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"Die Waltons" werden 50 – Das Erfolgsrezept der Kultserie

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Eine schrecklich große Familie: "Die Waltons". IMAGO / Allstar

Ein Stück heile Welt: Die amerikanische Serie "Die Waltons" ist Millionen Westdeutschen noch in bester Erinnerung. Sie lief länger als "Der Denver-Clan". Warum war diese Familie so erfolgreich?

Als Erstes denkt man an das Ende. Wer sich an die 70er-Jahre-Fernsehserie "Die Waltons" erinnert, hat wohl stets diese Szene am Schluss jeder Folge vor Augen: Ein weißes Holzhaus bei Nacht, in einem oder zwei Fenstern brennt noch Licht. Zwei Leute aus der Familie unterhalten sich leise darüber, was sie am Tag erlebt haben. Dann: "Gute Nacht, Jim-Bob". Oder "Gute Nacht, Erin". Oder "Gute Nacht, Mary-Ellen". Oder "Gute Nacht, Jason". Oder "Gute Nacht, John-Boy". Bei einer neunköpfigen Familie plus Großeltern gibt es viele Möglichkeiten. Dann geht der Abspann mit heller Trompete los.

Vor 50 Jahren - am 14. September 1972 - ging die US-Familienserie erstmals bei CBS auf Sendung, in Deutschland lief sie dann ab 1975 im ZDF-Vorabendprogramm. Mehr als 200 Folgen lang begleiteten die Zuschauer die kleinen und großen Abenteuer braver Baptisten im ländlichen Virginia von der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Die freundliche Erzählerstimme von John-Boy stimmte auf jede neue Episode ein. Erst 1981 sollte die Serie nach neun Staffeln enden, sie war langlebiger als etwa die Original-Seifenoper "Der Denver-Clan" (1981-1989). Aber warum eigentlich?

Heile Welt inmitten von Watergate und Vietnamkrieg

Der durchschlagende Erfolg der hausbackenen Herzlichkeit dieser Hinterwäldler-Sippe lässt sich am ehesten mit der Entstehungszeit erklären. Die USA machten Anfang der 70er schwierige Jahre durch. Militärisch galt der Vietnamkrieg mit fast 60 000 amerikanischen Gefallenen 1972 schon als verloren. 1973 schockte die Öl-Krise an den Tankstellen die US-Verbraucher. 1974 folgte die Watergate-Affäre als politischer Bankrott. Viele Umbrüche verunsicherten die Amerikaner. 

Wie beruhigend wirkte da allein schon der "Waltons"-Vorspann. Der junge Richard Thomas als John-Boy, angehender Schriftsteller und Chronist seiner Familie, dem man durchs Fenster beim Schreiben zusieht. Dann Ralph Waite als John Walton senior, der mit der amerikanischen Oldtimer-Ikone Ford T vorbei an einer kleinen Ölpumpe den Hügel des Waltons Mountain hochgetuckert kommt, von der Kinderschar und der hübschen Frau Livie (Michael Learned) empfangen wird und ein riesiges Radio hineinschleppt. Zuschauer hatten ihr Bild vom glorreichen weißen Amerika, das sich stets selbst hilft, zurück.

George Bush plädierte pro "Waltons" und kontra "Simpsons"

Denn auch die Sägewerkbetreiber-Familie Walton, deren Story auf die Kindheitserinnerungen des amerikanischen Schriftstellers Earl Hamner (1923-2016) zurückgeht, steht natürlich immer wieder vor Problemen.

Geldnot etwa ist ein dauerhafter Begleiter der Großfamilie - ob es um den kostspieligen Besuch eines Wanderzirkus oder den Verkauf eines geliebten Kälbchens geht. In einer Folge liegt ein Findelkind vor der Tür. Die Familie lässt sich immer wieder kreative Lösungen einfallen. Moralischer Kompass im Haus ist die fromme Mutter Olivia, kurz Livie genannt. Doch auch John Walton senior ist - obwohl kein Kirchgänger - eine redliche Seele, er tritt aber auch als strenger Vater auf.

US-Präsident George Bush senior (1924-2018) sah in der TV-Familie 1992 ein leuchtendes Vorbild: "Wir wollen weiter die amerikanische Familie stärken, damit Amerikas Familien wieder den Waltons ähneln und weniger den Simpsons." Die Macher der Satireserie "Die Simpsons" reagierten prompt. Bart verfolgt in einer Episode die Präsidentenrede im Fernsehen und sagt: "Hey, wir sind doch wie die Waltons. Wir beten auch darum, dass die Depression endlich ein Ende nimmt." Kultfiguren sind beide Familien geworden. Die britische BBC kürte das Zitat "Gute Nacht, John-Boy" zu einer der populärsten Phrasen der 1970er Jahre.