Gleich zu Beginn ein wichtiger Disclaimer: Dieser Text ist voller Spoiler für die ersten sieben Folgen der "The Last of Us"-Serie!

Gerade spricht im Serienbereich nahezu die ganze Welt über "The Last of Us", insbesondere in englischsprachigen Nationen hat der Hype um die Videospielverfilmung längst "Game of Thrones"-Ausmaße erreicht. Das verwundert nicht: "The Last of Us" ist exzellentes Fernsehen, wie man es nur alle paar Jahre zu Gesicht bekommt. Eine meisterhafte Serie, brillant erzählt, fantastisch geschrieben und dank Pedro Pascal als Joel und Bella Ramsey als Ellie mit zwei hervorragenden Schauspielern auf der Höhe ihrer Kunst besetzt.

Auch die siebte von insgesamt neun Episoden der ersten Staffel ist ein Meisterwerk für sich, eine einzelne Stunde sensationelles TV-Drama. Und genau als dieses sollte man "The Last of Us" im Serienformat bezeichnen: als Drama. Obwohl die Trailer vielleicht etwas anderes suggerierten, handelt es sich hier nicht um eine Zombieserie. Im Gegenteil – Folge 7 beweist, dass "The Last of Us" immer dann am stärksten ist, wenn die Zombies (technisch gesehen sind es eher Mutanten als Zombies) gar keine Rolle spielen.

Left Behind: "The Last of Us"-Folge 7 basiert auf Bonuskapitel

Die siebte Folge basiert anders als die restlichen nicht auf dem 2013 erschienenen Videospiel, sondern auf einem Bonuskapitel des Games, welches erst 2014 veröffentlicht wurde: "Left Behind". Joel taucht dementsprechend in dieser Episode nur kurz auf, fast die gesamte Folge spielt in einer langen Rückblende und zeigt, wie Ellie einst gebissen und somit mit dem eigentlich tödlichen Pilz infiziert wurde. Der Fokus liegt also ganz auf ihr und ihrer besten Freundin Riley (Sam Reid, bekannt aus "Euphoria"). Sie gehen noch zur Schule, doch Riley hat sich insgeheim auf die Widerstandskämpfer der Fireflies eingelassen und plant, Ellie zu verlassen. Des Abschieds wegen schleichen die beiden Teenager sich eines Nachts fort.

Riley will Ellie einen Ort zeigen, den diese noch nie gesehen hat: Es handelt sich um ein (natürlich mittlerweile stillgelegtes) Einkaufszentrum. Mit großen, staunenden Kinderaugen läuft Ellie wie hypnotisiert durch die Korridore, fährt gemeinsam mit Riley Karussell, probiert einen Fotoautomaten aus, bedient sich in einem Spielwarengeschäft an absurden Masken. Fast die ganze Folge zeigt zwei junge Frauen, die viel zu schnell erwachsen werden mussten, wie sie diese spezielle Nacht nutzen, um noch einmal Kind sein zu können. Sogar ein Kuss zwischen den beiden fällt – dass da mehr ist, schwebt vom ersten Moment an in Raum. Erst am Ende tritt ein Mutant auf den Plan und infiziert beide Mädchen. Sie beschließen, gemeinsam auf ihren nahenden Tod (bzw. ihre Verwandlung) zu warten. Doch genau das passiert schließlich nie. Ellie ist immun – und muss deshalb den Tod ihrer besten und einzigen Freundin auf der Welt miterleben.

Trotz untoter Monster: "The Last of Us" ist eine Hymne auf das Leben

Die Episode folgt inhaltlich mit nur wenigen Kürzungen ziemlich exakt der Handlung des "Left Behind"-Videospiel-Bonuskapitels. Wie schon beim Rest der Serie haben Spielmacher Neil Druckmann und Serienautor Craig Mazin großen Respekt vor der gefeierten Vorlage und weichen nur dann ab, wenn es unbedingt nötig ist. Die "Left Behind"-Folge ist somit eine emotionale Tour de force geworden: Subtil und einfühlsam nimmt die Serie sich langsam und ausführlich Zeit, die tiefe Freundschaft und zarte Liebe zwischen Ellie und Riley zu vertiefen und es muss hierbei erwähnt werden, wie phänomenal Bella Ramsey und Storm Reid ihren Figuren Leben einhauchen. Ohne jeden Anflug von Klischees verkörpern sie vollkommen authentisch zwei heranwachsende Frauen in der Pubertät, die mit ihren eigenen Gefühlen überfordert sind.

Im Internet kam über Wochen immer wieder Kritik an der Serie auf: Man sehe zu wenig Action, es gäbe kaum etwas von den Untoten zu sehen. Schon Folge 3 war eine 75-minütige hochemotionale Liebesgeschichte mit bloß homöopathischer Untoten-Dosis, in Folge 4 und 6 waren die Pilz-Mutanten sogar gar nicht zu sehen. Doch auch wenn die Kritiker sich daran stören und es im Spiel sicher deutlich mehr Zombie-Action gegeben hat: Die Serie macht alles richtig! "The Last of Us" zelebriert das Leben, statt die Furcht vor den Untoten. Sie erzählt von einer Welt, in der die Menschen ihre wichtigsten zivilisatorischen Errungenschaften verloren haben – und jetzt nicht gegen Monster kämpfen, sondern vor allem darum, ihre Menschlichkeit zu bewahren. Wer jede Folge neues Gemetzel sehen will, hat schon elf Staffeln "The Walking Dead", die er sich gönnen kann.