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Netflix-Hit Bird Box: Sandra Bullock zwischen Diplomatie und Charme

Bird Box, Sandra Bullock
Auch mit verbundenen Augen noch auf dem rechten Weg: Sandra Bullock in "Bird Box" Verleih

Zum Start ihres Netflix-Films "Bird Box" kam Sandra Bullock nach Berlin und erklärte uns, warum sie weder als Verführerin noch als Politikerin taugt.

Dass sie zu den großen Stars dieser Welt gehört, haben gerade erst wieder die Wahlen in den USA bewiesen. Für die Vorwahl der Demokraten im Repräsentantenhaus von Georgia ließ sich eine Frau aufstellen, deren einzige Qualifikation darin bestand, dass sie Sandra Bullock heißt. Sie hatte keine Wahlplakate, besuchte keine Wähler - und gewann 58 Prozent der Stimmen, weil die meisten dachten, sie wählen den Filmstar.

Darauf angesprochen, fällt Sandra Bullock beim Interviewtermin in Berlin fast die Tasse grüner Tee aus der Hand. "Ist das wirklich wahr?", fragt sie und ­instruiert ihren Assistenten, alles darüber herauszufinden. Gleichzeitig nimmt sie uns den Wind für die nächste Frage aus den Segeln: "Glauben Sie ja nicht, dass ich jemals in die Politik gehen werde. Ich würde alles niederbrennen. Ich habe einfach nicht das Feingefühl, um Politikerin zu sein. Ich habe keinen Filter. Ich sage Dinge, die wahr sind, die man aber vielleicht nicht sagen sollte. Politiker wissen, wann sie besser den Mund halten sollten."

Für die Wahlkalifornierin gibt es aktuell auch keinen Grund, über einen Karrierewechsel nachzudenken. Denn mit 54 Jahren ist sie so gefragt wie nie. Seit sie für "The Blind Side" einen Oscar gewann und mit "Gravity" die Kinokassen klingeln ließ, kann sie sich die Rollen aussuchen - egal ob im Kino als weiblicher George Clooney ("Ocean's 8") oder für Netflix als verzweifelte Mutter im Kampf gegen die Apokalypse ("Bird Box"). Einzig die Vereinbarkeit mit ihrer Rolle als Mutter schränkt sie ein: "Meine Verfügbarkeit ist ganz anders als vor acht Jahren. Alles, was ich heute tue, mache ich für meine Kinder. Für ,Ocean's 8‘ sind wir als Familie nach New York gezogen und haben um den Schulplan meiner Kinder herum gedreht. Alles muss in den Familienplan passen."

"Bird Box"-Trailer

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Sandra Bullock und ihre deutschen Wurzeln

Im April 2010 adoptierte die Schauspielerin Sohn Louis, Ende 2015 komplettierte Adoptivtochter Laila die Familie von Bullock und Lebensgefährte Bryan Randall. Zu viert schlenderten sie am Vorabend über den Weihnachtsmarkt am Berliner Gendarmenmarkt, um den Kindern trotz Paparazzi-Beschuss einen Hauch von Normalität zu vermitteln.

Dass sie in Interviews sogar darauf verzichtet, Fragen nach ­ihrer Familie zum Tabuthema zu erklären, zeugt davon, dass sie zu einer gewissen Routine im Scheinwerferlicht gefunden hat. Einzig Fragen nach ihrem Aufwachsen in Nürnberg möchte die Tochter von Opernsängerin Helga Meyer einen Riegel vorschieben. Verständlich, wenn man sieht, wie erwachsene Journalisten mit einer Tüte Gummibärchen das Eis brechen wollen, um sie dann zu bitten, wie ein Zirkusäffchen einen Satz auf Deutsch zu sagen.

Wer sich unbedingt überzeugen will, dass sie Deutsch kann, muss sich nur "Ocean's 8" ausleihen, wo Bullock selbst komplizierte Wörter wie Gefrierschrank oder Beschilderungen makellos ausspricht. Der Heistfilm war ihr fünfter 100-Millionen-Dollar-Hit in den letzten neun Jahren. Die einzige Schauspielerin mit einer ähn­lichen Erfolgsbilanz ist Jennifer Lawrence. Dass Sandra Bullock mit 54 Jahren diese Erfolge feiern kann, ist in Hollywood die Ausnahme. 2014 klagte Kristin Scott Thomas ("Der englische Patient"), sie sei im Niemandsland gefangen: zu alt, um weiterhin die Verführerin zu spielen, zu jung, um als Großmutter besetzt zu werden.

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Nie aufs Aussehen reduziert

Dass Bullock nicht in das gleiche Loch fiel, schreibt sie dem Glück zu - und ihren Anfängen in Hollywood. "Ich habe meine ersten ­Erfolge mit Komödien gehabt, in denen ich nicht auf mein Aussehen reduziert wurde. Das nimmt ein wenig den Druck: Ich glaube, niemand hat mich jemals als Verführerin bezeichnet."

Eine Behauptung, die nicht nur von zahlreichen Jugendzimmern aus den 1990er-Jahren widerlegt wird, die mit Bullock-Postern ­tapeziert waren. Auch das "People Magazine" kürte sie 2015 zur "schönsten Frau der Welt". Eine Ehre, die der Star damals mit dem Wort "lächerlich" kommentierte. Man könnte es kokett nen­nen, denn mit ihrer selbstbewussten Ausstrahlung, dem spitzbübischen Lächeln und den großen Augen erfüllt Sandra Bullock jedes Schönheitsideal. Vielleicht ist es auch Diplomatie, und sie übt doch für die Politkarriere.