Klar: Ob in "Terminator" oder "Predator", an großen Hits mangelte es in der Karriere von Arnold Schwarzenegger nun wirklich nicht. Einer seiner besten Filme ist aber unbestreitbar "True Lies" von 1994. Arnie (wie ihn seine Fans gerne nennen) ist darin als Top-Spion Harry Tasker zu sehen, der sein Leben als Geheimagent à la James Bond allerdings vor seiner eigenen Ehefrau Helen Tasker (Horror-Legende Jamie Lee Curtis) geheimhalten muss. Doch diese Heimlichtuerei belastet seine Ehe – bis Helen schließlich über Umwege in das turbulente Berufsleben ihres Mannes verwickelt wird.
Dank großartiger Action mit irren Stunts und der tollen Chemie zwischen Schwarzenegger und Curtis wurde "True Lies" ein verdienter Actionfilm-Klassiker. Jetzt, fast 30 Jahre später, ist er zurück – mit neuer Besetzung als Serie adaptiert. Zu sehen gibt es das seit dem 19. April bei Disney+, wöchentlich erscheint eine neue Episode. Aber lohnt sich die Serie? Nun: Fans des Films werden wohl vor allem irritiert sein.
Kultfilme werden zu Serien – kein neues Phänomen
Nostalgie dominiert aktuell die Popkultur. Dass also Kultfilme im Serienformat neu aufbereitet werden, ist in den letzten Jahren kein seltenes Phänomen mehr. Man denke an die TV-Adaption von "Lethal Weapon", die ganze drei Staffeln lief, die Sci-Fi-Serie "Minority Report" basierend auf dem gleichnamigen Steven-Spielberg-Meisterwerk, die Serienversionen von "Taken" und "12 Monkeys" oder an das Jahr 2017, als sogar versucht wurde, aus dem brutalen Krimi "Training Day" eine Serie zu machen – mit nur wenig Erfolg.
Jetzt also "True Lies". Harry Tesker wird nun gespielt von Steve Howey ("Shameless"), seine Frau Helen verkörpert jetzt Ginger Gonzaga ("She-Hulk"). Wie im Film ist Harry ein Superspion, und seine Frau hat davon keine Ahnung. Zumindest in der ersten Episode noch nicht. Denn was in Folge 1, den ersten 45 Minuten der Serie, passiert, ist quasi eine Mini-Version des Originalfilms. Helen erfährt die Wahrheit über ihren Mann, wird in eine Agentengeschichte verwickelt und die Ehe der beiden erfährt über dieses aufgedeckte Geheimnis ein neues Erwachen. Nach dem Auftakt stellt sich also die Frage: Was will die Serie jetzt erzählen, da sie den ganzen Plot von "True Lies" schon hinter sich hat?
Die Serie heißt "True Lies", erinnert aber an einen anderen Film
Tja: Da Helen nun die Wahrheit über ihren Mann kennt, wird sie von derselben Spionagebehörde rekrutiert und beweist auf Anhieb erstaunliche Begabungen, die ideal für das Agentenleben sind. Also schließt sich Helen ihrem Mann und seinem Team aus Spionen an. In jeder Folge ermitteln sie in einem neuen Fall und reisen dafür rund um den Globus. Und ab hier darf man der Serie vorwerfen, brutalen Etikettenschwindel zu betreiben. Mit "True Lies" hat das alles wenig zu tun. Der Reiz des Films bestand darin, dass ein überzeichneter James-Bond-Verschnitt alles tun muss, um einerseits die Welt zu retten, und andererseits sein Doppelleben vor seiner Frau zu verbergen. Die Serie reißt das sofort ein.
Stattdessen hat man hier etwas anderes gedreht, nämlich eine Art Serienversion von "Mr. & Mrs. Smith". In dem Actionerfolg mit Brad Pitt und Angelina Jolie ging es um Ehepartner, die ohne es zu wissen beide bei verschiedenen Geheimdienstbehörden arbeiten, die Geheimidentität des jeweils anderen aufdecken und nach einigem Hin und Her letztlich zusammen gegen ihre Feinde arbeiten. Davon lässt sich in der "True Lies"-Serie einiges erkennen – u.a., da Helen ihrem Mann als Agenten-Quereinsteigerin sofort in vielem überlegen ist und so ein kleiner Konkurrenzkampf entsteht.
Nur wenig "True Lies" – aber ist die Serie wenigstens gut?
Mit dem Filmoriginal hat "True Lies" also so gut wie nichts zu tun. Ist die Serie wenigstens gut? Leider sucht man nach Spannung und Originalität in den Episoden vergeblich. Die einzelnen Spionagemissionen sind so bestürzend langweilig, als hätten die Drehbuchautoren selbst nur wenig Interesse am Agentengenre gehabt. Zudem ist die Besetzung ein Reinfall: Arnold Schwarzenegger schaffte einst mühelos den Spagat zwischen charmantem Spion und biederem Familienvater, während Steve Howey in beiden Facetten fad wirkt. Seine Co-Stars Mike O'Gorman, Omar Benson Miller und Erica Hernandez sind so bestürzend farblos, wie es nur möglich ist. Einzig Ginger Gonzaga kommt als Helen Tesker erstaunlich gut weg, ist sowohl in Actionszenen als auch in dramatischen Momenten glaubhaft, kann aber nicht viel retten.
Gerade hinsichtlich dessen, dass die Serie sich im Namen an einen der wohl bombastischsten aller 90er-Jahre-Actionfilme anhängt, lässt umso bestürzter auf die Actionszenen gucken. Die sind nicht nur nicht der Rede wert, sondern oft mies getrickst und verwirrend geschnitten. Für eine Serie wie "Hawaii Five-0" wäre dieses Niveau vollkommen akzeptabel – wenn man aber den Titel eines teuren Blockbusters benutzt, der irrsinnige und spektakuläre Stunts mit massig Pyrotechnik zeigte, dann ist das schlicht zu wenig.
Es wirkt ganz so, als sei der unbedingte Nostalgie-Wille der Produktionsschmieden Hollywoods so groß, dass man teils ohne Sinn und Verstand Neuauflagen alter Hits in Auftrag gibt, ohne ein vernünftiges Konzept dafür zu haben – und ohne jemanden hinter den Kulissen zu engagieren, der wirklich Leidenschaft und Liebe für das Original mitbringt. Euphorie für den "True Lies"-Film hatte von diesen Beteiligten wohl niemand – blöd für alle, die also wegen dieses Titels reinschauen.
Die "True Lies"-Serie ist bei Disney+ verfügbar.