Stolze acht Milliarden Dollar will Netflix dieses Jahr für seine Produktionen ausgeben, den Oscar für die Netflix-Doping-Dokumentation "Ikarus" haben sie bereits in der Tasche und inzwischen zählt der Streamingdienst weltweit mehr als 118 Millionen Abonnenten. Das sind Superlative, die selbst die berühmtesten Persönlichkeiten unserer Zeit ins Schwärmen bringen. So auch Barack und Michelle Obama. Wie US-Medien (NYT, Deadline etc) übereinstimmend berichten, befindet sich das Ex-Präsidenten-Pärchen mit Netflix in fortgeschrittenen Verhandlungen für eine zukünftige Zusammenarbeit.

Noch ist der Rahmen nicht näher bekannt, ob es eine Dokumentation, eine Talkshow oder eine fiktionale Serie wird. Allein: exklusiver Content für Netflix soll es sein und möglicherweise ein "Programm, um inspirierende Geschichten zu erzählen", so die New York Times in ihrem Bericht. Weiter heißt es da, Barack Obama sei nicht daran interessiert, mit seinen Netflix-Inhalten Präsident Donald Trump anzugreifen.

Ein Gegenangebot zur rechten Propaganda in den USA?

Dennoch ist es für den stets sendungsbewusst auftretenden Obama eine nahezu ungefilterte Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu erreichen. Mit 101 Millionen Twitter-Followern und 55 Millionen Fans auf Facebook ist der ehemalige US-Präsident ein Influencer sondergleichen. Netflix könnte dem US-Markt ein Gegenangebot zur rechtspopulistischen Flanke rund um Fox News oder Breitbart.com liefern.

Erst kürzlich gab Obama in David Lettermans erster Netflix-Comedy bekannt: "Wenn du Fox News schaust, lebst du auf einem anderen Planeten, als wenn du das National Public Radio hörst!" Vergangenen Dezember gab er Ähnliches bei einer Konferenz in New Delhi zu Protokoll: "Wenn ich Fox News schaue, würde ich mich selbst nicht wählen. Ich würde verdutzt fragen: Wer ist dieser Typ?"

Obama hat das Weiße Haus mit gerade einmal 55 Jahren verlassen. Auch wenn er bislang direkte Attacken gegen Trump vermieden hat, interessiert sich der begnadete Rhetoriker weiterhin für die Themen der Politik, Technik und der Rolle der Medien. Ein ehemaliger Berater des EX-Präsidenten sagt der New York Times: "Ihr ganzes Leben lang erzählen die Obamas Geschichten von Menschen, die die Welt ein Stückchen besser gemacht haben. Auch in Zukunft wollen sie Menschen helfen, ihre Geschichten mit der Öffentlichkeit zu teilen."

Auch Apple und Amazon wollten die Obamas

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Gerne trat das ehemalige Präsidentenpärchen gemeinsam auf und setzte sich lautstark für Minderheiten ein

Ob Obama nun eine Talkshow moderieren wird, die sich um wichtige Themen seiner Präsidentschaft dreht, wie Gesundheitsvorsorge, Wahlrecht, Einwanderung oder Klimawandel, ob Michelle Obama über moderne Ernährungsformen spricht wie schon damals im Weißen Haus oder ob das Paar lediglich Formate unterstützt, die mit ihren Überzeugungen und Werten übereinstimmen, wird abzuwarten sein.

Klar ist nur, für Netflix wäre das ein Jahrhundert-Coup. Insider berichten, dass auch Apple und Amazon reges Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet haben. Der Content-Deal, nach aktuellem Stand, ging jedoch an Reed Hastings Firma. Der Netflix-Boss stand Barack Obama schon während seiner Amtszeit sehr nahe, war oft Gast auf Dinnerpartys. Ted Sarandos, Netflix Content-Chef, ist mit Nicole A. Avant verheiratet, Botschafterin unter der Regierungszeit von Obama.

Doch nicht nur das spricht für Netflix, auch die junge Zielgruppe dürften den Obamas behagen, waren sie doch immer schon daran interessiert, kommende Generationen für ihre demokratischen Ziele zu sensibilisieren. Ähnlich wie es Al Gore nach der Wahlniederlage gegen George W. Bush im Jahr 2000 versucht hat, als er einen unabhängigen Kabelsender gründete. Nur wäre ein Bündnis zwischen einem globalen Streaminganbieter und einem ungleich populäreren Ex-Präsidenten Obama eine andere Hausnummer. Um nicht zu sagen: eines der mächtigsten Bündnisse der Fernsehgeschichte.