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"The White Lotus"

Streaming: Bitterböser, starbesetzter Hawaii-Urlaub war der Serien-Geheimtipp 2021

The White Lotus
Unser Serien-Geheimtipp aus dem letzten Jahr: "The White Lotus" bei Sky Ticket und Sky Go. HBO / Sky Deutschland, Montage: TVSPIELFILM.de

Meinung | In den USA ein Mega-Hit, bei uns eher Geheimtipp: Eine der besten Serien 2021 handelt von Hawaii-Urlaubern, die sich auf dem Inselparadies wie griechische Götter aufführen. Ein grandioser Spaß, in Corona-Zeiten aber vor allem auch eines: Ein Ersatz für ausfallende Fernreisen.

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Inhalt
  1. 1. Wellness-Oase Hawaii: Worum geht es in "The White Lotus"?
  2. 2. Wohlstandssatire: Was macht "The White Lotus" so großartig?
  3. 3. Das Auge isst mit: Ist "The White Lotus" die perfekte Winterserie?

Die Coronavirus-Pandemie sorgt nicht nur für zahlreiche Einschränkungen im alltäglichen Leben, sondern hat auch gerade die Urlaubskultur schwer getroffen. Mit Fernreisen geht seit März 2020 ein großes Risiko einher – weshalb Auslandsbesuche für viele Menschen derzeit nicht in Frage kommen. Das bedeutet aber nicht, dass man sich nicht ein wenig Strandstimmung nach Hause holen kann, zum Beispiel durch gute Serien.

2021 war voll von guten Serien. Eine davon hat in den USA irre Erfolge gefeiert, die genau diese Sehnsucht nach Strand und Urlaub bei vielen gestillt hat. Zugleich ist sie aber auch eine ausformulierte, enorm böse Kritik: Eine Kritik daran, wie viele Menschen sich im Urlaub benehmen und wie absurd manche Touristenparadiese arbeiten, um Urlaubern eine heile Welt zu verkaufen. Dieses Meisterwerk, das bei uns ein wenig unterging im Streaming-Dschungel, heißt wie das fiktive Hotel auf Hawaii, in dem es spielt: "The White Lotus".

Wellness-Oase Hawaii: Worum geht es in "The White Lotus"?

Foto: HBO / Sky Deutschland, Belinda und Armond sind die guten Seelen im White Lotus.

Die Serie handelt im Kern vom manischen Hotelmanager Armond (Murray Bartlett), der das White Lotus auf Hawaii führt. Es hat viele Sterne und noch mehr Pools und ist ein beliebtes Urlaubsziel für Superreiche. Und solche reisen auch gerade wieder an: Da wäre einmal die verbitterte Tanya McQuoid (Jennifer Coolidge), die auf Hawaii die Asche ihrer verstorbenen Mutter bestatten will. Außerdem kommt Familie Mossbacher, dazu gehören: Geschäftsfrau Nicole (Connie Britton), ihr Mann Mark (Steve Zahn), die dauersarkastische Tochter Olivia (Sydney Sweeney), ihr kleiner Bruder Quinn (Fred Hechinger) und Paula (Brittany O'Grady), die beste Freundin Olivias, die den Urlaub mit antreten durfte und die anderen Vier in Nervigkeit zu übertreffen droht.

Armond hält Familie Mossbacher bereits für weiße, reiche Unsympathen, doch dann lernt er das frische Ehepaar Rachel (Alexandra Daddario) und Shane (Jack Lacy) kennen, die ihre Flitterwochen im White Lotus verbringen. Shane ist ein vollkommen verwöhnter Millionärssohn, der beim kleinsten Widerspruch direkt versucht, alle Gäste und Angestellten im Hotel gegen Armond aufzubringen. Rachel hingegen stammt eigentlich aus ärmeren Verhältnissen und muss sich noch an die Privilegien der Schickeria gewöhnen. Ihre Unabhängigkeit ist ihr wichtig – andersrum lässt sie es sich vor Ort auch sehr gerne gutgehen.

Jetzt muss Armond mit diesen Knallchargen fertig werden – und ihre Probleme ernstnehmen, egal wie lächerlich er sie finden mag. Zum Glück macht ihm das Neinsagen zu den elitären Schnöseln großen Spaß. Unterstützung findet er bei seinem Personal, dem muskelbepackten Kellner Kai (Kekoa Kekumano), der dauerfreundlichen Wellnesschefin Belinda (Natasha Rothwell) und dem strahlenden Sunnyboy Dillon (Lukas Cage) …

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Wohlstandssatire: Was macht "The White Lotus" so großartig?

Foto: HBO / Sky Deutschland, Die Gäste genießen die Strände von Hawaii.

Sechs Folgen, also insgesamt sechs Stunden mit Unsympathen zu verbringen, wird nicht für jeden seine Traumvorstellung guter Unterhaltung sein. Warum also lohnt sich "The White Lotus"? Nun: Kaum eine Serie hat je so witzig und geistreich zugleich den oberen einen Prozent bloßgestellt, wie es gerne heißt. Serienschöpfer Mike White orientiert sich an anderen Serienproduktionen wie der sehr erfolgreichen Edel-Soap "Succession" oder dem Vorstadtdrama "Big Little Lies" und führt vor, wie toxisch das Verhalten der Reichen und Schönen eigentlich ist. Das White Lotus ist eine Art Mikrokosmos unserer Welt: Klagen beispielsweise Umweltforscher immer wieder darüber, dass ein Großteil des Klimaschadens von dem reichsten Bruchteil unserer Weltbevölkerung verursacht wird, sind es im Hotel die hartarbeitenden Angestellten, die durch das ignorante, rücksichtslose Treiben der Gäste in Mitleidenschaft gezogen werden.

Durch seine Inszenierung beschwört White noch eine andere Assoziation: Wie sie da so sitzen, die Gäste, in ihrem Luxus, wie er uns ihre Verschwendung in Zeitlupe vorführt, wie die Kamera sich an Wertgegenstände schmiegt, wie die Musik des kanadischen Komponisten Christobal Tapia de Veer mit Trommeln und sogar Tiergeräuschen eine entrückte Atmosphäre kreiert, erinnern die Gäste gar an griechische Götter aus alten Legenden, die im Olymp ihre Kleinkriege führen – worunter dann meist das Volk leidet. Und wie es leidet: Die Serie zeigt die Hawaiianer als Leidtragende des Turbo-Tourismus. Die reichhaltige Kultur der hawaiianischen Ureinwohner wird von Armond für die weißen Gäste kannibalisiert. Er verkauft ihnen Hawaii als das Hula-Paradies, das wir alle aus dem Fernsehen kennen. Richtig bitter wird es, wenn die Gäste selbst durch Hawaii schlendern, und begeistert mit dem Finger auf "echte Hawaiianer" zeigen. Der subtile Rassismus der weißen Wohlstandsgesellschaft wurde nie treffender kritisiert als hier.

Das regt zum Nachdenken über unsere eigene Urlaubskultur an. Für White ist Tourismus nichts anderes als die postmoderne Form des Imperialismus: Statt aufrichtiges Interesse an anderen Kulturen zu zeigen, geht es diesen Urlaubern nur ums "Erobern" und "Erschließen" fremder Lebensarten, als würde man in einem Zoo die Tiger und Elefanten beobachten. Die brillanteste Szene der Serie (oder des ganzen Serienjahres 2021?) zeigt den Golfplatz des White Lotus – und enthüllt, dass dieser auf einer Grabstätte der Ureinwohner errichtet wurden. Die Spiele der ach-so-aufgeklärten Welt werden auf den Gräbern der verdrängten Vergangenheit (und Wahrheit) ausgefochten.

Das Auge isst mit: Ist "The White Lotus" die perfekte Winterserie?

Foto: HBO / Sky Deutschland, Rachel (m.) muss sich an die Luxus-Privilegien erst noch gewöhnen.

Man kann sich sechs Stunden lang an der fantastischen satirischen Kritik erfreuen, man kann das herausragende Schauspiel (insbesondere Murray Bartlett & Jennifer Coolidge) genießen oder den stilistisch einmaligen Mix bewundern, der ein wenig so aussieht, als hätte man eine Folge "Die Geißens" mit der Optik von "The Young Pope" umgesetzt. Man kann sogar als Krimifan einschalten, da die Serie ein kleines Mordmysterium übergestülpt bekommt, welches die Handlung aber ehrlicherweise gar nicht gebraucht hätte. Aber "The White Lotus" ist vor allem perfekt für die kalte Jahreszeit, denn: Die traumhaften Aufnahmen der hawaiianischen Strände, die warmen, wohligen Bilder sorgen für Sommerstimmung im Wohnzimmer.

Eine zweite Staffel ist auch schon auf dem Weg, soll aber eine komplett neue Geschichte mit neuen Figuren im White Lotus erzählen. Grandiose Serienunterhaltung wie diese wird in den USA meist bei HBO produziert, so auch hier. Für deutsche Kunden heißt das: Wer "The White Lotus" streamen will, der muss das bei Sky Ticket oder Sky Go machen. Es lohnt sich wirklich – allein schon für alle, die Jennifer Coolidge nur als Mutter von Stifler aus "American Pie" kennen und mal sehen wollen, was für eine Naturgewalt in dieser Schauspielerin all die Jahre geschlummert hat.

Wer 2022 noch keinen Urlaub machen will, der kann diesen bei "The White Lotus" nachholen – und hat danach gleichzeitig vielleicht für einige Zeit keine Lust mehr auf Fernreisen.

Foto: HBO, Das offizielle Plakat zu "The White Lotus".