Der Streaming-Markt ist voll mit verschiedenen Anbietern und jeden Monat gibt es weitere Neuerscheinungen auf sämtlichen Portalen. Da rutschen einem die Highlights schneller durch als geplant. Genau deshalb weisen wir euch auf die Geheimtipps, auf die versteckten Meisterwerke hin, die echte Film- und Serienfans auf keinen Fall verpassen sollten.
Gegenüber den großen Namen Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ ist das Angebot bei Sky Ticket immer noch hauptsächlich Kennern vorbehalten. Wer schon länger allerdings mit einem Probeabo liebäugelt, für den haben wir vielleicht ein weiteres Argument. Dort gibt es nämlich eine Serie, die wie keine andere herausragendes Schauspiel, bissige Satire und einmalige visuelle Bildgewalt kombiniert: "The Young Pope" entführt den Zuschauer in die düsteren Geheimnisse der Katholischen Kirche, mitten ins Herz des Vatikans.
The Young Pope: Ein Papst auf den Spuren von Donald Trump
"The Young Pope" beginnt am ersten Tag nach einer neuen Papst-Wahl, bei der erstmals ein US-Amerikaner zum Stellvertreter Gottes auf Erden ernannt wurde. Kardinal Lenny Belardo ist der Glückliche, er wählt als Namen Pius XIII. Die 13 stellt sich bald als Unglückszahl für den Klerus heraus. Eigentlich wurde er gewählt, um als vergleichsweise junger Papst für den Vatikan eine ähnlich moderne Symbolfigur zu werden wie einst Barack Obama im Weißen Haus. Doch Belardo entpuppt sich als ein konservativer Hardliner, nach dessen Ansicht die Kirche in den letzten 100 Jahren zu weich und zu aufgeschlossen geworden ist.
Schon die erste Szene der Serie spielt mit den Erwartungen, die wohl jeder an einen jungen Papst hätte: Bei seiner ersten Ansprache ans Volk verkündet Belardo, die Kirche müsse endlich auch Homosexualität, ein modernes Frauenbild und gar Masturbation tolerieren. "Wir haben verlernt, glücklich zu sein", sagt der junge Papst. Dann wacht er auf. Was für aufgeklärte Kirchenanhänger ein Traum sein mag, ist für Belardo in Wahrheit ein Albtraum. Am Ende der zweiten Folge des faszinierenden Zehnteilers hält er seine erste wirkliche Rede – in einer Manier, die nicht von ungefähr an einen Donald Trump erinnert. "Was haben wir vergessen?", fragt er. Dann zeigt er in die Menge: "Ihr habt Gott vergessen. Ich bin Gott näher als euch. Euch werde ich nie nahe sein."
Düstere Bilder à la "Der Pate": Jude Law brilliert als (Mafia-)Papst
Noch an eine andere berühmte Person erinnert diese zweite Rede von Belardo: Wie er da ganz im Dunkeln nur als Silhuette zu einer Milliarde Katholiken spricht, weckt er gar Assoziationen an Don Vito Corleone alias Marlon Brando in "Der Pate", den berühmtesten Gangster der Filmgeschichte. Das ist so gewollt: "The Young Pope" steht in einer Linie mit Serien wie "House of Cards" oder "Breaking Bad", also Serien, in denen die Hauptfigur mindestens genauso unsympathisch wie sympathisch ist. Jude Law spielt Belardo und ist in der Rolle seines Lebens: Sein Hass auf die alteingesessenen Kardinäle des Vatikans ist ihm in den Augen abzulesen. Als weitere Reminiszenz an "Der Pate" wird seine Beraterin, die Nonnenschwester Mary, die ihn einst in seiner Kindheit zum Katholizismus führte, von Schauspiellegende Diane Keaton gespielt, die 1972 im Mafiafilm-Epos die weibliche Hauptrolle innehatte.
10 Folgen sind es insgesamt, bei einer Laufzeit von je 55 Minuten bleibt also gehörig Zeit, tief in die Strukturen des Vatikans einzutauchen. Hinter der Serie steht Drehbuchautor und Regisseur Paolo Sorrentino, der schon in seinem Oscar-gekrönten Film "La Grande Bellezza – Die große Schönheit" bewies, dass er mit ruhiger, konzentrierter Spannung komplexe Geschichten in fantastische Bilder packen kann. Und grandios sind seine Bilder wirklich: Gleich in der ersten Einstellung der Serie krabbelt Pius XIII. aus einer gigantischen Pyramide, geformt aus nackten Baby-Körpern – ein klarer Verweis auf Missbrauchsskandale der Vergangenheit. In der fünften Folge zieht er sich seine Unterwäsche an, dazu spielt der Disco-Hit "I''m sexy and I know it" von LMFAO. Das Ziel ist bei all diesen surrealen Momenten gleich: Sorrentino räumt auf, er bricht mit der über 2000 Jahre etablierten klerikalen Ästhetik. So sehr Belardo auch versucht, die Kirche ins Mittelalter zurückzuführen, so bemüht ist Sorrentino, eine moderne, aufregende Geschichte zu inszenieren – und ihm gelingt so eine der – ohne Übertreibung – besten Miniserien aller Zeiten.
Fortsetzung: "The New Pope" + Trailer
Das große Finale in Folge 10 ist ein erstaunlich intimer, stiller Moment, eine Szene, die all die Intrigen, all den Größenwahn kurz vergisst, und in die kaputte Psyche der Hauptfigur eintaucht. Das Ende ist kein Cliffhanger, sondern ein poetischer, offener Abschluss. Die Geschichte endet aber nicht hier: Vier Jahre später veröffentlichte Sorrentino die Miniserie "The New Pope", in der erneut Jude Law mit von der Partie ist und auf eine neue Figur trifft, gespielt von Schauspiel-Star John Malkovich. Wie ihr Vorgänger ist auch diese Serie bei den Sky-Diensten verfügbar – und ebenso empfehlenswert, selbst wenn sie den phänomenalen Eindruck des Originals nicht ganz erreicht.
"The Young Pope" ist bei Sky Ticket / Sky Go für Streamer verfügbar, wurde aber auch auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Wer sich jetzt immer noch nicht sicher ist, ob er reinschauen möchte, der sollte sich unbedingt den Trailer ansehen, den wir hier für euch haben: