M – Eine Stadt sucht einen Mörder
Fritz Langs Filmklassiker stand Pate für diesen SECHSTEILIGEN ALBTRAUM über verschwundene Kinder und degenerierte Erwachsene
Anfang der 1930er-Jahre wurde Regisseur Fritz Lang („Metropolis“) von der Einführung des Tonfilms überrascht. In „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ wollte er nun erstmals mit den neuen Möglichkeiten der Akustik experimentieren – und schuf mit seinerzeit revolutionären Schnitttechniken und Bildmontagen ein Meisterwerk über das Ende der Weimarer Republik und das Erstarken nationalsozialistischer Kräfte im Gewand eines frühen Film noir.
Ähnlich symbolhaft wie seine Bildsprache setzte Lang auch den Ton ein. Die Klangkulisse einer Berliner Straße faszinierte ebenso wie das besagte Pfeifen von Kindermörder Hans Beckert, gespielt von Peter Lorre („Die Spur des Falken“, „Casablanca“). Apropos Lorre: In „M“ hatte der spätere Weltstar seinen ersten großen Auftritt auf der Leinwand. Obwohl sich der damals 27-Jährige aufgrund seiner Größe von 162 Zentimetern nicht als Filmschauspieler fühlte. Das legendäre Pfeifen entstammte übrigens nicht den Lippen von Peter Lorre, sondern denen von Fritz Lang persönlich – wenn auch denkbar falsch und laut. Lorre selbst war nicht fähig, auch nur einen einzigen Ton zwischen seinen Lippen hervorzubringen. Dem (Publikums-)Erfolg des Films schadeten solche Probleme nicht (wenngleich Lang vom ursprünglichen Titel „Mörder sind unter uns“ auf Druck der Nazis Abstand nehmen musste).
Bis heute gilt „M“ als Paradebeispiel für Suspense und Thrill, als Geniestreich düster beklemmender Spannung. 1951 drehte Joseph Losey in Hollywood ein überflüssiges Remake, über das Lang 1965 in der französischen Zeitschrift „Cahiers du Cinéma“ sagte: „Es ist weder möglich noch erstrebenswert, ein Remake von ‚M‘ zu machen.“ Der österreichische Drehbuchautor und Regisseur David Schalko („Altes Geld“) hat es nun zusammen mit seiner Frau Evi Romen trotzdem probiert. Für viele ein Sakrileg. Dennoch gelingt Schalko das Unmögliche, indem er dem Zuschauer einen verstörenden Sechsteiler präsentiert, der das Original nicht toppen will, sondern dessen Kernaussagen auf aktuelle Ereignisse und Entwicklungen wie die Folgen der Fake-News-Debatte, Öffnung der Grenzen und die irrationale Angst vor dem Fremden überträgt. Zur Verfügung standen ihm dafür pro Episode eine Million Euro.
Auf der Basis von Fritz Langs Klassiker erschuf Schalko ein virtuos gefilmtes Panoptikum der Angst, in dem das Grauen in jeder Sekunde allgegenwärtig ist. Die Handlung ist im modernen, zunächst schneebedeckten Wien angesiedelt und folgt der Polizei, der Politik und der Unterwelt auf der Jagd nach einem Kindermörder. Gründe dafür gibt es für die unterschiedlichen Parteien viele. Die einen instrumentalisieren die Verbrechen für ihre Zwecke, die anderen sehen durch die Panik in der Stadt ihre dunklen Machenschaften bedroht.
Hinzu kommen jede Menge fragwürdiger Gestalten – vom sensationsgeilen Zeitungsverleger (Moritz Bleibtreu) über den Familienvater mit Geheimnissen (Lars Eidinger), den bleichen Esoteriker (Bela B) und biederen Bonbonverkäufer (André Pohl) bis hin zum unheimlichen Fremden im Pelzmantel (Udo Kier) und einer gnadenlosen Gangsterkönigin (Sophie Rois), die eine ihrer Prostituierten schon mal mit einem erzwungenen Oralverkehr an einem Kaktus bestraft.
Mal surreal, mal expressionistisch und dann wieder schonungslos real ergründet David Schalko in seiner Miniserie die fragilen Mechanismen eines gesellschaftspolitischen Konstrukts, in dem Egoismus längst über Moral, Mitgefühl und die Liebe zu den eigenen Kindern gesiegt hat. Dass eine Mutter ihre Tochter mit Spuren von Fäkalien vergiftet und sie mit verbalen Abfälligkeiten überzieht, ist nur die Spitze der Degenerierung und Menschenverachtung. „Wir erzählen schon ein Schauermärchen, aber die westliche Gesellschaft ist auch tatsächlich kälter geworden. Es gibt einen Verrohungsprozess, der mit einer gewissen Form von Depression zu tun hat“, erklärte David Schalko den Realitätsbezug seiner Serie im Interview mit TV SPIELFILM.
Sicherlich, man kann „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ seinen künstlerischen, zuweilen artifiziellen und ins Theaterhafte abdriftenden Anspruch vorwerfen. Wirklich massenkompatibel ist das Ganze nicht. Und wenn schon: Eine verstörende Reise in die viehischen Abgründe der menschlichen Natur kann auch nicht jeder ertragen.
Cast und Crew von "M – Eine Stadt sucht einen Mörder"
Cast
- Kommissarin
- Sarah Viktoria Frick
- Verleger
- Moritz Bleibtreu
- Kommissar
- Christian Dolezal
- Vater Elsie
- Lars Eidinger
- Mutter Elsie
- Verena Altenberger
- Innenminister
- Dominik Maringer
- Polizeipräsidentin
- Johanna Orsini-Rosenberg
- Psychologin
- Julia Stemberger
- M
- Gerhard Liebmann
- Die Wilde
- Sophie Rois
Crew
- Regisseur
- David Schalko
Die neuesten Episoden von "M – Eine Stadt sucht einen Mörder"
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Folge 6 Episode 6 DE, AT , 2019
Durch die vom Innenminister verhängte Ausgangssperre wird Wien zur Geisterstadt. Die Polizei ist in den menschenleeren Straßen auf Mördersuche, während die Unterwelt den Täter mit den Kindern rumänischer Bettler ködern will… Auf der Basis von Fritz Langs Klassiker erschuf der österreichische Drehbuchautor und Regisseur David Schalko ein virtuos gefilmtes Panoptikum der Angst, in dem das Grauen in jeder Sekunde allgegenwärtig ist.
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Folge 5 Episode 5 DE, AT , 2019
Weitere Kinder verschwinden und die Angst der Wiener wächst. Der Innenminister nutzt die Melange aus Angst und Verunsicherung in der Bevölkerung, um Stimmen für seine antidemokratischen Positionen zu sammeln. Als die Polizei endlich die Identität des Mörders feststellen kann, begibt sich auch die Unterwelt auf die Jagd… Das böses Gesellschafts- und Stadtporträt, das neben Schauerstimmung auch mit knurrigem Dialogwitz punktet und Krimikonventionen mit einer postmodernen Theaterhaftigkeit bricht, geht auf die Zielgerade: nächste Woche folgt das Finale.
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Folge 4 Episode 4 DE, AT , 2019Originaltitel: Teil IV
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Folge 3 Episode 3 DE, AT , 2019
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Folge 2 Episode 2 DE, AT , 2019
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Folge 1 Episode 1 DE, AT , 2019
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