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The Last of Us: Gänsehaut pur! Das Finale bricht Fans ein letztes Mal das Herz

Meinung | "The Last of Us" war 2013 ein Videospiel-Meilenstein und ist zehn Jahre später nun in Serienform ein weltweites Phänomen geworden. Unser Redakteur Michael Hille hat das Spiel gezockt und die Serie geschaut und wurde vom Finale ein letztes Mal begeistert.

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Man wiederholt sich zwar jede Woche, aber: "The Last of Us" ist eine Sensation. Es ist nicht nur mit gewaltigem Abstand die beste Videospielverfilmung, die bislang je gemacht wurde. Es ist auch schon jetzt das Serien-Highlight 2023 und für nicht wenige eine der besten Serien der letzten Jahre. US-Kritiker haben sie bereits in einem Atemzug mit "Chernobyl" (übrigens auch vom "The Last of Us"-Chefautoren Craig Mazin) genannt, sogar Vergleiche zu den einstigen Hochphasen von "Game of Thrones" sind gefallen. "The Last of Us" hat all das zweifellos verdient.

Mit der neunten Folge endet diese erste Staffel, die Handlung des ersten Videospiels ist abgeschlossen. Eine zweite Staffel soll folgen, sie wird die Fortsetzung des Spiels beinhalten. Für das große Finale bleibt die Serie erneut ganz dicht an ihrer Vorlage, die letzten 10 Minuten sind eine 1:1-Nachahmung der letzten Szenen des Games. Die richtige Entscheidung: Was schon im Spiel offene Münder und Gänsehaut am ganzen Körper hinterließ, wird in der Serie durch die brillante Schauspielleistung von Pedro Pascal in der Hauptrolle des Joel Miller noch einmal potenziert.

Kurzes Finale: "The Last of Us" setzt auf Twist-Ende

Foto: HBO / Sky Deutschland, Pedro Pascal als Joel Miller.

Wer die Handlung des Spiels nicht kennt, dürfte überrascht gewesen sein, dass es sich bei der finalen Folge "The Last of Us" um die kürzeste Episode der Staffel handelt, "nur" 43 Minuten geht der Abschluss. Und die erste lange Szene zeigt noch nicht mal Joel und Ellie. Sie spielt circa vierzehn Jahre, bevor Joel und Ellie sich je trafen. Man sieht eine Frau namens Anna, die sich als Ellies Mutter herausstellt. Sie wurde während der Schwangerschaft von einem Infizierten gebissen – die Erklärung dafür, warum Ellie immun gegen den todbringenden Pilz ist. Anna wird übrigens gespielt von Ashley Johnson, die in der englischsprachigen Originalversion des Spiels tatsächlich Ellie ihre Stimme leiht. Eine tolle Verbeugung vor dem Original – in der Folge von vergangener Woche hatte schon Joels Originalsprecher Troy Baker einen kleinen Auftritt.

Danach geht alles ganz schnell: Joel und Ellie haben Salt Lake City erreicht und finden dort nicht nur Ruinen, sondern auch Wildtiere vor – u.a. Giraffen. Dann werden sie von den Fireflies überrumpelt. Joel wacht im Krankenhaus auf und erfährt von Firefly-Anführerin Marlene, dass man durch Ellie ein Heilmittel herstellen kann. Die Operation wird sie allerdings töten. Joel schaltet in den Beschützer-Modus. Er entreißt einem Firefly-Schergen die Schusswaffe und tötet in einem grausamen Blutrausch unzählige Firefly-Anhänger – und nicht bloß all jene, die bewaffnet sind. Auch Ärzte und Arzthelfer werden von ihm ohne Zögern erschossen. Dann nimmt er die narkotisierte Ellie mit sich, erschießt Marlene und fährt mit Ellie zurück nach Jackson, in die sichere Stadt seines Bruders Tommy.

Doch Ellie glaubt ihm seine Lügengeschichte nicht: Er behauptet, man habe kein Heilmittel herstellen können und er hätte Ellie nach einem Angriff auf die Fireflies durch militante FEDRA-Soldaten in Sicherheit gebracht. Sie will sich sicher sein – und bittet ihn, zu schwören, dass er die Wahrheit sagt. Er lügt erneut. Und sie antwortet nickend: "Okay." Dann der Abspann.

In "The Last of Us" geht es nicht um Moral

So endet auch das Spiel. Nur dass der Spieler hier selbst gezwungen ist, sämtliche Fireflies zu ermorden und die OP an Ellie zu verhindern. Anders entscheiden darf man sich nicht. Das Spiel lässt einem nur diesen Weg – egal, ob man Joels Entscheidung für richtig oder falsch befindet. Er tötet nicht nur einen Haufen unschuldiger Menschen, er tut all das gegen Ellies Willen und schlimmer noch: Er verhindert damit die vielleicht einzige Chance für die Menschheit, je von diesem Pilz gerettet zu werden. All das, weil er Ellie mittlerweile ins Herz geschlossen hat und nach dem tragischen Tod seiner Tochter Sarah vor zwanzig Jahren nicht erneut ein Kind verlieren will. Es ist eine menschliche Entscheidung, aber eine selbstgerechte. Joel opfert das Schicksal der Welt für sich selbst, weil er diesen schweren Verlust in seinem Leben kein zweites Mal ertragen will.

"The Last of Us" stellt hier eine schwierige Frage: Was macht uns menschlich? Joel begeht eine unverzeihliche Gewalttat, dazu kann es keine zwei Meinungen geben. Doch wie steht man als Zuschauer selbst dazu? Kann man seine Entscheidung nachvollziehen? Wäre das Opfer eines Kindes zum Wohl aller anderen Menschen vertretbar gewesen? Die Stärke des Spiels und jetzt auch der Serie (beide mitentwickelt von Neil Druckmann) ist es, dass es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt. Es ging in "The Last of Us" nie um Moral, sondern um Menschen, die in Extremsituationen schwierige Entscheidungen fällen – menschliche Entscheidungen.

Ein Serienmeisterwerk, das nicht schnell genug weitergehen kann

Foto: HBO, Das Plakat zu "The Last of Us".

Es ist wirklich beispiellos, was Craig Mazin und Neil Druckmann mit "The Last of Us" in Serienform geleistet haben. Eine so gut geschriebene, aufwendig inszenierte und zutiefst berührende Serie ist eine absolute Ausnahmeleistung. Es gab einzelne Episoden, die in sich geschlossen grandiose Meisterwerke waren (man denke an die Liebesgeschichte von Bill und Frank in Folge 3 oder die fantastische siebte Episode, die eine lange Rückblende erzählte). Aber auch als Ganzes hat "The Last of Us" eine Form des poetischen Erzählens bewiesen, die es nur noch selten zu bestaunen gibt. Diese Serie ließ sich Zeit, sie konzentrierte sich auf lange, ruhige, ausdauernde Momente – und in diesem unter die Haut gehenden Finale erntet sie all die Früchte, die in der Vorarbeit gesät wurden. Damit wurde sogar das Spiel übertroffen, denn obwohl man viele Momente 1:1 übernahm, zeigt sich im Direktvergleich doch, das Weltklasseschauspieler wie Pedro Pascal oder Bella Ramsey einfach gegenüber virtuellen Figuren immer die Nase vorne haben werden.

Jetzt kann man nur hoffen, dass eine zweite Staffel nicht allzu lange dauern wird. Doch zugleich möchte man den Machern auch sagen: Lasst euch alle Zeit der Welt! Denn die Videospielfortsetzung von "The Last of Us" ist sogar noch komplexer, noch waghalsiger und noch atemberaubender. Wenn Mazin und Druckmann für ihre nächste Staffel an das Niveau ihrer bisherigen Arbeit anknüpfen wollen, stehen sie vor einer gewaltigen Herkulesaufgabe. Nach diesen neun Folgen glaubt man aber durchaus, dass wenn es zwei Autoren gibt, denen diese Aufgabe gelingen könnte, es diese beiden sein müssen.

"The Last of Us" ist im Stream bei WOW verfügbar.