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Glosse

Welke & Kalkofe: Ihre TV-Highlights

Oliver Welke und Oliver Kalkofe diskutieren über gutes Fernsehen - und vor allem über schlechtes.

Keine Sendung, die sie nicht kennen, kein Programm, das sie nicht gesehen haben. Oliver Kalkofe und Oliver Welke sind Experten in Sachen Fernsehen. Und sie stehen, selten genug im Bussi-Bussi-Business, dem Medium, das sie ernährt, kritisch gegenüber.

Die Leser von TV SPIELFILM kennen Oliver Kalkofe nicht nur aus den "Wixxer"-Filmen, die er gemeinsam mit Oliver Welke und Bastian Pastewka geschrieben hat, sondern auch als scharfzüngigen TV-Kolumnisten, der alle zwei Wochen mit einer Branche abrechnet, in der Quote mehr zählt als Qualität. Wir trafen die beiden in Berlin zur Bestandsaufnahme.

TV SPIELFILM: Herr Kalkofe, Herr Welke, wie sieht eigentlich Ihr perfekter Fernsehabend aus?

Oliver Kalkofe: Ich fürchte, keiner von uns würde einen perfekten Fernsehabend erleben können, wenn er nur die existierenden Programme nutzte. Am ehesten könnte es noch an einem Sonntag klappen. Da könnte ich mir im Ersten einen "Tatort" ansehen, wenn Ermittler dabei sind, die ich mag, wie zum Beispiel die Kölner, dann Nachrichten schauen und einen der guten englischen Krimis im ZDF.

Ein perfekter Fernseh-Samstag?

Oliver Welke: Ist leider gar nicht machbar ohne eine gut sortierte Sammlung DVDs. Der Fernsehsamstag ist, wenn kein "Schlag den Raab" läuft, ein einziger Albtraum, weil man eine komplette Generation, nämlich die unter 50-Jährigen, völlig ausblendet. Sicher, auch die Privaten scheinen langsam wieder die Bedeutung des Samstagabends zu erkennen - zumindest deuten sie immer wieder an, dass sie irgendwann mal "Wetten, das ...?" angreifen wollen, aber noch traut sich keiner.

Sie haben gerade in Berlin den "Gernsehclub" gegründet. Wie ist der entstanden?

Oliver Kalkofe: Irgendwann kam bei unserem Management fairmedia die Frage auf: Warum kann man eigentlich heute nicht mehr gemeinsam fernsehen? So wie früher, als man sich samstags mit Cola, Chips und der ganzen Familie auf der Couch gelümmelt hat. Um dieses Gemeinschaftsgefühl wiederzubeleben, haben wir den Club gegründet, den wir als Paten unterstützen.

Oliver Welke: Wir laden einen Gast ein, der mit dem Medium Fernsehen zu tun hat. Der zeigt seine Lieblingssendung in Ausschnitten - oder am Stück - und erzählt etwas dazu. In der ersten Clubsitzung hatten wir Michael Kessler zu "Switch" da. Der nächste Abend mit Bastian Pastewka und "Bee Movie" ist in Planung.

Wer darf in den Club?

Oliver Kalkofe: Es ist ein öffentlicher Club, da darf jeder rein, der mal wieder einen schönen Fernsehabend mit netten Leuten haben möchte.

Was würden Sie vorstellen?

Oliver Kalkofe: Zur neuen Staffel von "Kalkofes Mattscheibe" zeige ich demnächst ein paar meiner Lieblingsfolgen als Preview. Als zweites würde ich einen Abend "Mit Schirm, Charme und Melone" machen und den Leuten zeigen, was meine Jugend und mein Leben geprägt hat.

Oliver Welke: Ich würde gern einen "Little Britain"-Abend machen. Zum einen, weil wir beide diese englische Sketch-Comedy übersetzt und synchronisiert haben, zum anderen, weil es wider Erwarten ganz schön geworden ist. Als Zweites würde ich einen Western-Abend machen, weil ich ein absoluter Western-Fan bin.

Johannes B. Kerner zeigt jetzt im ZDF die " "besten 50 TV-Momente". Welches war Ihr erster unvergesslicher TV-Moment?

Oliver Welke: Das war bei mir "Bonanza", ganz klar! Meine Eltern sagen, dass ich ein sehr bewegungsfaules Kind war, was mich nicht so richtig überrascht; aber wenn die "Bonanza"-Titelmelodie ertönte, bin ich immer in eine Art Veitstanz verfallen. Sie haben dann mit großer Freude extra laut gestellt, weil sie's lustig fanden, wie das kleine dicke Kind tanzt.

Oliver Kalkofe: (lacht) Das machst du heute noch. Wenn wir ein Treffen haben, und einer legt heimlich die Bonanza-DVD rein ...

Oliver Welke: ...ich kann nicht anders!

Oliver Kalkofe: ... dann tanzt du eine Stunde rum, und dann ist es vorbei.

Oliver Welke: "Sheriff" war tatsächlich eins meiner ersten Worte. Das zeigt, dass bei uns der Fernseher vielleicht zu lange gelaufen ist.

Unsere besten TV-Momente - ZDF, Fr. 25.4.2008, 21.15 Uhr: Hier vormerken!

Wer war Ihre Lieblings-Figur?

Oliver Welke: Hoss! (lacht) Aber Hop Sing fand ich auch klasse. Die Vorstellung, dass jede Familie einen chinesischen Koch hat, hat sich bei mir sehr lange gehalten. Uns hielt ich übrigens für sehr arm, weil wir ja keinen hatten.

Ihr erster prägender TV-Moment, Herr Kalkofe?

Oliver Kalkofe: Als wir bei meiner Tante zu Besuch waren, und ich zum ersten Mal die "Bezaubernde Jeannie" in Farbe gesehen habe. Wir hatten daheim nur ein Schwarz-Weiß- Gerät.

Oliver Welke: (grinst) Du bist doch gar nicht in der DDR aufgewachsen.

Oliver Kalkofe: Als ich Barbara Eden das erste Mal in Farbe gesehen habe, mit diesem rosa Kostüm, in dieser bonbonbunten Kulisse - solche Farben hatte ich in der realen Welt von Engelbostel noch nie gesehen!

An welche Fernseh-Sternstunde von früher erinnern Sie sich?

Oliver Welke: Ein Quantensprung war "Das laufende Band". Es war die erste Show überhaupt, die sich getraut hat, von der Moderation bis zu den Aktionen, die passierten, lustig zu sein. Und sie war komplett durchgeskriptet, weil Rudi Carrell nicht an Improvisation geglaubt hat.

Gab es, oder gibt es ein TV-Format, das Sie wütend macht?

Oliver Kalkofe: Jede Menge. Aber aktuell "Bruce" mit Bruce Darnell in der ARD.

Oliver Welke: Dass von meinen Gebühren Bruce Darnell gekauft wurde, ist eine Unverschämtheit! Da hört der Spaß auf. Ich habe bislang nie darüber nachgedacht, wofür die GEZ-Kohle rausgeblasen wird, aber hier ist für mich eine imaginäre Grenze überschritten worden.

Oliver Kalkofe: Dass die öffentlich-rechtlichen Sender die Privaten kopieren, ist schon ein Armutszeugnis an sich. Aber dass sie so schlecht kopieren, ist der Gipfel! Ich würde mir wünschen, dass aus dem eigenen Land mal wieder eigene Ideen kommen.

"Schlag den Raab" ist die einzige innovative Show-Idee, die in den letzten zwanzig Jahren hier entwickelt wurde. Eine, die, trotz Raab, super funktioniert. Er hat die Show in zig Länder verkauft. Respekt!

Und dafür gerade eine Grimme-Preis-Nominierung kassiert.

Oliver Welke: Mit Recht. Preisverleihungen sind ansonsten ein Trauerspiel. Die letzte Ausgabe des Comedypreises war für viele Kollegen so ein Punkt, wo man gesagt hat, eigentlich ist jetzt mal Feierabend, weil du überhaupt nicht mehr nachvollziehen kannst, wer den warum bekommt.

Oliver Kalkofe: Es sind seit Jahren die gleichen Menschen, die dort die Preise bekommen, nur die Kategorien werden getauscht. Das ist wie Weihnachten bei den "Sopranos": Die Mafia verteilt die Geschenke untereinander und feiert sich selbst.

Herr Kalkofe, Sie haben auf den letzten Münchner Medientagen der Branche die Leviten gelesen. Hat es was genützt?

Oliver Kalkofe: Natürlich nicht! Auf der anschließenden Podiumsdiskussion hieß es von Sat.1: "Wir sind kreativ, wir machen gerade eine neue Folge Promi-Schiffe-Versenken". Und ein Produzent sagte: "Wir tun doch alles, um ein jüngeres Programm zu machen. Wir haben gerade nach 20 Jahren die Hauptdarsteller in 'Forsthaus Falkenau' und 'Der Landarzt' ausgetauscht." Ich bitte Sie, was soll ich da noch sagen?

Hätten Sie eine Idee, für ein neues Erfolgsformat?

Oliver Welke: Eine? Ich fände es gut, wenn man mal eine Show macht, in der es um Wetten geht. Vielleicht samstags.

Oliver Kalkofe: Oder eine Serie, in der sich ein Mädchen in einen Jungen verliebt und die am Vorabend läuft und ganz, ganz viele Folgen hat.

Oliver Welke: Oder eine über ein Landei, das in die Großstadt kommt. Mit Zahnspange und einer Brille. Dann nimmst du ihm Spange und Brille weg, und es sieht total super aus.

Oliver Kalkofe: Oder eine Show für Leute, die mit ihrem Aussehen unzufrieden sind. Denen hilft ...

Oliver Welke: ... ein, ich zitiere Olli Pocher, "maximal pigmentierter, homosexueller Ex-US-Fallschirmjäger mit einem Wortschatz von höchstens 150 Wörtern".

Oliver Kalkofe: Boah, super Idee. Aber wo findest du so einen?

Susanne Sturm