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LaBeouf/Gudnason über "Borg/McEnroe"

Shia LaBeouf/Sverrir Gudnason als BorgMcEnroe
Shia LaBeouf (l.) als John McEnroe, Sverrir Gudnason als Björn Borg Verleih

Wie spielt man Tennisstars, wenn man kein Tennis spielt? Shia LaBeouf und Sverrir Gudnason erzählen, wie sie sich auf ihre Rollen in "Borg/McEnroe" vorbereitet haben.

Boxkämpfe zwischen Ali und Joe Frazier galten als "episch", aber Tennis? Im Wimbledon-Finale 1980 erkämpften sich Björn Borg und John McEnroe dieses Etikett. Ihr Fünfsatzmatch ging in die Geschichte ein. Das Spiel der gegensätzlichen Kontrahenten war atemberaubend, ihr Outfit schrill, ihr ­Benehmen abseits der Norm. Borg, der eisgekühlte Tennisroboter, gegen den jungen New Yorker Heißsporn, der Schiedsrichter beschimpfte und Schläger warf. Der Däne Janus Metz sah darin eine "wunderschöne Geschichte über existenzielle Fragen und zwei Menschen, die an Grenzen gehen und etwas Außergewöhnliches schufen".

Mit Shia LaBeouf und dem Schweden Sverrir Gudnason fand Metz zwei Darsteller, von denen der eine seinem Vorbild wie aus dem Gesicht ­geschnitten ist, der andere, LaBeouf, ihm charakterlich nahesteht. Aber zunächst mal möchte man von den beiden Matadoren natürlich wissen:
Hat einer von Ihnen eigentlich schon vorher Tennis gespielt?
Shia LaBeouf: Nein.
Sverrir Gudnason: Nein.

Ihr Tennis, vor allem das Match am Ende, sieht überzeugend aus. Erzäh­len Sie mal, wie Sie es geschafft haben, dass man Ihnen dieses ultimative Duell in Wimbledon abkauft.

Gudnason: Nun ja, wir haben eine Menge Tennis gespielt. Ein halbes Jahr vor den Dreharbeiten haben wir angefangen zu trainieren, jeden Tag zwei Stunden, auch rein physisches Training. Das war auch der Schlüssel für die Rolle. Man muss ein Athletenleben führen, um Borg und McEnroe zu verstehen. Aber die Filmemacher haben natürlich ihre eigenen Tricks, damit unser Spiel nach echtem Tennis aussieht.

Wer von Ihnen spielt besser?
Gudnason: Ich.

Shia, dies war nicht Ihr erstes Ange­bot, den Rüpel McEnroe zu spielen. Was hatte das Drehbuch, was die ­anderen nicht hatten?
LaBeouf: Das davor war eine Satire, die McEnroes Geschichte ohne jeden Respekt behandelt hat. Er war da nur ein Clown. Dann kam Janus Metz, dessen Film "Armadillo" (ein Afghanistan-Dokumentarfilm) ich fast religiös verehre. Er bat mir die Rolle an, und ich dachte, wieso zum Teufel dreht dieser Mann einen Tennisfilm? Als ich das Skript las, empfand ich es wie Poesie, irgendwie kathartisch.

Wird McEnroe missverstanden?
LaBeouf: Ja.

Aber inwiefern? Wenn es um seinen Charakter geht, steht immer sein schlechtes Benehmen im Fokus, zum Beispiel die berühmte Frage an den Schiedsrichter: "Are you serious?" ("Meinst du das ernst?"). Wie muss man sie verstehen?
LaBeouf: Ich glaube, er dachte darüber nicht nach. Um ihn herum war es meistens hektisch, schnell, laut, und er dachte in all dem Trubel nur an eins: an das Spiel, an das Gewinnen, an die Perfektion. Was er tat, reflektierte er nicht. Ich dachte an Milos Formans Film "Amadeus", den ich oft gesehen habe. McEnroe ist ein bisschen wie Mozart.
Einstudiert wie ein Ballett
Foto: Verleih, Die echten Borg (l.) und McEnroe vor dem Wimbledon-Finale 1980
Wie ist es bei Björn Borg, entspricht er dem Klischee des Eisbergs?
Gudnason: Ich habe ihn als warmherzigen, netten Menschen kennengelernt - übrigens erst nach dem Dreh bei der Premiere in Schweden -, aber in seiner Kindheit war er tatsächlich eher wie McEnroe: extrovertiert und oft wütend. Diese Emotionen später total zu kontrollieren ist eine seiner übermenschlichen Leistungen.

Welchen Stellenwert hat er in Schweden heute?
Gudnason: Ich würde sagen, er ist der größte Sportler, den das Land je hatte. Damals haben die Jungs das Spiel verändert, die ganze Tenniskultur. Sie waren Rockstars.
LaBeouf: McEnroe wuchs in Queens auf, eine raue Gegend, und er war eher ein ängstlicher Junge. Seine Eltern haben ihn aber extrem gepusht, in allen Belangen. Das Beste war ­ihnen nie gut genug. Das hat ihn schließlich zu diesem Perfektionisten gemacht, der dazu hart und wettkampftauglich ist.

Haben Sie ihn getroffen?
LaBeouf: Nein, aber hey, ich würde dich gern treffen, John! (Gelächter) Aber er ist leider sehr busy.

Sie spielen reale Personen, die in bes­tens bekannten Situationen ­agieren. Wie viel Fiktion darf sich ein Film da erlauben?
LaBeouf: Ich habe nicht den Eindruck, dass wir viel dazuerfunden haben. Das Match und das Drum­herum sind online zu sehen, daran haben wir uns gehalten. Die Bewegungen auf dem Platz, McEnroes Ausraster - ich habe das alles einstudiert und wieder und wieder geprobt wie ein Ballett.

Abgesehen von der Tennisaction - wovon erzählt der Film, welche Wirkung hatte er auf Sie?
LaBeouf: Er hat auf mich - wie gesagt - eine tiefe, kathartische Wirkung. Zwei Menschen gehen unter brodelnden äußeren Umständen ­total in sich und dann an ihre Grenzen oder darüber hinaus. Das hat mich innerlich sehr bewegt.
Gudnason: Die Filmhandlung setzt in einer Phase ein, in der Björn Borg in einer misslichen Lage ist. Er hat seit Jahren immer nur gewonnen, gewonnen, gewonnen. Nichts anderes erwartet man von ihm jetzt. In so ­einer Situation wächst nicht die Zuversicht zu siegen, sondern eher die Angst zu verlieren. Mich psychologisch glaubwürdig in diesen Zustand hineinzuspielen, das war mein Ziel.

Von Tennisspielern hört man, der Sport sei wie eine Sucht, man könne den Schläger nicht aus der Hand ­legen. Wie geht es Ihnen?
LaBeouf: Nein, Tennis war mir fremd, und ich habe es gelernt wie einen Tanz zum Takt eines Metronoms. Ich habe die Bewegungen auswendig ­gelernt. Ich wäre auch nach 20 Jahren Training kein wirklich guter Spieler. Ich habe mir außerdem beim Training einen Fuß gebrochen. Es dauerte ein Weile, bis ich wieder fit war.
Gudnason: Natürlich stehe ich nicht jeden Tag auf dem Platz. Ich bekam eine neue Rolle, da spiele ich nicht Tennis, sondern Trompete. (lacht) Aber einmal die Woche schwinge ich doch den Schläger. Es lässt einen tatsächlich nicht los.