Schmal, beinahe zerbrechlich, lehnt sie im Türrahmen der Interviewsuite im Berliner Regent Hotel. Sie hat die dunkelblonden Haare zum Pferdeschwanz gezwirbelt, ihre schwarz geschminkten Lider setzen einen theatralischen Akzent im blassen Gesicht. Heike Makatsch (37) ist übernächtigt, die letzte Nacht hat Kraft gekostet.

Vor nicht einmal 24 Stunden galt es, die Premiere eines Kinofilms zu überstehen, der sie vor die größte Herausforderung ihrer Karriere gestellt hat. Im Berliner Friedrichstadtpalast wurde "Hilde" gezeigt: 23 Jahre im Leben der legendären Schauspielerin, Sängerin und Bestsellerautorin Hildegard Knef. Makatsch spielt die Knef. Das Premierenpublikum jubelte ihr zu, und auch die Kritiker lobten einhellig
ihre Leistung.
TV SPIELFILM: Ganz schön mutig, einen Weltstar zu spielen. Haben Sie gezögert, die Rolle zu übernehmen, oder sich einfach verwegen daraufgestürzt?

Heike Makatsch: Ich war verwegen. Oder vielleicht auch naiv, aber ich hatte große Lust darauf, diese Frau zu spielen, obwohl ich weiß, dass ich mich mit dieser Rolle weit aus dem Fenster lehne.

Wie haben Sie sich der Knef angenähert? Über ihre Rollen oder über ihre Lieder?

Über die Musik. Ich habe sie imitiert, dann wieder losgelassen, um meine eigene Interpretation zu finden. Dieser Prozess war eine gute Basis, um Hilde kennenzulernen, und hat mir später bei der Vorbereitung auf die schauspielerische Arbeit sehr geholfen.

Wann haben Sie die Knef zum ersten Mal singen gehört?

Als sie 1992 mit Extrabreit die "... roten Rosen" gesungen hat. Da war sie 67 Jahre alt.

Welchen Eindruck hatten Sie von ihr?

Exzentrisch, bunt, etwas wackelig, aber trotzdem mit einer manchmal beängstigenden Kraft. Sie war jemand, der die Menschen mit ihren Eigenheiten überraschen und faszinieren konnte, so wie es auch Klaus Kinski konnte. Ella Fitzgerald hat von der Knef gesagt, sie sei die größte Sängerin der Welt ohne Stimme. Aber in dieser Stimme hat sich alles offenbart. Das Zarte, das Harte, das Sexuelle, das Burschikose, das Verletzliche, das Selbstbewusste.

Erfordert eine besondere Rolle wie die der Knef besondere Maßnahmen bei der Vorbereitung auf den Dreh?

Ich wollte zum ersten Mal in meinem Leben, dass mich ein Schauspielcoach in der Vorbereitungszeit begleitet. Normalerweise verlasse ich mich sehr aufs Innere, aber diesmal war auch eine gewisse Portion Äußeres nötig. Ich war ein bisschen besorgt, ob ich dem gerecht werde, und hatte mich deshalb vielleicht zu sehr auf eine bestimmte Hilde-Mimik und -Gestik versteift. Der Coach hat das gesehen und mir gesagt: Es ist alles da, was du wissen musst, vertrau darauf, und nun spiel einfach.

Das Comeback-Konzert der Knef 1966 in der Berliner Philharmonie bildet die Rahmenhandlung. Sie haben dort gedreht und auch live "... rote Rosen" gesungen. War das ein Drehtag wie jeder andere?

Regisseur Kai Wessel wollte, dass ich live singe, weil er die Nervosität, die die Knef vor jedem Konzert beinah krank gemacht hat, möglichst authentisch transportieren wollte.

Sadist.

(lacht) Nee, denn ich musste ihn enttäuschen. Letztlich war es auch nur eine Filmsituation, wie ich sie kenne. Hilde- Lampenfieber hatte ich jedenfalls nicht, obwohl es das erste Mal war, dass ich auf einer richtigen Bühne live gesungen habe. Als ich allerdings gemerkt habe, dass es funktioniert, hat mich das schon ein bisschen beflügelt.

Eine wichtige Rolle in Knefs Leben spielen die Folgen einer Nacktszene in "Die Sünderin", die dazu führten, dass sie öffentlich beschimpft wurde. Die besagte Szene ist im Film nicht so zu sehen. Ihnen zuliebe?

Nein. Kai hatte offensichtlich nie geplant, dass er mich nackt filmen wollte. Also haben wir's nicht getan. Aber nach dem Dreh brauchten wir ja noch die Standfotos. Wir haben also den Set, der in einem Park lag, mit Tüchern abgehängt, und ich habe mich da nackt hingelegt. Der Komparse, der in dieser Szene den Maler spielt, dem "die Sünderin" Modell liegt, musste fürs Foto natürlich auch dableiben. Der Arme wusste, glaube ich, überhaupt nicht, wie ihm geschah. Aber er hat's unbeschadet überstanden. (lacht)