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"Ich weine": Andrea Kiewel erlebte Anschläge in Israel mit

Moderatorin Andrea Kiewel
Andrea Kiewel Peter Bischoff / Getty Images

Andrea Kiewel ist derzeit in ihrer Wahlheimat Israel. In einem Ticker berichtet sie von den schrecklichen Anschlägen.

Andrea Kiewel (58) ist heute (8. Oktober) im ZDF im "Fernsehgarten" zu sehen. Die Show wurde allerdings aufgezeichnet, Andrea ist schon längst wieder in ihrer Wahlheimat Tel Aviv. Dort lebt sie bereits seit einigen Jahren und musste nun auch die Hamas-Angriffe miterleben. In einem Ticker für die "Jüdische Allgemeine" fasst sie die schrecklichen Ereignisse aus ihrer Sicht zusammen.

Andrea Kiewel: Klang der Sirene "geht durch Mark und Bein"

"Dies ist der Live-Ticker eines Morgens, der vorbei ist - und noch lange andauern wird", beginnt Andreas bedrückender Artikel. Um 7 Uhr habe am Samstag ihr Handy geklingelt. "Eine Nachricht von Rina, Schwiegermutter in spe. 'Are you good – geht es dir gut?' Ich wundere mich nur kurz und antworte: 'Oh ja. Wir hatten so einen lustigen Abend bei Freunden. Simchat Tora. Chag same…..' Und da heult die Sirene los." Kurze Zeit später sitzt Andrea mit ihrem Hund in einem Schutzraum in ihrer Wohnung. "Beim hektischen Schließen der Metallfensterläden bemerke ich, dass meine Hände zittern. Es liegt am Klang der Sirene. Dieser Ton. Er geht durch Mark und Bein. Tief ins Herz. Und er öffnet alle Schleusen. Ich weine. Der Hund presst sich an mich. Die Sirene stoppt, und es macht 'Bumm Bumm'. Iron Dome, das Schutzschild, für das ich tagtäglich dessen Entwicklern danke, hat die feindlichen Raketen abgeschossen", heißt es in Andreas Ticker weiter.

Nur Minuten danach hörte ihr Handy offenbar nicht mehr auf, zu Brummen. Freunde, Familie, Nachbarn – jeder wolle sicherstellen, dass alle in Sicherheit sind. Andreas Verwandte in Deutschland wissen zu diesem Zeitpunkt noch nichts von den schrecklichen Ereignissen, Andrea belässt er erstmal dabei, konzentriert sich lieber auf die örtlichen Nachrichten.

Andrea Kiewel: "Man macht sich gegenseitig Mut"

"7:30 Uhr: Terroristen haben die Grenze zu Israel durchbrochen und töten in den Orten und Kibbuzim im Süden Frauen, Männer, Kinder, Soldaten. Sie nehmen Geiseln und rasen, Salven aus ihren Maschinengewehren schießend, durch die Straßen. Szenen wie aus Horrorfilmen", schreibt Andrea weiter. "Ich finde keine Worte, die auch nur annähernd beschreiben können, was ich fühle. Mein Magen ist ein einziger Krampf. Ich zittere. Innerlich. Äußerlich. Ich weine."

Wenig später entschließt sie sich dennoch trotz aller Geschehnisse auf die Straße zu gehen – ihrem Hund zuliebe: "Die Tür zum öffentlichen Schutzraum im Gan Meir, dem schönen Park in meiner Nachbarschaft, steht offen. Andere Hundebesitzer kommen mir entgegen. Und wenn auch sonst jeder immer nur auf sein Handy starrt, heute grüßen alle. Wirklich alle. Man macht sich gegenseitig Mut."

Andrea Kiewels Partner ist ihr "Fels in der Brandung"

Erst gegen 9 Uhr Ortszeit seien dann auch etliche besorgte Nachrichten aus Deutschland auf Andreas Handy eingegangen. Die Anteilnahme aus ihrem Heimatland ist für die Moderatorin "überwältigend". "Ich finde keine Worte. Ich habe nur Tränen. Ich weine um die Menschen, die eiskalt abgeschlachtet werden. Jawohl! Abgeschlachtet. Ich weine um die Geiseln, die in den Gazastreifen verschleppt werden", beschreibt die 58-Jährige ihren Gemütszustand. Ihr Partner, der 25 Jahre lang Elite-Soldat war, sei in dieser Situation ihr "Fels in der Brandung".

"Seit Monaten gibt es Auseinandersetzungen im Westjordanland. Araber gegen Siedler. Siedler gegen Araber. Terror. Mord. Tote. Verletzte. Es wird gezündelt und Öl ins Feuer gegossen. Die israelische Regierung spricht kein Machtwort zu ihren gewaltbereiten Siedlern. Wie auch? Deren Partei ist in der Regierung. Es wäre, wie sich selbst ins Bein zu schießen", ordnen sie und ihre Freunde die Situation in Israel ein. 

"11:30 Uhr: Und dann heult wieder die Sirene. Inzwischen habe ich Wasser im Schutzraum und ein Ladekabel fürs Handy. Die Batterie in der Taschenlampe ist leer. Typisch. 'Schuld' ist der Frieden. Wir hatten Frieden. Himmlischen Frieden."

Unter die Wut und die Trauer mischt sich wenige Stunden nach den ersten Angriffen offenbar auch Ratlosigkeit: "Wenn ich in Tel Aviv auch nur fünf Minuten da parke, wo es verboten ist, bekomme ich einen Strafzettel. Nicht haptisch. Per E-Mail. Mit Foto. Ganz Tel Aviv ist 'monitored', also von Kameras überwacht. Die machen sogar Fotos von hinten. Wenn es einen Ort gibt, an dem man die Nadel im Heuhaufen finden kann, dann hier. Wie also kann es sein, dass die Grenze zu Gaza so schändlich vernachlässigt wurde? Dass verzweifelte Menschen aus ihren Schutzräumen im Kibbuz die lokalen Fernsehstationen anrufen und um Hilfe schreien, weil Terroristen bereits auf die Stahltüren schießen? Wo ist die Armee? Warum kann dieser Terroranschlag so blutig und gewalttätig über die Bühne gehen?"

Andrea Kiewel: "Ich winke und winke. Und ertrinke in meinen Tränen"

"14:00 Uhr: 'Andrea. Ich bekam einen Anruf. Ich gehe.'", beschreibt Andera diesen Horrortag weiter: "Es sind die Sätze, die ich am meisten gefürchtet habe. Mein Mann zieht die Jeans aus und die Uniform an. Die kugelsichere Weste liegt neben der großen Blumenvase, deren Orange leuchtet wie die Sonne, wenn sie allabendlich im Mittelmeer versinkt. Noch gestern sangen und tanzten wir. Es ist absurd. Makaber. Unrealistisch. [...] 'Ich komme zurück', sagt er. Ich stehe auf der Straße und winke seinem Auto nach. Ich winke auch noch, als er längst abgebogen ist. Ich winke und winke. Und ertrinke in meinen Tränen."

Andrea selbst hört auf den Rat eines Freundes und deckt sich gegen 16 Uhr in einem Supermarkt mit Lebensmitteln ein. "Ich habe noch Benzin im Tank. Auf jeden Fall würde ich aus der Stadt herauskommen. Ich packe einen kleinen Rucksack mit Dingen für zwei Tage."

"Bis er wieder zu mir zurückkommt, schlafe ich in seinem T-Shirt"

"17:30 Uhr: Ich weine. Um die Toten, die Verletzten", beendet Andrea ihren Ticker. "All das Leid. Aus Sorge um meinen Liebsten. Wie lange werde ich nichts von ihm hören? Bis er wieder zu mir zurückkommt, schlafe ich in seinem T-Shirt, welches er trug, bevor seine Augen von blau zu grau wechselten und er sich in einen Kämpfer verwandelte. Um den einzigen jüdischen Staat der Welt zu schützen: unser Israel!"