Als plötzlich ein Platzregen das Spiel der EM 2024 zwischen Deutschland und Dänemark in Dortmund zum Erliegen bringt, bietet sich für Sportjournalisten die Gelegenheit, zu Brillieren, ähnlich wie beim berühmten "Torfall von Madrid". Allerdings verfügt das ZDF in diesem Turnier nicht über einen Kommentator wie Marcel Reif.

Kein Wunder also, dass Live-Kommentator Oliver Schmidt das Mikrofon zügig an die Live-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein übergibt. Ihr bleibt es allerdings erspart, im Regen zu stehen, nicht zuletzt dank ihres kompetenten Expertenduos, das sie während der rund 25 Minuten dauernden Unterbrechung unterstützt.

Katrin Müller-Hohenstein: "Wenn's nicht so traurig wär"

Fassungslos staunt KMH über "Hagelkörner groß wie Tischtennisbälle". Die erfahrene ZDF-Frau schaut verschreckt bis bedröppelt, als wäre gerade das Barbecue zur Goldhochzeit von Mama und Papa ins Wasser gefallen: "Es ist eigentlich ein unglaubliches Spektakel, wenn's nicht so traurig wär. Schade." Aber zum Glück ist Christoph Kramer nicht nur der nach weit verbreiteter Ansicht erfrischendste aller EM-Experten, sondern auch ein passabler Aushilfsmeteorologe. "Ich bin mit allen Bauernweisheiten gewaschen", kann er versichern, "das geht gleich weg".

Gottlob behält Wetterfrosch Kramer recht. Denn spätestens als Per Mertesacker die Dänen als "fröhliches Volk aus dem Norden" besingt, drohen dem Pausen-Trio die Gesprächsthemen auszugehen. Kramer findet eh: "Im Nachhinein, wenn das gut geht, ist das ne geile Anekdote." Ja, wenn ...

Olaf Scholz ist von EM-Spiel "begeistert"

Zum Glück hält die restlichen Spielminuten nicht nur das Wetter, sondern auch Manuel Neuer, was auf sein Tor kommt. So gewinnt nach Toren von Havertz und Musiala Deutschland erstmals seit acht Jahren wieder ein K.o.-Spiel bei einem Turnier. Jawohl, zum ersten Mal seit acht Jahren! Das wird an diesem ZDF-Abend so penetrant oft wiederholt, dass Kramer - die Rolle kann er auch - den Medienkritiker rausholt: "In acht Jahren sind nur drei Turniere. Das hört sich krasser an, als es ist."

Während Mertesacker und Kramer noch um die Tipp-Hoheit ringen ("Es war nicht dein Dreinullspiel, es war eher mein Zweieinsspiel"), haben ein paar verbliebene Fans im Dortmunder Stadion die wahren Superstars der EM längst ausfindig gemacht. "Die feiern euch seit Minuten", staunt Müller-Hohenstein in Richtung des Experten-Duos über die "Weltmeister"- und "Eistonnen"-Sprechchöre auf den Rängen. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir beide noch mal die Welle machen", gluckst Mertesacker belustigt bis verlegen. "Ist mir ein bisschen unangenehm." Muss es doch nicht!

Wie sagte Ehrentribünengast Olaf Scholz so pointiert vor dem Spiel: "Ich bin ganz begeistert." Den obersten Hemdknopf hatte er zu den unschlagbar nüchtern geräusperten Worten offen gelassen. Deutschland schießt auf der EM-Euphorieskala langsam, aber sicher Richtung Ekstase.