Eine Strafversetzung verbannt Kommissarin Lindholm nach Göttingen, wo sie mit Anaïs Schmitz zusammenarbeiten muss – einer Kommissarin, die ebenso kompromisslos ist wie sie selbst.
Mit deren Darstellerin Florence Kasumba wird der Tatort-Cast um eine Schauspielerin erweitert, die schon in groß budgetierten US-Produktionen wie "Black Panther" oder "Wonder Woman" mitgewirkt hat. Mit ihr versucht die Reihe nun auch, ein Stück genauer bundesrepublikanische Wirklichkeit abzubilden – wozu auch viele Deutsche mit afrikanischen Wurzeln gehören. Im Interview erklärt die in Uganda geborene und in Essen aufgewachsene Kampfsportlerin, wie sie mit Alltagsrassismus umgeht.
Mit deren Darstellerin Florence Kasumba wird der Tatort-Cast um eine Schauspielerin erweitert, die schon in groß budgetierten US-Produktionen wie "Black Panther" oder "Wonder Woman" mitgewirkt hat. Mit ihr versucht die Reihe nun auch, ein Stück genauer bundesrepublikanische Wirklichkeit abzubilden – wozu auch viele Deutsche mit afrikanischen Wurzeln gehören. Im Interview erklärt die in Uganda geborene und in Essen aufgewachsene Kampfsportlerin, wie sie mit Alltagsrassismus umgeht.
Maria Furtwängler und Florence Kasumba im Doppelinterview
In Ihrem neuen Fall "Das verschwundene Kind" wird ein Baby getötet. Der tote Körper wird deutlich gezeigt. Harter Fall.
Maria Furtwängler: Wir wollten nicht, dass das Kind nur ein anonymes Etwas ist. Indem das Opfer mit einer pietätvollen Distanz noch einmal zu sehen ist, bekommt es seine Würde zurück.
Okay. Trotzdem hart.
Furtwängler: Es gibt jeden Tag viel drastischere Gewaltdarstellungen im Fernsehen, Menschen werden abgestochen, es wird in Köpfe geschossen, das sehen wir schon mit einer gewissen Routine. In unserem Fall gibt es gar keine sichtbare Gewalt, und doch ist man noch mehr schockiert. Interessant, dass das so ist.
Gibt es wirklich Frauen, die nicht merken, dass sie schwanger sind?
Furtwängler: Etwa 1600-mal im Jahr. Jede 500. Schwangerschaft ist eine verdrängte Schwangerschaft. Das kann man nur so erklären, dass etwas, das so unvorstellbar konfliktbeladen ist im bewussten Erleben, einfach abgespalten und ins Unterbewusste geschoben wird. Es kommt in allen sozialen Schichten vor, auch in allen Altersklassen.
Wollten Sie gern so ein hartes soziales Thema haben?
Furtwängler: Ich wollte ein weibliches Thema. Ein Thema, das mit uns und unseren Vorstellungen von Mutterschaft, von Muttersein zu tun hat. In Deutschland ist Mutterschaft so überhöht wie in keinem anderen europäischen Land. Aber leider: Je höher das Mutterideal, desto geringer die Geburtenrate.
Frau Kasumba, Ihre Figur Anaïs Schmitz wirkt immer so wütend. Warum ist sie so?
Florence Kasumba: Die ist nicht wütend, die hat nur keine Geduld. Mangelnde Impulskontrolle kommt dazu. Wenn es nicht weitergeht, wird sie laut und auch mal handgreiflich. Daran arbeitet sie.
Sie ist mit einem gut aussehenden Pathologen verheiratet. Was schätzt er an seiner Frau?
Kasumba: Er sieht etwas in Anaïs Schmitz, das der Zuschauer vielleicht nicht sieht, aber das muss er auch nicht.
Sind Sie von jetzt an ein Team?
Furtwängler: Wir sind jetzt ein Team. Es ist nicht gleich klar, wie die beiden miteinander auskommen. Da ist Musik drin. Die tun sich schwer miteinander, sind aber auf der anderen Seite sehr professionell.
Frau Kasumba, Sie wollen nicht zu Privatleben, Rassismus, Besetzung gefragt werden. Warum?
Kasumba: Weil mich das langweilt. Ich werde gefragt, warum sind Sie nach Deutschland gekommen? Was haben Ihre Eltern gemacht? Was haben Sie in den USA verdient? Und da denke ich immer, warum muss ich das beantworten? Ich bin doch jetzt hier, um über den Film zu sprechen.
Furtwängler: Ich habe mich auch irgendwann entschieden, dass ich bestimmte Fragen nicht mehr beantworten kann: Wie mein Mann das findet, dass ich Schauspielerin bin. Oder: Warum arbeiten Sie überhaupt noch? Sie haben das doch überhaupt nicht nötig, Sie haben doch einen reichen Mann. Das würde man einen Mann nie fragen. Ich habe diese Fragen lange artig beantwortet, aber jetzt geht es nicht mehr.
Kasumba: Wir sind eine sehr private Familie. Ich werde gefragt, wer kümmert sich denn um Ihre Kinder, wenn Sie arbeiten? Meinen Mann fragt das niemand.
Sie sind in Deutschland aufgewachsen, Deutsch ist Ihre Muttersprache. Werden Sie als Deutsche gesehen?
Kasumba: Alltagsrassismus kenne ich gut. Dass davon ausgegangen wird, dass ich die Sprache nicht beherrsche; dass angenommen wird, ich sei nicht gebildet. Wenn ich erster Klasse fliege, werde ich ganz oft darauf hingewiesen, dass dieser Schalter nur für die erste Klasse ist – in der Annahme, dass ich das nicht weiß und falsch stehe.
Furtwängler: Ernsthaft?
Kasumba: Das passiert mir so oft, dass ich mich daran gewöhnt habe. Ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich nehme manches nicht mehr wahr.
Lindholm hält Sie am Tatort auch zunächst für die Putzfrau.
Furtwängler: Das sind unsere vorgefertigten Bilder, unsere Vorurteile. Das ist eben ein Bild, das einem bekannt vorkommt: schwarze Frau mit Kittel und Eimer, das ist halt die Putzfrau. Das muss gar nicht zwingend rassistisch motiviert sein. Die Frage ist: Wie erweitern wir unsere Bilder? Die Medien haben einen großen Einfluss darauf, was wir uns für uns selbst und andere vorstellen können. Wir prägen innere Bilder. Daraus erwächst uns Medienschaffenden eine große Verantwortung. Daher ist es mir ein großes Anliegen, diversere Bilder und diversere Frauenfiguren anzubieten. Ich finde es klasse, dass wir jetzt die erste weibliche Doppelspitze beim Tatort sind – und dann noch so divers!
Maria Furtwängler: Wir wollten nicht, dass das Kind nur ein anonymes Etwas ist. Indem das Opfer mit einer pietätvollen Distanz noch einmal zu sehen ist, bekommt es seine Würde zurück.
Okay. Trotzdem hart.
Furtwängler: Es gibt jeden Tag viel drastischere Gewaltdarstellungen im Fernsehen, Menschen werden abgestochen, es wird in Köpfe geschossen, das sehen wir schon mit einer gewissen Routine. In unserem Fall gibt es gar keine sichtbare Gewalt, und doch ist man noch mehr schockiert. Interessant, dass das so ist.
Gibt es wirklich Frauen, die nicht merken, dass sie schwanger sind?
Furtwängler: Etwa 1600-mal im Jahr. Jede 500. Schwangerschaft ist eine verdrängte Schwangerschaft. Das kann man nur so erklären, dass etwas, das so unvorstellbar konfliktbeladen ist im bewussten Erleben, einfach abgespalten und ins Unterbewusste geschoben wird. Es kommt in allen sozialen Schichten vor, auch in allen Altersklassen.
Wollten Sie gern so ein hartes soziales Thema haben?
Furtwängler: Ich wollte ein weibliches Thema. Ein Thema, das mit uns und unseren Vorstellungen von Mutterschaft, von Muttersein zu tun hat. In Deutschland ist Mutterschaft so überhöht wie in keinem anderen europäischen Land. Aber leider: Je höher das Mutterideal, desto geringer die Geburtenrate.
Frau Kasumba, Ihre Figur Anaïs Schmitz wirkt immer so wütend. Warum ist sie so?
Florence Kasumba: Die ist nicht wütend, die hat nur keine Geduld. Mangelnde Impulskontrolle kommt dazu. Wenn es nicht weitergeht, wird sie laut und auch mal handgreiflich. Daran arbeitet sie.
Sie ist mit einem gut aussehenden Pathologen verheiratet. Was schätzt er an seiner Frau?
Kasumba: Er sieht etwas in Anaïs Schmitz, das der Zuschauer vielleicht nicht sieht, aber das muss er auch nicht.
Sind Sie von jetzt an ein Team?
Furtwängler: Wir sind jetzt ein Team. Es ist nicht gleich klar, wie die beiden miteinander auskommen. Da ist Musik drin. Die tun sich schwer miteinander, sind aber auf der anderen Seite sehr professionell.
Frau Kasumba, Sie wollen nicht zu Privatleben, Rassismus, Besetzung gefragt werden. Warum?
Kasumba: Weil mich das langweilt. Ich werde gefragt, warum sind Sie nach Deutschland gekommen? Was haben Ihre Eltern gemacht? Was haben Sie in den USA verdient? Und da denke ich immer, warum muss ich das beantworten? Ich bin doch jetzt hier, um über den Film zu sprechen.
Furtwängler: Ich habe mich auch irgendwann entschieden, dass ich bestimmte Fragen nicht mehr beantworten kann: Wie mein Mann das findet, dass ich Schauspielerin bin. Oder: Warum arbeiten Sie überhaupt noch? Sie haben das doch überhaupt nicht nötig, Sie haben doch einen reichen Mann. Das würde man einen Mann nie fragen. Ich habe diese Fragen lange artig beantwortet, aber jetzt geht es nicht mehr.
Kasumba: Wir sind eine sehr private Familie. Ich werde gefragt, wer kümmert sich denn um Ihre Kinder, wenn Sie arbeiten? Meinen Mann fragt das niemand.
Sie sind in Deutschland aufgewachsen, Deutsch ist Ihre Muttersprache. Werden Sie als Deutsche gesehen?
Kasumba: Alltagsrassismus kenne ich gut. Dass davon ausgegangen wird, dass ich die Sprache nicht beherrsche; dass angenommen wird, ich sei nicht gebildet. Wenn ich erster Klasse fliege, werde ich ganz oft darauf hingewiesen, dass dieser Schalter nur für die erste Klasse ist – in der Annahme, dass ich das nicht weiß und falsch stehe.
Furtwängler: Ernsthaft?
Kasumba: Das passiert mir so oft, dass ich mich daran gewöhnt habe. Ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich nehme manches nicht mehr wahr.
Lindholm hält Sie am Tatort auch zunächst für die Putzfrau.
Furtwängler: Das sind unsere vorgefertigten Bilder, unsere Vorurteile. Das ist eben ein Bild, das einem bekannt vorkommt: schwarze Frau mit Kittel und Eimer, das ist halt die Putzfrau. Das muss gar nicht zwingend rassistisch motiviert sein. Die Frage ist: Wie erweitern wir unsere Bilder? Die Medien haben einen großen Einfluss darauf, was wir uns für uns selbst und andere vorstellen können. Wir prägen innere Bilder. Daraus erwächst uns Medienschaffenden eine große Verantwortung. Daher ist es mir ein großes Anliegen, diversere Bilder und diversere Frauenfiguren anzubieten. Ich finde es klasse, dass wir jetzt die erste weibliche Doppelspitze beim Tatort sind – und dann noch so divers!
Tatort-Highlights der nächsten 14 Tage
SO 3.2. Das Erste 20.15
Tatort: Das verschwundene Kind
Das Drama um eine junge Mutter beschäftigt Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) am neuen Einsatzort Göttingen. Die Premiere für Tatort-Neuzugang Florence Kasumba steigt mit brutalen Bildern ein.
DO 7.2. WDR 20.15
Tatort: Pechmarie
Hendrik Handloegten ("Babylon Berlin") inszenierte den Fall 2006. Die Suche nach einem Raubmörder ist vorhersehbar, dafür überzeugen Nebenfiguren (u. a. Nicolette Krebitz) und visuelle Umsetzung der Kölner Geschichte.
DI 12.2. Bayern 20.15
Tatort: Kleine Diebe
Das Drama um das Geschäft mit strafunmündigen rumänischen "Klaukindern" vereint die Ermittler aus München und Ludwigshafen. Für die betont nüchterne Umsetzung erhielt Regisseurin Vivian Naefe, zusammen mit Wachtveitl und Nemec, 2001 den Bayerischen Filmpreis.
DI 12.2. NDR 22.00
Tatort: Preis des Lebens
Die Eltern eines ermordeten Entführungsopfers sehen rot – für die Stuttgarter Kommissare der Startschuss für einen spannenden Fall ohne Leerlauf.
MI 13.2. SWR 22.00
Tatort: Zeit der Frösche
Solovorstellung eines interessanten Duos: Heike Makatsch und Sebastian Blomberg ermitteln in Mainz.
Tatort: Das verschwundene Kind
Das Drama um eine junge Mutter beschäftigt Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) am neuen Einsatzort Göttingen. Die Premiere für Tatort-Neuzugang Florence Kasumba steigt mit brutalen Bildern ein.
DO 7.2. WDR 20.15
Tatort: Pechmarie
Hendrik Handloegten ("Babylon Berlin") inszenierte den Fall 2006. Die Suche nach einem Raubmörder ist vorhersehbar, dafür überzeugen Nebenfiguren (u. a. Nicolette Krebitz) und visuelle Umsetzung der Kölner Geschichte.
DI 12.2. Bayern 20.15
Tatort: Kleine Diebe
Das Drama um das Geschäft mit strafunmündigen rumänischen "Klaukindern" vereint die Ermittler aus München und Ludwigshafen. Für die betont nüchterne Umsetzung erhielt Regisseurin Vivian Naefe, zusammen mit Wachtveitl und Nemec, 2001 den Bayerischen Filmpreis.
DI 12.2. NDR 22.00
Tatort: Preis des Lebens
Die Eltern eines ermordeten Entführungsopfers sehen rot – für die Stuttgarter Kommissare der Startschuss für einen spannenden Fall ohne Leerlauf.
MI 13.2. SWR 22.00
Tatort: Zeit der Frösche
Solovorstellung eines interessanten Duos: Heike Makatsch und Sebastian Blomberg ermitteln in Mainz.