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Der WM-Blog

Harte Landung

Von Pferdeküssen und Menschenbissen

Ende des Sommermärchens. Nach vier Wochen Ausnahmezustand hat uns das ZDF unsanft ins Leben zurückgeholt.

Harte Landung

Flughafen Berlin-Tegel, Dienstag 10 Uhr. ZDF-Reporter Thomas Skulski berichtet für das Magazin "Volle Kanne" über die Ankunft der Weltmeister. Nach vier Turnierwochen in Brasilien kehren die Fußballer zurück nach Deutschland, in das Land der gescheiterten Großprojekte Stuttgart 21, Hamburger Elbphilharmonie und Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Darüber berichtet Skulski offenbar viel lieber. Er lässt die deutschen WM-Helden auf dem Rollfeld einfach außer Acht, wirbt unverhohlen für Berlin-Tegel und motzt gegen den neuen Berliner Großflughafen. Ein Rumpelreporter in geheimer Mission.

"Der Flughafenchef ist auch hier", sagt der ZDF-Mann, Zufälle gibt's, und stürmt auf den bereitstehenden Interviewpartner zu. "Hätten Sie gedacht, dass ein Weltmeisterflieger 2014 noch in Tegel landet?", fragt Skulski. Der Flughafenchef antwortet: "Dass die Weltmeister in Tegel auf deutschem Boden landen, ist für uns ein Riesenereignis."

Fünf Minuten später setzt die Maschine auf der Landebahn auf. Skulski kommentiert das Ereignis mit den Worten: "Im Jahr 2014 landen Weltmeister in Berlin-Tegel und nicht in Berlin Brandenburg! Wir haben aber ebenfalls Akkreditierungs-Schilder mit dem Aufdruck BER bekommen."

Während das Flugzeug über die Landebahn rollt, sagt Skulski, dass einige Mitarbeiter des Flughafens von "da oben unterhalb des Towers Berlin-Tegel" zuschauen würden. Viele von ihnen wären schon 2006 dabei gewesen, als der DFB-Tross in Berlin Quartier bezogen hatte und "von hier immer in die Spielorte flog". Allein der Abflug und die Rückkehr der Mannschaft sei "ein Riesen-, Riesenerlebnis gewesen", sagt Skulski. Das hätten ihm die Mitarbeiter erzählt.

Das Flugzeug nähert sich langsam dem Gate. Skulski: "Das Flugzeug ist doch sehr, sehr groß. Warum soll der Flughafen überhaupt gebaut werden, wenn hier soviel Platz ist?"

Auf dem Flugzeug steht in großen Lettern "Fanhansa Siegerflieger". Noch sei die Maschine "am Ausrollen auf dem Flughafen Berlin-Tegel", sagt Skulski. "Jetzt schwenkt sie ein. Spannender Moment! Der Punkt ist genau festgelegt, wo die Maschine zum Stehen kommen wird. Weil alles geordnet ist, auf Flugplätzen sowieso!"

Aus der Nähe ist inzwischen auch der Name der Boeing 747 zu erkennen. Potsdam. Skulski droht darüber den Verstand zu verlieren. "Potsdam heißt die Maschine auch noch. Wie nett! Wir wissen alle, Tegel ist in der Nähe von Potsdam, und wenn man schon nicht im Land Brandenburg und in Schönefeld landen kann, dann sollte der Flieger wenigstens Potsdam heißen."

Das Flugzeug steht, die Tür wird geöffnet. Als erstes kommen die Stewardessen hinaus, sie bilden auf der Gangway ein Spalier für die Spieler. Applaus und Jubel ist zu hören. Skulski: "Beifall der Mitarbeiter des Flughafens von Berlin Tegel. Im Jahr 2014! Wer hätte das gedacht?"

Und welcher Zuschauer hätte gedacht, dass es in der Sendung nur am Rande um die Ankunft der deutschen Nationalmannschaft geht, sondern in erster Linie um das Berliner Flughafendebakel? Wir sehen, wie die Spieler das Flugzeug verlassen, allen voran Philipp Lahm, den Pokal in Hand. Wir sehen Jogi Löw auf der Außentreppe, mit seinem pinkfarbenen Hartschalenkoffer in der Hand. Skulski schweigt zu diesen Bildern. Er ist in seinem ganz eigenen Film gefangen.

Unten auf dem Rollfeld, stellen sich die Spieler für die Fotografen vor einer Sponsorenwand auf. Skulski mischt sich unter die WM-Helden. "Männer, herzlich willkommen in Berlin-Tegel!" Die anderen Journalisten vertreiben den Störenfried, der für Spieler-Interviews keine Genehmigung besitzt. Er verabschiedet sich von Lahm mit den Worten: "Macht mal weiter! Wir sprechen uns später nochmal!"

Das ist in diesem Moment zu befürchten. Denn die geheime Mission des Mannes, der beim ZDF-"Morgenmagazin" den Sport leitet, ist noch nicht beendet. Der Reporter rast zum Brandenburger Tor, wo Hunderttausende Fans die deutsche Mannschaft feiern. Ihm doch egal. Nicht sein Thema. Skulski greift Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit ab, der ein Nationaltrikot trägt, um ihn mit der Frage zu überrumpeln. "Freut es Sie, dass der Flieger mit der deutschen Nationalmannschaft in Tegel und nicht in Berlin Brandenburg gelandet ist?" Als Wowereit die böse Absicht erkennt, keilt er zurück und hält dem Rumpelreporter den Skandal um die manipulierte ZDF-Sendung "Deutschlands Beste" vor. Dann wendet er sich ab. Skulski zieht davon.

Die WM ist vorbei. Wir lebten vier Wochen in einem Ausnahmezustand. Das ZDF hat uns ins Leben zurückgeholt. In Berlin-Tegel. Es war ein harte Landung.

Helmut Monkenbusch