ich noch eine Stunde länger liegen bleiben könnte. Mindestens zweimal in der Woche gehen wir gemeinsam essen oder kochen zusammen. Oft auch mit Freunden. Deswegen werden Sie mich auch nicht an einem Sonntagabend im Tafelhaus oder in einer Live-Show im Fernsehen sehen.
Diese Freizeit ist Ihnen heilig?
Das sind einfach notwendige Regenerationsphasen. Wenn man diese Art des Austauschs nicht pflegt, wird man vermutlich zum Sozialkrüppel. Ohne Kommunikation geht unsere Gesellschaft zugrunde. Je weniger die Familien gemeinsam am Tisch sitzen, desto weniger Kommunikation findet statt. Und deshalb haben wir heute so viele Probleme.
Michael Scholten