TV SPIELFILM Wären Sie ein guter Spion?

GARY OLDMAN
Nur eines spricht dafür: ich bin sehr loyal. Man muss in diesem Job ganz fest an diese eine Sache glauben. Aber ansonsten... ich glaube, ich bin zu sensibel, denn Agenten müssen viele sehr unangenehme Dinge tun. Mir fehlt auch das richtige Pokerface, mir kann man alle Gefühle im Gesicht ablesen. David Cornwell (aka John le Carré) arbeitete ja früher selbst als Agent. Er erzählte uns, dass er ständig Angst davor hatte, dass sein Cover auffliegt. Er konnte nie richtig schlafen, weil er jede Nacht auf die Schritte vor seinem Schlafzimmer wartete. Diesen Stress hält niemand lange aus. Kein Wunder, dass so viele Agenten zu Alkoholikern werden.

Die TV-Verfilmung von John le Carrés Buch war Ende der 70er Jahre ein echter Straßenfeger. Haben Sie Angst, dass man Sie an diesem Erfolg misst?

GARY OLDMAN
Beide Versionen sind der Buchvorlage sehr treu, auch wenn die Serie sich über sieben Stunden lang hinzog und deshalb viel mehr Details zeigen konnte. Es lässt sich nicht vermeiden, dass beide Smileys sich in der gleichen Situation gleich verhalten. Alec Guinness war ein fantastischer George Smiley. Aber mein Smiley ist ein ganz anderer als der von Guinness, da habe ich keine Angst.
Waren Sie mit allen Kürzungen einverstanden? Die Story ist ja ziemlich kompliziert.

GARY OLDMAN
Besessene Le Carré-Fans werden sicherlich mosern, dass manches weggelassen wurde. Aber man kann einen Elefanten nicht in eine Telefonzelle quetschen. Es ist ein dickes Buch und ein Film kann nun mal nicht viel länger als zwei Stunden dauern. Ich hoffe jedoch, dass sich aufgrund unseres Films ein neues Publikum für Carrés Originalgeschichte in all seiner Ausführlichkeit interessieren wird.

George Smiley ist das genaue Gegenteil von modernen Spionen wie James Bond, Jason Bourne oder Ethan Hunt.

GARY OLDMAN
Zum Glück verfiel Regisseur Tomas Alfredson nicht der Versuchung, es auch hier knallen zu lassen, das ist ja gerade schrecklich in Mode. George Smiley ist ein intellektueller Spion mit Substanz, der - im Gegensatz zu seinem Namen - sehr ernsthaft und verschlossen ist. Dabei ist er jedoch auch ganz unberechenbar und überrascht immer wieder. James Bond hingegen ist ziemlich leicht durchschaubar und bricht zum Beispiel reihenweise Frauenherzen. George Smileys Frau hingegen hat ihn schon mehrfach betrogen und ihn gerade verlassen. Das ist nur ein kleiner Unterschied, der schon viel über die beiden Männer aussagt. George Smiley bewegt sich sehr elegant durch das Dickicht der Bürokratie und kann sie meisterhaft manipulieren - ohne dass er dabei Millionenschaden anrichtet und halb Budapest in Schutt und Asche legt.

Sie spielen sonst häufig eher extravagante, leicht verrückte Männer.

GARY OLDMAN
Es war gar nicht einfach, mich zurückzunehmen. Oft dachte ich: ‘Das soll Schauspielen sein? Ich mache doch überhaupt nichts.' Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, war es jedoch sehr angenehm, meine Szenen mal nicht mit hochgeputschten falschen Emotionen vorantreiben zu müssen. Für meinen Blutdruck war das super, der konnte sich während der Dreharbeiten richtig erholen.

Interview: Tina Werkmann