Wann immer über die besten Serien aller Zeiten gesprochen wird, steht "Die Sopranos" auf einem der obersten Plätze. Von 1999 bis 2007 lief das Mafia-Epos und räumte nicht nur zahlreiche TV-Preise ab, sondern revolutionierte auch die Art und Weise, wie im Fernsehen Geschichten erzählt wurden. Im Fokus stand der 40-jährige Tony Soprano aus New Jersey, der einerseits mitten in der Midlife-Crisis steckt, andererseits aber zusätzlich noch seinem Job als tonangebender Mafiaboss der Gegend meistern muss.

14 Jahre nach der finalen Folge kam es 2021 zum lang herbeigesehnten "Sopranos"-Comeback, wenn auch dieses Mal nicht im Serienformat. Der Film "The Many Saints of Newark" erschien und war keine Fortsetzung der Seriengeschichte, sondern spielte in den 1960ern und erzählte vom jungen Tony Soprano und wie dieser zu einem der mächtigsten Gangster der Ostküste werden konnte. Aktuell ist der Film ins Programm bei Amazon Prime Video aufgenommen worden. Wer aber glaubt, da es sich hier um eine Vorgeschichte handelt, könne man "The Many Saints of Newark" auch ohne große "Sopranos"-Kenntnisse unbedarft anschauen, der irrt sich und zwar ganz gewaltig.

Die Vorgeschichte der "Sopranos" – mit einigen Spoilern

Warner Bros. Entertainment, Montage: TVSPIELFILM.de

Wie der Vater, so der Sohn: Michael Gandolfini (l.) spielt in "The Many Saints of Newark" die junge Ausgabe von Tony Soprano, der Rolle seines Vaters James Gandolfini (r.) aus "Die Sopranos".

Wenn man fragt: "Kann man 'The Many Saints of Newark?' schauen, ohne 'Die Sopranos' zu kennen?", so lautet die Antwort sicherlich "Ja". Wer es aber tut und plant, danach die Serie zu gucken, der sollte von diesem Vorhaben absehen. Der Film eröffnet nämlich direkt mit dem wohl größten Spoiler aus allen sechs "Sopranos"-Staffeln. Daher an dieser Stelle auch jetzt nochmal eine Warnung: Wer keine Spoiler zu "Die Sopranos" wissen will, sollte hier aufhören zu lesen, und sich einfach merken: Es empfiehlt sich mehr als deutlich, erst "Die Sopranos" und dann "The Many Saints of Newark" zu gucken.

Gleich zu Beginn des Films spoilert "The Many Saints of Newark" den größten Schockmoment aller "Sopranos"-Staffeln: den Tod von Christopher Moltisanti, der in der Serie der Schützling von Tony Soprano ist, ehe Tony ihn in einer besonders brutalen Szene in der letzten Staffel mit den eigenen Händen ermordet. Dieses Ereignis ist der ausschlaggebende Faktor für die Geschichte des Films, denn in diesem ist nicht Tony Soprano die Hauptfigur, sondern Richard Moltisanti – der leibliche Vater von Christopher.

Von Richard Moltisanti hörte man in "Die Sopranos" oft. Er war für Tony ein Mentor, eine Art Vaterersatz – und deshalb war Tony es später auch für dessen Sohnemann. "The Many Saints of Newark" erforscht also diese Beziehung, und auch wenn das für neue Zuschauer spannend sein kann, so ist es erst dann auch emotional ansprechend, wenn man all das Vorwissen aus der Serie mitbringt. Zumal in vielen kleinen Szenen auch in Nebenfiguren Tony Soprano bereits auf Charaktere trifft, die später in der Serienhandlung eine große Rolle spielen, etwa seine zukünftige Frau Carmela, seinen Handlanger Paulie und seinen Consigliere Silvio.

"The Many Saints of Newark" ist ein Film für Fans, der sich nicht darum schert, ob Neueinsteiger verstehen können, warum bestimmte Figuren so viel Platz in der Handlung bekommen. Und wie sehr dieser Film für die Fans gedacht ist, zeigt vor allem eine Besetzung – die von Tony Soprano selbst. "Sopranos"-Hauptdarsteller James Gandolfini verstarb nämlich im Juni 2013 an einem Herzinfarkt. Für sein junges Pendant im Film besetzte man niemand geringeren als seinen eigenen Sohn, Michael Gandolfini. Eine größere Liebeserklärung an das Vermächtnis dieser fantastischen Serie könnte der Film nicht sein.

"The Many Saints of Newark" folgt damit dem obersten Ethos der Sopranos-Mafia: Egal, was man tut, man stelle sicher, dass alles in der Familie bleibt.

"The Many Saints of Newark" ist für Abonnenten von Amazon Prime Video verfügbar.