Es gibt Schauspieler, die warten vergebens auf ihren Durchbruch. Und es gibt Schauspieler, denen ist er gleich zweimal vergönnt. Wie Clive Owen. Der Engländer mit der sonoren Stimme spielt an der Seite von Traumfrauen wie Julia Roberts, Catherine Zeta-Jones, Keira Knightley und Monica Bellucci. Er dreht mit begnadeten Regisseuren wie Ang Lee und Robert Altman. Doch das ist bloß seine Zweitkarriere.

"Nirgends kommst du so groß raus wie im TV", sagte er einst in einem Interview. Damals blickte er auf seine Zeit als Fernsehstar in der britischen Serie "Chancer" Anfang der 90er zurück. Die Rolle eines hochstapelnden Sportwagenhändlers machte ihn in Großbritannien bekannt - und hetzte ihm die Klatschpresse auf den Hals. Ein gefundenes Fressen: Der Junge aus Coventry stammt aus der Arbeiterklasse, sein Vater verließ ihn und seine vier Brüder, als er drei war. Erst mit 19 traf
er ihn wieder. Als seine Beziehung zu seiner jetzigen Ehefrau Sarah-Jane Fenton bröckelte, stand auch das in den Boulevardblättern. Owen zog sich aus dem Rampenlicht zurück, wurde zum scheuen Star von nebenan, den man am ehesten bei einem Fußballspiel des FC Liverpool antrifft - oder aber in obskuren Rollen.

Vom inzestuös verliebten Bruder ("Close My Eyes", 1991) bis zum schwulen KZ-Häftling ("Bent", 1997) spielte er gegen sein Starimage an. Durchbruch Nummer 2 konnte er trotzdem nicht verhindern: "Croupier" - in Großbritannien bekam der Film 1998 nicht einmal ein Plakat - fand großes Lob in den USA und brachte Owen in der Rolle eines coolen Casinoangestellten sogar für eine Oscarnominierung ins Gespräch. Die folgte sechs Jahre später für "Hautnah", den Golden Globe hatte er dafür bereits in der Tasche.
Seinen Erfolg in Hollywood hat der 45-Jährige allerdings nicht dem Rat zu verdanken, der ihm auf seinen Weg mitgegeben wurde: "Denk dran, es geht nur um Sympathiepunkte." Owens Kommentar: "Was für ein Bullshit!" Er spielt lieber raue, kantige Charaktere. Nicht umsonst wird er mit Humphrey Bogart verglichen. Und nicht umsonst spielt er in der geplanten Raymond-Chandler-Verfilmung "Trouble Is My Business" (voraussichtlich 2012) die Rolle des Philip Marlowe, den schon Bogart in "Tote schlafen fest" verkörperte. Dann darf er die Seiten wechseln - und als Detektiv selbst im Privatleben anderer schnüffeln. 

Stefanie Kimler