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Olympiasiegerin Britta Heidemann

"Jetzt nur nicht nervös werden!"

Heute hat Britta Heidemann Großes vor. Wenn es optimal läuft, schwingt die Olympiasiegerin von Peking im Einzelfinale erneut ihren Degen (ab 20.10 Uhr, ZDF). Wir sprachen mit der 29-Jährigen über ihre Chancen bei den Spielen in London, Olympia als Heldenmaschine und hilfreiche Selbstgespräche.

Vor vier Jahren in Peking stand Britta Heidemann permanent im Rampenlicht: als deutsche China-­Expertin, weil sie das Land schon als Austauschschülerin kennen- und lieben gelernt hatte, "Regionalwissenschaft China" studierte und fließend Mandarin sprach. Und als Goldfavoritin und -gewinnerin im Degenfechten. In London könnte der Rummel um ihre Person bald erneut losgehen: Wie bereits 2008 wird die Kölnerin als Fahnenträgerin für die Eröffnungsfeier gehandelt.

TV SPIELFILM Frau Heidemann, Sie stehen vor Ihrer dritten Olympia-Teilnahme - noch aufgeregt?

Britta Heidemann Natürlich verändert sich ein bisschen die Einstellung. Als ich mit 21 in Athen antrat, war ich richtig aufgeregt, wusste ja so gar nicht, was auf mich zukommt. In Peking war ich dann als Welt­meisterin und Weltranglisten­erste dabei. Hinzu kam bei mir das China-Thema - das war eher anstrengend, als dass es aufregend war.

Und diesmal?

Britta Heidemann Diesmal ist die Situation wieder ganz anders. Wir haben die Qualifikation so was von knapp geschafft, dass ich einfach wahnsinnig froh bin, tatsächlich noch einmal dabei sein zu dürfen.

Dass Sie nicht als London- und England-Expertin herhalten müssen, kommt Ihnen sicher auch entgegen, oder?

Britta Heidemann Ich habe mich schon eingelesen. (lacht) Nein, im Ernst: Ich bin schon froh, dass das ganze Thema diesmal anders gelagert ist. Allerdings finde ich auffällig,
wie gering bisher im Vorfeld das Interesse der Medien an den Olympischen Spielen in London ist. 2008 hat sich die Fernsehmaschinerie Richtung Peking sehr viel früher in Bewegung gesetzt.

Sie konnten verletzungsbedingt erst sehr spät in die Saison einsteigen. Wie sehen Sie die Chancen für eine erfolgreiche Titelverteidigung?#

Britta Heidemann Die Hand-OP war einfach notwendig. Damit musste ich mich ganz pragmatisch auseinandersetzen. Dass ich wegen der Operation mehr Grundlagen trainieren konnte, war unter Umständen gar keine so schlechte Vorbereitung für die kommenden Ereignisse. Ich habe das Gefühl, dass ich wieder gut drauf bin - und in der Lage, dem ganzen Druck standzuhalten.

Im Gefecht auf der Planche führen Sie Selbstgespräche. Reden Sie sich stark?

Britta Heidemann Wenn man in eine Prüfung geht und nichts weiß, weil man nichts gelernt hat, hilft einem mentale Stärke nicht weiter. So ungefähr ist das auch im Gefecht. Die Vorbereitung ist entscheidend. Es geht morgens damit los, dass man sich positiv einzustimmen versucht. Negative Gedanken wie "Gegen die habe ich beim letzten Mal schon verloren" lasse ich gar nicht erst zu. Andererseits darf ich mir aber auch nicht sagen, dass alles ganz einfach wird. Dann baut man sich unnötig Druck auf, gewinnen zu müssen.

Eine Gratwanderung.

Britta Heidemann Genau. Im olympischen Finale habe ich so komfortabel geführt, dass ich eigentlich wusste: Ich gewinne jetzt. Ausgerechnet in dem Moment machte meine Gegnerin natürlich zwei Treffer. Da habe ich panische Angst bekommen, dass sie mich jetzt doch noch schlägt und ich mein Leben lang nicht mehr ruhig schlafen kann. Ich habe dann einfach versucht, mich wieder in den Rhythmus zu reden: "Jetzt nur nicht nervös werden!" Zum Glück mit Erfolg.

Olympia zelebriert Stars wie Usain Bolt als Sporthelden. Können Sie persönlich etwas mit dem Begriff anfangen?

Britta Heidemann Wenn es Vorbilder in einer Gesell­schaft gibt, finde ich das gut. Und ich freue mich, wenn ich - wie nach meinem Olympiasieg in Peking - viele Mails bekomme, in de­nen mir Menschen danken und erzählen, wie das Ereignis in ihrem Leben irgendetwas ausgelöst hat.

Aber wie ein Held fühlen Sie sich deshalb nicht?

Britta Heidemann (lacht) Es gibt sicher viele Menschen, die vielleicht nicht so erfolgreich sind und sich dennoch um einiges mehr als Helden fühlen. Aber gerade Athleten sind da realistisch. Ob man sportliche Triumphe feiert wie Usain Bolt oder anders, muss jeder selbst entscheiden.

Frank Steinberg