Ein einziger Pikser mit der Spritze, und der Tumor im Gehirn des Patienten löst sich einfach auf. Mikroskopisch kleine Maschinen, in den Körper des Kranken injiziert, spüren das entartete Gewebe selbstständig auf und vernichten es. Andere überbrücken unterbrochene Nervenverbindungen und rekonstruieren das geschädigte Hirnareal. Patient geheilt.
Noch ist das Science-Fiction, doch viele Forscher sind sich sicher: Nano-Roboter werden in Zukunft die Medizin revolutionieren. Und nicht nur die. Maschinen von der Größe eines roten Blutkörperchens (Durchmesser: 0,007 Millimeter) könnten in Fabriken Mikrochips wie von Geisterhand entstehen lassen oder Umweltgifte unschädlich machen. Militärs träumen von staubkorngroßen Aufklärungsdrohnen und unsichtbaren Mini-Kampfrobotern.

Motor aus einem Molekül

Die ersten Schritte in die Richtung sind getan. Nano-Ingenieure können heute schon Zahnräder bauen, deren Zacken aus einzelnen Atomen bestehen. Forscher der New Yorker Cornell-Universität haben einen Motor entwickelt, der aus einem einzigen Eiweißmolekül besteht. Anwendungen dafür gibt es noch nicht.

Konkreter sind bereits die Mediziner am US-Forschungszentrum MIT: Sie haben Nano-Kügelchen konstruiert, die medizinische Wirkstoffe direkt an die Stelle im Körper transportieren, wo sie wirken sollen, zum Beispiel zu einem Tumor - ein Riesenfortschritt hin zu einer effektiveren und nebenwirkungsarmen Krebstherapie.

Doch trotz aller Euphorie gibt es auch warnende Stimmen. So ist noch unklar, welche Auswirkungen Nano-Partikel auf die Umwelt haben. Viele Forscher glauben zudem, dass Nano-Robotik nur eine Zukunft hat, wenn die Minimaschinen lernen, sich selbst zu reproduzieren. Nur so wäre das Millionenheer an Nanobots herstellbar, das man für einen einzigen Krebspatienten bräuchte. Was, wenn die dienstbaren Geister sich unkontrolliert vermehren? So viel ist sicher: Die Verwirklichung der Nano-Träume erfordert nicht nur Grips, sondern auch viel Verantwortungsbewusstsein.

Christian Holst
Nanotechnologie (1)
DO, 2.2., Arte, 21.55 Uhr