Die Sendung startet mit einem Warnhinweis. "Sie kann zwar nicht singen", wird Andrea Kiewel anmoderiert, "trotzdem singt sie alles mit." Da verspricht das ZDF für seinen "Fernsehgarten" zumindest nichts Falsches. Die Moderatorin präsentiert sich im Ausnahme-Modus. Auf der nach oben offenen Kiewel-Begeisterungs-Skala erreicht die 58-Jährige an diesem Sonntag immer wieder neue Extremausschläge. Vielleicht fühlt sie sich besonders herausgefordert, die Ballermann-Pleite der Sendung davor vergessen zu machen. Schließlich hatte die Mallorca-Ausgabe mit nur 1,34 Millionen Zuschauern die schlechteste Quote des Jahres eingefahren. Und auch inhaltlich waren die Darbietungen durchaus Ballermann-mäßig eigentlich nur im Suff zu ertragen.
ZDF-Fernsehgarten: Überraschendes Geständnis
Jetzt also, nach einer Woche Kiewel-Erholungspause, Schlagerfestival auf dem Mainzer Lerchenberg. Andrea Kiewel trägt üppig bemessene gelbe Hose zu schwarzer Bluse, was in der Farbsymbolik durchaus an das Radioaktivitäts-Warnschild erinnert. Und tatsächlich strahlt sie mehr als zwei Stunden lang mit jedem Atomabfall um die Wette. Wobei sie sich durchaus nicht bestmöglich eingesetzt fühlt. "Ich bin Schlager", bekennt sie, "ich bin nur in der falschen Show, weil hier lässt man mich nicht singen – ich muss zu Florian Silbereisen!"
Lesetipp
Alte Schlager "mit dem Esprit von heute"
Silbereisen allerdings hatte der Moderatorin im Gute-Laune-Sender ZDF schon am Vorabend den Überraschungsauftritt geklaut. Aber was macht das schon. Der Song stammt aus den achtziger Jahren. Gesungen damals von Lena Valaitis und Costa Cordalis. Und jetzt?
Heute übernimmt Lucas Cordalis, Sohn des 2019 verstorbenen Sängers, "Wenn der Regen auf uns fällt" – und bildet mit Joelina Drews ein sehr spezielles Duo, das den Schlager eine Generation weitertragen soll. Das Versprechen wagt dann auch Moderatorin Andrea Kiewel. "Hits von gestern", kündigt sie vollmundig an, "mit dem Esprit von heute!"
Bildungsauftrag der öffentlich-rechtlichen TV-Sender
Das mit dem Esprit sollte kein Zuschauer zu ernst nehmen. Die Suche könnte allzu leicht enden wie ein "Zug im Nirgendwo". Tatsächlich singen die üblichen Verdächtigen von Bernhard Brink zu Patrick Lindner, von Linda Fäh zu Anita Hofmann Klassiker des deutschen Kulturschaffens der sechziger, siebziger und achtziger Jahre – angefangen mit dem Hit des Jahres 1964: "Liebeskummer lohnt sich nicht".
Mag sein, dass das Herz morgen darüber lacht – Andrea Kiewel lacht schon an diesem Sonntag über alles und jeden, gerade auch über den öffentlich-rechtlichen Fernsehanspruch von einst. Drafi Deutschers Schlager "Marmor, Stein und Eisen bricht", hatte in den sechziger Jahren der Bayerische Rundfunk boykottiert – wegen des Grammatikfehlers, weil es doch eigentlich "brechen" heißen müsste. "Überlegt mal", staunt Kiewel da, "was das damals für Diskussionen waren!" Heute macht sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen da offensichtlich weniger Gedanken um seinen Bildungsauftrag.
Kiwi wird den Fernsehgarten "bis zum Ende ihres Lebens nicht vergessen"
So geht's denn eher sonntäglich schlicht weiter. Koch Robin Pietsch bereitet ein Drei-Gänge-Menü zu mit Rote-Bete-Suppe, Königsberger Klopsen und Grütze. Ein Disc-Golf-Profi präsentiert, wie sich eine Frisby-Scheibe zielgenau im Körbchen versenken lässt. Die Portugiesin Solange Cardinali zeigt, wie schnell sich eine Frau umziehen kann.
Die BMX-Biker Jimi und Tobias führen vor dem Start der Fußball-Bundesliga den FC Bayern-Profis vor, dass man einen Fußball auch mal in einem Tor versenken kann – und das sogar mit dem Fahrrad. Für die wahren Stimmungshöhepunkte sorgt da die Moderatorin sicherheitshalber selbst. Sonne, Sommer und Schlager bringen Andrea Kiewel so sehr in Wallung, dass sie den "Bergdoktor"-Arzt Dr. Alexander Kahnweiler (Mark Keller) niederknutscht. Und auch der Vater eines der BMX-Radfahrers kommt nicht ungekuschelt aus der Sendung. Seiner Frau ruft Kiewel noch in die Kamera zu: "An meiner Seite sieht Ihr Mann auch cool aus…"
So feiert die Moderatorin ihre Sendung und sich: "Diese Sonntag-Mittage werde ich bis zum Ende meines Lebens nicht vergessen." Wobei es vielleicht nicht allzu schwer ist, Andrea Kiewel zu begeistern. Wie sagt sie in der Sendung über sich selber und über ihre Anspruchslosigkeit: "Wäre ich Gemüse, ich wäre Rote Bete!"
Das Original zu diesem Beitrag "Moderatorin Andrea Kiewel bekennt: "Ich bin in der falschen Show!"" stammt von Bunte.de.