Schauspielerin Nastassja Kinski möchte verhindern, dass man sie noch immer als nackte 15-Jährige in dem berühmt-berüchtigten "Tatort: Reifezeugnis" sehen kann. Die Tochter des exzentrischen Schauspielers Klaus Kinski hat den Promi-Anwalt Christian Schertz beauftragt, gegen den NDR juristisch vorzugehen, wie der "Spiegel" berichtet.
Der NDR produzierte Ende der 70er-Jahre die "Tatort"-Episode und hat bis heute die Rechte daran. Kinski, damals 15-jährig, spielte die siebzehnjährige Schülerin Sina Wolf, die eine geheime sexuelle Beziehung mit ihrem Gymnasiallehrer Helmut Fichte (Christian Quadflieg) hat. Ihr Mitschüler und offensiver Verehrer, Michael Harms (Markus Boysen), findet das heraus, und erpresst Sina erst, versucht später sogar, sie zu vergewaltigen. Dabei wehrt Sina sich mit aller Kraft und erschlägt Michael mit einem Stein. Im Film sieht man unter anderem Kinskis nackte Brust.
Erst im Januar strahlte der RBB "Reifezeugnis" aus
"Nastassja Kinski war damals faktisch ohne Begleitung am Set, als die Szenen gedreht wurden", gibt ihr Anwalt Christian Schertz zu Bedenken. Dass sie damals eine rechtswirksame Einwilligung als Minderjährige gegeben hätte, sei "denklogisch ausgeschlossen" gewesen. Eine Einwilligung für die Zukunft hat die Schauspielerin dazu widerrufen.
Der ARD scheint das – Stand jetzt – egal zu sein. Erst im Januar strahlte der RBB "Reifezeugnis" aus. Aber auch eine Aussage von NDR-Fernsehfilm-Chef Christian Granderath irritiert: "Reifezeugnis mit Nastassja Kinski war in den Siebzigern eine sexuelle Initiation für sehr viele männliche Jugendliche. Auch deswegen ist dieser Tatort zur Legende geworden", wird er auf der Homepage des NDR zitiert.
Kinski-Anwalt: "Ich weiß wirklich nicht, was da in die Köpfe der Verantwortlichen gefahren ist"
Nastassja Kinskis Anwalt Schertz kritisiert den NDR, "im Hier und Jetzt insbesondere nach zahlreichen #MeToo-Skandalen in Film und Fernsehen wörtlich die Nacktszenen mit einer Minderjährigen als den sexuellen Erweckungsmoment sehr vieler Männer" zu beschreiben. "Ich weiß wirklich nicht, was da in die Köpfe der Verantwortlichen gefahren ist", so der Jurist weiter.
Der NDR erklärte dem "Spiegel" auf Nastassja Kinskis Vorgehen bisher lediglich, dass der "Tatort: Reifezeugnis" derzeit nicht zur Ausstrahlung eingeplant sei. Zu der Anfrage der Schauspielerin werde sich der Sender fristgerecht verhalten.