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Filme mit Jonah Hill

Vom Quatschkopf zum Oscar-Aspiranten

Jonah Hill ist ein Komödiant aus (viel) Fleisch und Blut, aber das allein hat ihn nicht in die Nähe der Oscars gebracht.

Irgendwann ist Schluss mit lustig. Selbst für einen Comedian, selbst für jemanden, der sich für fast nichts zu schade ist. Bei Jonah Hill war dieser Punkt beim Dreh von "The Wolf of Wall Street" erreicht. Wieder und wieder musste er sich in seiner Rolle als durchgeknallter Trader Koks in die Nase schaufeln. Es war zwar nur eine Fake-Droge, nämlich Vitaminpulver, aber der Staub reichte, um ihn ins Krankenhaus zu bringen. Diagnose: Bronchitis.

Gelohnt hat sich der Einsatz trotzdem. Nicht finanziell, denn weil Hill die Rolle unbedingt haben wollte, akzeptierte er die Minigage von 60 000 Dollar für sieben Monate Dreharbeiten (zum Vergleich: Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio kassierte zehn Millionen). Aber das Engagement brachte ihm eine Nominierung für den Oscar in der Rubrik Beste Nebenrolle ein, seine zweite nach dem Baseballdrama "Moneyball - Die Kunst zu gewinnen" (2012).
Comedy als Hollwood-Trittbrett
So viel offizielles Lob erfuhr das Schwergewicht mit seinen Komödien nicht. Für den Stand-up-Comedian war sein Humor vor allem ein Ticket nach Hollywood. "Wenn du nicht wie Brad Pitt aussiehst oder ein Schauspielgenie bist, ist Comedy einer der wenigen
Wege, um im Filmgeschäft Fuß zu fassen."

Immerhin ist Hill mit "Superbad" (2007) eine Komödie gelungen, über die sich sogar Deutschlands Meisterdenker Frank Schirrmacher (1959-2014) anerkennend in der "FAZ" äußerte, weil der Film ein realistisches Bild der Internetgeneration male. Hills Charakter spielt einen von Sex und Suff besessenen Teenager, der Sätze sagt wie: "Titten verkleinern? Das ist wie eine Ohrfeige für den lieben Gott, der dir ein großes Geschenk gemacht hat."

Bauch verkleinern wäre auch so eine Option. Manchmal zieht Hill sie auch, der in "Superbad" pummelig durchs Leben wackelt. Vier Jahre später war er auf dem Toronto Film Festival kaum wiederzuerkennen: 20 Kilo leichter und fit wie ein Stuntman. Spaß gemacht hat ihm die Umstellung seiner Ernährung und der regelmäßige Gang ins Fitnessstudio allerdings nicht, wie der Lustesser freimütig bekannte. Und so ging sein Ziehharmonika-Body auch schon bald wieder auf.
Groß geworden im Künstlermilieu von Los Angeles
Für seinen aktuellen Film "War Dogs" sind die geschätzten 140 Kilo Kampfgewicht bei 170 Zentimeter Körpergröße aber genau richtig. Hill spielt zusammen mit Miles Teller ein Waffenhändlerduo, das es in jeder Beziehung richtig krachen lässt. Solche Typen finden Salatköpfe zum Schießen komisch, aber wenn es ums Essen geht, dann gehören fettige Burger auf den Tisch.

"Hangover"-Regisseur Todd Phillips lässt keine Peinlichkeit und keine Gelegenheit zur Action aus. Und Hill, auch kein Twen mehr, schafft es, manchmal noch so frisch und naiv zu wirken wie der Polizist in "21 Jump Street" (2012), der sich als Schüler ausgibt. Ursprünglich wollte der in Los Angeles' Künstlermilieu aufgewachsene Sohn einer Kostümdesignerin und eines Musikmanagers selbst die Filmrechte an "War Dogs" erwerben. Er hatte im "Rolling Stone" die wahre Story der beiden Waffenhändler gelesen und war elektrisiert.

"Mich ziehen moralisch ambivalente Charaktere an, das war schon bei ‚The Wolf of Wall Street‘ so. Sie zwingen dich zum Nachdenken."
Schockiert über laxe Waffengesetze
Wichtig war für seine Rolle, Vorbehalte gegenüber Geschäften mit Gewehren und Geschossen über Bord zu werfen. Erst hinterher, als er den fertigen Film sah, wurde ihm bewusst, was die Person, die er verkörpert, eigentlich angerichtet hat.

"Es ist unglaublich, was die beiden gemacht haben, und zwar weitgehend legal. Mich hat es schockiert, dass die Gesetze meines Landes solche Waffendeals zulassen."

Der Film lebt davon, dass die Hauptpersonen trotz ihres unmoralischen Verhaltens ziemlich cool und faszinierend wirken. Sie sind wie Spieler, die ihre ersten kleinen Wetten gewinnen und dann mit immer höheren Einsätzen pokern. "Wäre der Charakter, den ich spiele, bloß jemand, der betrügt und manipuliert, hätte er mich nicht interessiert. Die Herausforderung als Schauspieler besteht darin, einer solchen zwielichtigen Person auch Eigenschaften zu verleihen, die sie anziehend machen", sagt Hill. Manchmal ist das Schreck- liche des Schönen Anfang.

Das werden manche auch über Hills geplantes Regiedebüt sagen: "Mid 90s", ein Film übers Jungsein mit viel Hip-Hop. Mit 32 darf man schon nostalgisch sein.

Scott Orlin/Rainer Unruh