Es ist wirklich verwunderlich: "Jurassic Park" ist schon 30 Jahre alt, hat fünf Fortsetzungen nach sich gezogen, die allesamt an den Kinokassen für teils mehr als eine Milliarde Umsatz alleine gesorgt haben. Und trotzdem gibt es abseits dieser sechs Filme kaum andere Blockbuster, die das Erfolgsrezept Dinosaurier genutzt haben. Vermutlich, weil es arg ins Geld geht, will man die Urzeitechsen vernünftig präsentieren, ohne gegen die "Jurassic"-Konkurrenz abzustinken.
Eigentlich gab es so wirklich in vergleichbarer Größenordnung nur im Jahr 2000 den mittlerweile vergessenen Disney-Animationsfilm "Dinosaurier", der auf fotorealistische Optik setzte. Jetzt ist dafür tatsächlich mal ein neuer Anwärter hervorgekommen, mit besten Voraussetzungen: "65" zeigt schon in den Trailern tolle Dino-Effekte, hat mit Adam Driver einen Superstar an Bord und hinter dem Projekt stecken Scott Beck & Bryan Woods, das Erfolgsduo, das schon für das moderne Horror-Meisterwerk "A Quiet Place" das Drehbuch geschrieben hat. Rundum perfekt ist das Endresultat zwar nicht – es hat aber gegenüber den großen "Jurassic World"-Kontrahenten gleich mehrere entscheidende Vorteile.
Ab dem 11. September 2023 ist der Film mit Adam Driver bei Netflix verfügbar.
"65" Millionen Jahre vor unserer Zeit: Kampf gegen Dinos
Der Titel "65" alleine ist recht kryptisch, doch schon nach ein paar Minuten offenbart sich im Film, was er bedeutet. Doch von Anfang an: Der Film beginnt im All. Der Astronaut Mills (Adam Driver) sorgt sich um seine schwer erkrankte Tochter Nevine (Chloe Coleman). Um Geld für wichtige Medikamente aufzutreiben, begibt er sich auf eine zweijährige Expeditionsmission. Doch das Raumschiff, auf dem er und seine Crew sich befinden, gerät in einen Asteroidenschauer und stürzt auf einem fremden Planeten ab. Fast die ganze Besatzung stirbt. Nur Mills und ein kleines Mädchen namens Koa (Ariana Greenblatt) überleben, doch da die Kleine eine andere Sprache als er spricht, können sie sich kaum verständigen.
Jetzt müssen sie überleben und einen Weg finden, gerettet zu werden. Das große Problem: Der Planet, auf dem sie gelandet sind, ist bevölkert mit blutrünstigen Dinosauriern, die ihnen ans Leder wollen. Darauf will nämlich der Titel "65" hinaus: Obwohl es um Astronauten in schicken Raumschiffen geht, ist der Film kein Sci-Fi-Film. Er spielt nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit: vor 65 Millionen Jahren. Mills und Koa sind keine Menschen von der Erde, sie sind "Außerirdische". Und der Planet, auf dem sie bruchlanden, ist kein geringerer als unsere urzeitliche Erde.
Kurz & knackig: "65" ist ein rasanter Survival-Thriller
Die Prämisse hinter "65" ist wirklich spannend – und mal eine gelungene Abwechslung zu anderen Dino-Filmen. Statt die Monster in unsere Zeit zu holen, bringen Beck und Woods zwei futuristische Menschen in die Welt und Zeit der Dinos. Atmosphärisch ist das von Beginn an ein Triumph. Wenn der wie immer fantastische Adam Driver mit aufgerissenen Augen hastig nach seiner Laserwaffe greift, um sich irgendwie gegen den drohenden Superpredator verteidigen zu können, erzeugt "65" genau den Nervenkitzel, den man sich von diesem Film erhofft. "65" ist dabei nicht unbedingt ein richtiger Horrorfilm, sondern ähnlich wie "A Quiet Place" ein konzentrierter Thriller mit kurzen Schock-Momenten. Viele Dialoge gibt es nicht, meist muss Mills mit Händen und Füßen versuchen, seine Gedanken der kleinen Koa mitzuteilen.
Die Dinosaurier und das Urwald-Setting sehen derweil fantastisch aus und die prächtigen Bilder des Kameramanns Salvatore Totino lassen keine Wünsche offen. Große Spektakelszenen gibt es keine. Anders als die "Jurassic"-Blockbuster ist "65" ein eher kleiner Film, der viel Spaß daran hat, seine zwei Figuren von einem Dino-Angriff zum nächsten zu hetzen. Und genau in dieser Einfachheit liegt auch seine Effektivität: "65" ist mit Abspann gerade mal 93 Minuten lang und gerät so nie in Gefahr, Langeweile aufkommen zu lassen. Damit übertreffen Beck und Woods mühelos die letzten beiden "Jurassic World"-Filme, die weit über 2 Stunden lang gerieten und sich in viel zu komplizierten Plots verhedderten, statt zu bieten, wofür ein Großteil des Publikums im Kino sitzt: Rasante und knackige Dino-Action. "65" liefert dafür genau das – nicht mehr, nicht weniger.
Bei "65" bekommt man genau, was man erwartet
Man kann eine fehlende Geschichte kritisieren oder "65" eben als flottes B-Movie feiern, das genau weiß, was es sein und erreichen will. Dennoch ist nicht alles perfekt: Der Einstieg in den Film verläuft etwas konfus, und es dauert einen Tick zu lang, ehe es endlich um die heißersehnten Dinos geht. Zumal der Film ähnlich wie "A Quiet Place" versucht, über die Familienthematik das Publikum auch emotional mitzureißen. Die Vater-Tochter-Dynamik zwischen Mills und Koa bleibt dafür aber zu wenig geschärft und wird kaum jemanden ernsthaft berühren.
Macht aber alles nix: Wer sich in den letzten "Jurassic World"-Filmen fragte, warum diese so vollgestopft mit lahmen Figuren und endlosen Intrigen und Handlungsbögen geraten sind und einfach Lust auf gut gemachte Dino-Action hat, ist bei "65" richtig aufgehoben.