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Interview: Richard Gere

"Unser Hundetrainer hat mehr Geld verdient als ich"

Unser Hundetrainer hat mehr Geld verdient als ich
"Hachiko - Eine wunderbare Freundschaft", ab 12. November im Kino, ist eine zu Herzen gehende Geschichte über Treue und Loyalität, mit Richard Gere

Richard Gere als Musikprofessor in dem bittersüßen Hundedrama "Hachiko - Eine wunderbare Freundschaft" nach einer wahren Geschichte. Kinostart: 12. November.

"Hachiko", die zu Herzen gehende Geschichte um den bis über den Tod hinaus loyalen Akito-Hund, basiert auf einer wahren Geschichte. Hollywoodstar Richard Gere spielt einen Musikprofessor, der eine erstaunliche Freundschaft mit einem Hund beginnt.

Zum Interview sitzt Richard Gere entspannt auf dem Sofa seiner Suite im Loews Regency Hotel in New York, steht kurz auf, macht sich einen Tee, bietet seinem Gegenüber auch einen an, und nimmt wieder Platz. Das Gespräch kann beginnen.

Sie haben sicher schon gehört, dass das ganze Kino die letzten 30 Minuten nur noch geschluchzt hat.

RICHARD GERE Wirklich? (lacht) Das freut mich sehr. Mir ist es genauso gegangen, als ich das Drehbuch gelesen habe. Ich war so beeindruckt und habe es gleich noch mal gelesen, um sicher zu gehen, dass die Geschichte tatsächlich so herzzerreißend ist.

Und Sie wollten die Rolle sofort übernehmen?

RICHARD GERE Ehrlich gesagt, war mir gleich klar, dass diese Rolle für einen Schauspieler keine große Herausforderung oder Befriedigung darstellt. Deshalb wollte ich den Film auch mit produzieren. Ich hatte eine sehr klare Vorstellung, wie das Drehbuch funktionieren würde. Ich habe Lasse Hallström das Drehbuch gezeigt, weil ich wusste, dass er mit seinem Sinn für Einfachheit der perfekte Regisseur sein würde.

Was war Ihnen bei der Umsetzung besonders wichtig?

RICHARD GERE Dass wir die Geschichte für sich selbst sprechen lassen, statt irgendwelche Gefühle aufzudrängen. Jedes Detail war wohl überlegt, trotz einfacher Kameraeinstellung und ganz simpler Schauspielerei. Das einzige, das wir natürlich nicht kalkulieren konnten, waren die Hunde.
Wie viele Hunde mussten sich Hachikos Rolle teilen?

RICHARD GERE Drei erwachsene Akita-Hunde. Darunter eine Hündin, die immer am zufriedensten und lebhaftesten war. Welpen hatten wir etliche! Wir wollten die Hunde nicht zu sehr trainieren, um ihre Authentizität zu erhalten. Manchmal sind Tage vergangen ohne dass wir irgendetwas Brauchbares im Kasten hatten. Und an anderen Tagen haben die Hunde perfekt mitgespielt. Wir mussten sehr geduldig sein.

Die größte Herausforderung?

RICHARD GERE Mein erstes Treffen! Akitas sind eine sehr spezielle Hunderasse. Entweder sie lieben dich oder sie mögen dich überhaupt nicht. Wenn sie sich entschieden haben, gibt es kein Zurück mehr. Deshalb war unsere erste Begegnung ein großes Drama. Weil alle Angst hatten, dass die Hunde mich ablehnen würden.

Waren Sie auch nervös?

RICHARD GERE Und wie! Als Schauspieler, aber vor allem als Produzent! Wir waren total abhängig von diesen Hunden. Akitas sind nicht so leicht aufzutreiben. Wir hätten wichtige Drehtage verloren und das hätte uns in große Schwierigkeiten gebracht. Unser Hundetrainer hat wesentlich mehr Geld verdient als ich! (lacht)

Aber Sie haben die Hunde doch sicher leicht um den Finger gewickelt?

RICHARD GERE Nicht wirklich. Am ersten Tag durfte ich die Hunde weder anschauen, noch streicheln. Ich durfte einfach nur ein paar Stunden im gleichen Raum verbringen. Alle waren total angespannt, weil sie darauf gewartet haben, dass ich was falsch mache (lacht)! Am nächsten Tag, durfte ich die Hunde dann sogar anschauen und am Ende des Tages kam die Hündin dann endlich zu mir und hat ihren Kopf auf mein Bein gelegt. Das Eis war gebrochen und ich akzeptiert.

Sind Sie mit Hunden groß geworden?

RICHARD GERE Ich hatte mein ganzes Leben lang Hunde. Zurzeit habe ich einen großartigen Mischling. Mischlinge sind die Besten.

Man sagt, Hunde sind des Menschen bester Freund. Stimmen Sie zu?

RICHARD GERE Ja, weil sie nichts persönlich nehmen und wenn sie jemanden mögen, dann für immer. Komme, was wolle. Das ist bei Menschen leider etwas anders.

Hachiko ist in Japan zum Symbol für Loyalität geworden, spielt Loyalität eine große Rolle in ihrem Leben?

RICHARD GERE Ich habe mich kürzlich noch bei einem Freund dafür bedankt, dass er an einem der tiefsten Tiefpunkte meines Lebens bedingungslos für mich da war. Bisher waren meine Freunde immer zur Stelle, wenn es mir so richtig schlecht ging und das war schon ziemlich häufig der Fall.

Rücken Freundschaften in den Hintergrund, wenn man eine eigene Familie hat?

RICHARD GERE Nein! Wir alle haben zwei Arten von Freundschaften. Einmal die Familie, die selbstverständlich ist und die uns bis ans Lebensende begleitet. Und dann gibt es die Freunde, an die wir uns bewusst binden. Die sind mir genauso wichtig. Meine große Hoffnung ist, dass wir uns irgendwann alle auf dieser Welt als Freunde wahrnehmen statt uns gegenseitig zu bekriegen. Wenn wir das schaffen würden, wären 99 Prozent aller Weltprobleme sofort beseitigt. Eine große Herausforderung, aber machbar.
Sie haben schon sehr viele Krisengebiete besucht und viel Elend in der Welt gesehen, woher nehmen Sie diesen Optimismus?

RICHARD GERE Wenn ich mir die Situation von Tag zu Tag anschaue, bin ich auf jeden Fall ein hoffnungsloser Pessimist. Aber ich versuche das Ganze mit Weitblick zu betrachten. Die Welt wird sich nicht von heute auf morgen ändern. Aber über Generationen hinweg, verändert sich das Bewusstsein. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns in die richtige Richtung entwickeln. Ich setze mich schon sehr lange für die Menschen in Tibet ein. Die Kultur Tibets ist ein Reservoir an Weisheit und Menschenliebe und hat das Potential uns dabei zu helfen, aus der Welt einen besseren Ort zu machen.

Wie Sie wissen, ist der Dalai Lama in Deutschland sehr beliebt, aber es gibt mittlerweile auch einige kritische Stimmen. Unter anderem wegen seiner Freundschaft zu Heinrich Harrer, berühmter Autor des Buches "Sieben Jahre Tibet", aber auch ein ehemaliger Nazianhänger...

RICHARD GERE Ich glaube nicht, dass er sich darüber im Klaren ist. Ich werde ihn auf jeden Fall darauf ansprechen. Buddhismus ist die offenste Religion der Welt. Ich habe noch nie eine freiere Atmosphäre als im Buddhismus erlebt. Niemand fragt nach Geld, wer du bist, wo du herkommst und warum. Es geht nur darum, dich dabei zu unterstützen, deinen Weg zu einem glücklicheren Leben zu finden. Was auch immer man darunter versteht.

Im Film geht es auch ums Sterben. Haben Sie persönlich Angst vor dem Tod?

RICHARD GERE Ich habe große Angst vor Schmerzen, aber nicht vor dem Tod. Ich habe schon immer intuitiv geahnt, dass es kein Ende geben wird. Ich glaube an Transformation und Wiedergeburt. Diese Ahnung zur Gewissheit werden zu lassen, dauert mehrere Leben. Aber Realität ist, dass jeder Moment ein kleiner Tod ist. Wir sind beide nicht mehr die gleichen Menschen,
die wir waren, als wir diesen Raum betreten haben.

Hachiko kommt bis zu seinem Tod nicht über den Verlust seines Herrchens hinweg. Fällt es Ihnen als Buddhist leichter los zu lassen?

RICHARD GERE Leider nicht. Ich glaube, jedes Lebewesen fürchtet sich davor, verlassen zu werden. Ich auch. Wir kommen mit dieser Angst auf die Welt und sie begleitet uns ein Leben lang. Eine primitive Ur- und Überlebensangst.

Sie haben nie verheimlicht, dass Sie kein großer Fan von Bush waren...

RICHARD GERE Ich kann bis heute nicht verstehen, dass irgendjemand für Bush gestimmt hat.

Und sind Sie zufrieden mit der neuen Obama-Regierung?

RICHARD GERE Obama schafft es immer noch die Menschen zu inspirieren und das ist unglaublich wichtig. Auch Leute, die nicht mit seiner Agenda übereinstimmen, sind von ihm begeistert. Ich bin sehr beeindruckt, wie ehrlich und aufrichtig er ist und wie oft er sich schon für Fehler entschuldigt hat. Er repräsentiert eine neue Ära, ein neues Bewusstsein, das eine sehr positive Wirkung auf die ganze Welt zu haben scheint. Wie lange es dauern wird, bis die dunklen Mächte dieser Welt wieder die Oberhand gewinnen, weiß ich nicht.

Sie sind gerade 60 Jahre alt geworden, mit vier neuen Filmen scheinen Sie gefragter denn je.


RICHARD GERE Ja, weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Das letzte Jahr war verrückt. Ich habe abwechselnd drei Filme gleichzeitig gedreht. Das würde ich nie wieder machen!

Bleibt da noch genug Zeit für Ihre Familie?

RICHARD GERE Meine Kinder sind noch ziemlich jung und sind deshalb immer meine Priorität. Trotzdem passiert es leider manchmal, dass einem die interessanten Projekte gebündelt angeboten werden. Aber in den letzten Wochen habe ich zum Beispiel kaum gedreht.

Dafür haben Sie kürzlich mit Ihrer Frau in Ihrer Nachbarschaft in Upstate New York ein Hotel eröffnet.

RICHARD GERE Das war eigentlich nur so eine fixe Idee und natürlich viel mehr Arbeit als erwartet. Da gab es dieses alte Haus in Bedford, an dem wir oft vorbei geritten sind. Es wäre traurig gewesen, es einfach zerfallen zu lassen und deshalb haben wir uns entschieden, es für die Gemeinde renovieren lassen. Dabei sind wir auf die Idee gekommen, ein Hotel zu eröffnen. Ich hatte schon immer diese romantische Vorstellung, mit dem Pferd bis vor die Tür zu reiten, Abend zu essen und dann wieder nach Hause zu galoppieren.

Interview: Nadine Sieger