"Kleine Titten sind wie Flüchtlinge: Sie sind nun mal da, aber eigentlich will sie keiner." Das postete Sophia Thomalla dieses Wochenende auf Twitter und Facebook. Der hochverdiente Shitstorm folgte postwendend.

Kurz danach dann die Auflösung: Der Komiker und "Dschungelcamp"-Autor Micky Beisenherz hatte ihre Accounts gekapert und mit ihrem Einverständnis ein soziales "Experiment" durchgeführt. Die beiden wollten, wie Thomalla danach etwas altklug erklärte, "der Gesellschaft den Spiegel vorhalten" und beweisen, dass man mit rassistischen Sprüchen Zustimmung in den sozialen Medien gewinnen kann.

Bei Beisenherz klang das später anders. Er plane eine Talkshow, in der er im Namen von Promis peinliche Dinge posten will. Also doch keine Volksaufklärung, sondern nur ein infantiler Fremdscham-Stunt, wie in Joko und Klaas in "Circus Halligalli" mit dem "Shitstorm Roulette" regelmäßig praktizieren.

Das misslungene "Experiment" zeigte vor allem eins: Thomalla traut man diese "Meinungsäußerung" offenbar locker zu. Schließlich ist die Tochter von Schauspielerin Simone Thomalla nicht gerade für weltoffene, gegenüber Minderheiten sensible Äußerungen bekannt:

In einer legendären Ausgabe von "Hart aber Fair" eckte die 26-Jährige mit naiven, unreflektiert antifeministischen Sprüchen wie "Wer als Frau ständig für Gleichstellung und gegen Sexismus wettert, hat offenbar noch nie ein Kompliment bekommen" an und flirtete ungeniert mit FDP-Macho Wolfgang Kubicki. An anderer Stelle bezeichnete sie Frauen über 70 Kilo als dick.

Will sich da eine Promitochter, die als Schauspielerin bisher vor allem durch Vorabendserien tingelte, mit ach so provokanten, "politisch unkorrekten" Statements profilieren? Jedenfalls wurde sie zu einem Postergirl in konservativen Kreisen, wo Frauen noch echte Frauen und Kerle noch echte Kerle sind. Coole Tattoos, klar, hat mittlerweile sowieso jeder, aber nur in Verbindung mit kokettem Augenaufschlag.

Jetzt versuchte sie sich also als Aufklärerin, die soziale Misstände anprangert - und scheiterte grandios. Satire traut man ihr nicht zu, soziales Bewusstsein und politische Bildung offenbar auch nicht. Auf diesem Sektor blamierte sie sich schon einmal bei Markus Lanz, als sie "Muslime" mit "Islamisten" verwechselte.

Auf jeden Fall ist Thomalla aber auch Opfer des Medienzirkus, in dem hübsche Frauen leider immer noch zu oft nur als schmückendes Beiwerk akzeptiert werden. Dass Thomalla diese Rolle nicht leugnet, sondern offensiv vertritt, macht sie angreifbar, aber auch zu einer der schillerndsten Fernsehnasen gerade: Ist sie die große Naive oder eine ausgebuffte PR-Expertin, die die Medien nach ihrer Peitsche tanzen lässt?

Auf jeden Fall ist sie im TV immer präsenter. Neben ihrer Jurytätigkeit für die Tanzshow "Dance Dance Dance" sucht die großflächig Tätowierte jetzt für "Pain & Fame" den besten Tattookünstler Deutschlands. Schmerz und Ruhm - was ein passender Titel für die schmerzbefreite Aufmerksamkeit-Artistin...
Sebastian Milpetz