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"Game of Thrones" Staffel 8: Die Qualität sinkt, der Preis steigt

Game of Thrones Cersei vs Dany
"Game of Thrones": Der Kampf zwischen Cersei und Dany könnte viele Fans enttäuschen Sender/MOntage

Selten zuvor war die Kritik an "Game of Thrones" so groß, wie aktuell. Die achte Staffel der populären Fantasyserie böte nicht mehr das, was die Produktion einmal stark gemacht habe. Logiklöcher, Sexismus und schlechte Charakterarbeit sind nur einige der aufgebrachten Kritikpunkte.

Huch, wie konnte das denn passieren? Plötzlich ist "Game of Thrones" nicht mehr die beste Serie aller Zeiten, sondern eine vielgescholtene Produktion mit Schwächen so groß, wie das Heer vom Nachtkönig. In den Augen vieler Kritiker und Fans ist GoT vor allem seit dem Erscheinen der letzten Episode "Die letzten Starks" in der Gunst gesunken.

Auf der Kritiker-Plattform metacritic.com erhält die Folge eine historische Negativwertung von 3.2 bei 10 möglichen Punkten. Die ersten beiden Folgen der neuen Staffel erhielten mit 7.0 und 7.6 noch akzeptable Werte, doch selbst die spektakuläre Folge 3 "Die lange Nacht" schneidet mit 4.4 Punkten katastrophal ab. Bei der User-Wertung von Rotten Tomatoes sieht es nicht besser aus: Erhielt die 7. Staffel noch einen Audience Score von 89%, liegt Staffel 8 momentan bei nur 61%.

Woran liegt das? Wir gehen auf Spurensuche.

Erwartungen so groß, wie nie zuvor

Mit dem Start der achten Staffel "Game of Thrones" wird das Ende einer Ära eingeläutet. Vor den Fernsehern in den USA versammelten sich zum Auftakt mehr als 17 Millionen Zuschauer - nur über den linearen Ausstrahlungsweg von HBO. Dass GoT die am meisten illegal heruntergeladene Serie der Welt ist und auch in Deutschland zunehmend über Video-on-Demand-Angebote wie Sky Ticket oder Sky Go gesehen wird, erhöht den Erwartungsdruck.

Bei einem Massenphänomen wie GoT ist es schwer, jeden gleichwertig zufriedenzustellen. Mit dem in Sichtweite befindlichen Ende der Serie wächst auch die Unzufriedenheit bei vielen Zuschauern: Was? Die Serie soll nur noch zwei Episoden dauern? Wie wollen die Macher bitte in so wenig Zeit, so viele offene Fragen klären?

"Game of Thrones" tat sich selbst keinen Gefallen damit, über 20 Monate in der Serienwerkstatt zu schlummern. Seit dem Ende der 7. Staffel ist so viel Zeit vergangen, dass aufmerksame Zuschauer, frenetische Fans und buchfeste Power-Nerds bereits das komplette Universum auseinandergenommen und mit findigen Theorien angereichert haben. Die Möglichkeiten, die Geschichte zu Ende zu bringen, sind schier gigantisch. Die Ideen der Fan-Gemeinde teils fantastisch. Die Macher David Benioff und D.B. Weiss haben sich hingegen bereits zur Produktionszeit von Staffel 3 mit Buchautor George R. R. Martin zusammengesetzt und das Ende besprochen. Damals verriet der Westeros-Schöpfer den beiden Fernsehmachern drei zentrale Eckpfeiler seiner Erzählung: Den Tod von Sharin Baratheon, das Schicksal von Hodor und die damit einhergehende Macht von Bran als Dreiäugigen Raben, sowie das Ende.

Spektakel statt Tiefe

Bereits in der vergangenen Season mehrten sich die kritischen Stimmen, wonach "Game of Thrones" mit seinem erhöhten Erzähltempo und den teils hanebüchenen Zeitsprüngen seine Glaubwürdigkeit verliert. Es war die erste Staffel, die ohne die Buchvorlage von Martin auskommen musste. In Staffel 8, welche nur noch aus sechs Episoden besteht, spüren die Zuschauer den Wegfall der Basis.

Das Fundament aus "Game of Thrones" bestand immer aus seiner zutiefst glaubwürdigen, gewissenhaften Charakterarbeit. Ein Pool aus mehr als 20 wichtigen und komplexen Hauptcharakteren bot den Machern die Möglichkeit, viele verschiedene Geschichten zu erzählen und diese teils überraschend, teils spektakulär ineinander laufen zu lassen. Spektakel gibt es auch in Staffel 8, und zwar ein so großes, wie nie zuvor. Die dritte Episode "Die lange Nacht" kam mit einem Rekordbudget von circa 20 Millionen US-Dollar und der längsten Laufzeit der Geschichte daher.

Allerdings lassen sich Erzählungen nicht mehr so geschickt miteinander verweben, wenn alle Charaktere den gleichen Handlungsort teilen. Zwei Folgen lang bekamen Zuschauer nichts anderes zu sehen, als das Setting im Norden. Dort befanden sich mit Tyrion, Sansa, Arya, Jon, Jaime, Sam, Bran, Daenerys und Co. fast alle wichtigen Figuren, bis auf Cersei Lannister. Das führte zum einen zu tollen Charaktermomenten (Brienne wird zum Ritter geschlagen, Arya und Gendry haben Sex etc), kommt aber ohne ganz große Überraschungsmomente aus. Zwar war der Tod des Nachtkönigs in seiner Art und Weise ein positiver Schock, doch nach dem Ende der Schlacht geht "Game of Thrones" zu selbstverständlich zur Tagesordnung über. Die hastige Abreise in die nächste Schlacht gefiel nicht allen Zuschauern. Tiefe, ehrliche Gespräche wurden zur Mangelware, vielmehr ging es bereits um die nächsten Schachzüge - von denen aber nicht alle wirklich Sinn ergaben.

Logiklöcher und unglaubwürdige Wendungen

Das größter Ärgernis für viele treue Fans der Serie sind momentan die wenig nachvollziehbaren Drehbuch-Kapriolen. Daenerys Targaryen fliegt mit zwei Drachen hoch durch die Lüfte aber sieht keine 12-Schiffe-starke Flotte von Euron Graufreud aus ihrer Vogelperspektive? Unlogisch. Überhaupt scheint sie die schlechteste aller Targaryen-Drachenreiter zu sein, schließlich hat Aegon Targaryen noch mit drei Flugechsen die kompletten Sieben Königslande erobert, sie schafft kaum eine Festung.

Lord Varys trägt den Beinamen "Meister der Flüsterer", doch alles was die Macher mit dieser Figur drei Folgen lang machen: Ihn in Winterfell herumsitzen und keinen Ton sagen lassen. Warum können er und seine Vögel nicht die Lage in Königsmund auskundschaften? Warum macht er als Berater der Königin nicht seinen Job? Ach ja: Benioff und Weiss wollen Dany zur Irren Königin werden lassen, da steht ein vorausschauender Berater mit viel Einfluss nur im Weg.

Generell scheinen die Berater von Dany ihre Berufung verloren zu haben: Weder Varys noch Tyrion machen ihren Job. Letzterer lag nicht das erste Mal daneben, als er im Staffelauftakt behauptete, Cersei würde mit ihrer Armee Unterstützung senden. Später steht er in Folge 4 wie ein armseliger Strolch vor den Mauern von Königsmund und fleht seine Schwester um Gnade an. Seit wann lässt Cersei auf diese verweichlichte Art mit sich reden? Seit wann zieht Tyrion ohne Druckmittel in eine verbale Auseinandersetzung? Unlogisch.

Wenig hilfreich sind zudem Szenen wie die Verabschiedung zwischen Jon und Geist in Folge 4. In vorherigen Staffeln wäre eine solch gefühlskalte Geste von Jon nicht denkbar gewesen, doch aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen - die Macher mussten Geld sparen - wird Ghost einfach in den Norden verabschiedet. Dagegen ist ein übersehener Kaffeebecher eine Kleinigkeit und stört die wenigsten Zuschauer.

Sexismus in Serie

"Game of Thrones" wurde oft vorgeworfen, zu explizite Vergewaltigungsszenen zu zeigen und mit wenig Fingerspitzengefühl das Thema von Misshandlungen aufzugreifen. Nun muss sich die Serie einer neuen Kategorie erwehren: GoT hat seine Sexismusdebatte. Feministen weltweit werfen dem Fantasydrama vor, in der letzten Episode schlecht mit Frauen umgegangen zu sein.

Nach der großen Schlacht um Winterfell erscheint Sansa Stark, die neue Herrin von Winterfell, wie eine geborene Politikerin. Sie erkennt das Bedürfnis der abgekämpften Männer und sorgt für ausreichend Vergnügungsstoff. Doch als sie in einem Dialog mit dem Bluthund auf die grausamen Misshandlungen durch ihren Mann Ramsay Bolton zu sprechen kommt, folgt eine krude Dialogzeile. "Ohne Kleinfinger, Ramsay und den Rest wäre ich mein Leben lang ein kleiner Vogel geblieben." Sprich: Eine Frau kann nur durch Misshandlung von Männern wachsen? Nicht nur Jessica Chastain, eine prominente Gallionsfigur der MeToo-Bewegung, platzte der Kragen. "Als ein ehemaliges Opfer einer Vergewaltigung, welches gerade 'Game of Thrones' gesehen hat, schreibe ich mir die Stärke, die ich seit dem Verbrechen gewonnen habe, einzig und allein mir zu. Ich werde meinem Vergewaltiger nicht dafür danken, mich zu dem zu machen, was ich bin. Vergewaltigung ist kein Werkzeug, um den Charakter zu stärken", wetterte der Star auf Social Media.

Nicht die einzige Verfehlung im Hinblick auf die Frauenfiguren in "Game of Thrones". Eine geraume Zeit galt die Serie als vorbildlich, weil mit Sansa, Daenerys und Cersei drei unterschiedliche, starke Charaktere eine große Rolle spielten. Doch nun bleibt keine mehr frei von üblen, hinterhältigen Charakterzügen. Sansa verrät Jon, Daenerys wird immer irrer und Cersei ist schon längst eine der gerissensten Persönlichkeiten auf Westeros. Dass mit dem Tod von Missandei auch die einzige dunkelhäutige Schauspielerin aus GoT ihr Leben lassen musste, stößt vielen Zuschauern sauer auf.

Erinnert ihr euch noch, als Arya mit dem Bluthund für ein bis zwei Staffeln auf dem Königsweg unterwegs war? Es gab eine Zeit in "Game of Thrones", da war es wichtiger, akkurat mit dem Erzähltempo umzugehen, da Figuren in einer mittelalterlichen Welt nun mal nicht in wenigen Stunden mehrere tausend Kilometer zurücklegen konnten. Inzwischen interessiert das die Macher nicht mehr. Die Geschichte muss zu einem Ende kommen, da bleibt für lange Reisen keine Zeit.

Wenngleich es oft albern anmutet, wenn Daenerys, Grauer Wurm und die Targaryen-Flotte in Windeseile nach Drachenstein reisen, während Jon zu Rossen und seine Infanterie zu Fuß eine halbe Episode später in Königsmund landet.

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Ganz davon abgesehen, dass es nur noch darum geht, die Figuren so schnell wie möglich an einen Ort zu bekommen. Möglichst alle wichtigen Charaktere sollten erst in Winterfell sein, um die Spannung hochzuhalten und den Zuschauern vorzugaukeln, es könnten ihre Lieblinge reihenweise das Zeitliche segnen. Jetzt ist es eben die Hauptstadt von Westeros, in und um der sich herum alle verbliebenen Hauptfiguren aus "Game of Thrones" versammeln. Wie schnell sie dort hinkommen, ist egal. Die Macher brauchen sie nur für den ultimativen, letzten Showdown. Danach ist die (einst) beste Serie der Welt (endlich) vorbei.