Manchmal gibt es Erfolge aus Übersee, die ohne ersichtlichen Grund in Deutschland oder sogar ganz Europa nicht so richtig einschlagen. Bei uns sind dann das die coolen Geheimtipps, von denen es bei Netflix, Disney+, Sky Ticket oder Amazon Prime Video reichlich gibt. Bei einer in den USA enorm erfolgreichen Serie liegt es aber wohl auch daran, dass es schwer ist, sie überhaupt auf dem Streaming-Markt zu finden.

Die Rede ist von "Yellowstone", einer Neowestern-Dramaserie, die in den USA schon 2018 gestartet ist und dort eine irre Beliebtheit erlangen konnte. Staffel 3 holte in den Staaten sogar absolute Traumquoten. Der Hype ist nach Deutschland noch nicht rüber geschwappt und das dürfte sich in Zukunft leider schwierig gestalten. Aber warum ist "Yellowstone" so unglaublich sehenswert? Und was muss man tun, um sie hierzulande kennenzulernen?

Yellowstone: Meisterhafte Kritik am American Way of Life

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John Dutton hat seine Familie und seine Farm fest im Griff. Noch …

In "Yellowstone" geht es um den Witwer John Dutton, der die größte zusammenhängende Ranch der USA besitzt – mitten im Yellowstone-Nationalpark. Als skrupelloser Patriarch führt John seine Familie mit eiserner Hand. Doch seine Macht wird bedroht: Sein ältester Sohn wird bei einer Auseinandersetzung um gestohlene Rinder im angrenzenden Indianerreservat getötet. Die Ureinwohner beanspruchen das Land, auf dem die Ranch der Duttons steht für sich. Auch der Bauunternehmer Dan Jenkins ist an dem Land interessiert, um es für seine Immobilien zu nutzen. Und die Brüder Malcolm und Teal Beck sind Casino-Besitzer, die gemeinsam mit einem von Johns Söhnen gegen den Farmer intrigieren. Unterstützung findet John in seiner alkoholabhängigen Tochter Beth und seinem jüngsten Sohn Kayce, ein Ex-Soldat der Navy-SEALs, der alles tun würde, um die Anerkennung seines Vaters zurückzugewinnen.

"Yellowstone" ist also in vielerlei Hinsicht uramerikanisch: Obwohl es in der Gegenwart spielt, lässt es sich als Western beschreiben, das amerikanischste aller Genres. Es geht um die Familie, um das gemeinsame Land, und darum, Besitz und Familie gegen alle Widerstände zu verteidigen. Doch die Serie zeigt hervorragend auf, wie scheinheilig der "American Way of Life" ist. Die intakten Familienstrukturen können nur durch die brutale Hand des gewissenlosen Vaters aufrechterhalten werden, das "heilige Land" wurde den Ureinwohnern gestohlen. Die Ranch der Duttons ist ein Mikrokosmos, der stellvertretend für die gesamten Vereinigten Staaten steht. Und in John Dutton als Oberhaupt lässt sich leicht eine Spur von rücksichtslosen Machtinhabern wie George W. Bush oder Donald Trump erkennen, der Präsident war, als die Serie erstmals in den USA anlief.

Auch außerhalb der Vereinigten Staaten hoch spannend

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Solche klassischen Western-Bilder gibt es oft in "Yellowstone" zu bestaunen.

Ohne Frage ist "Yellowstone" die Serie der letzten Jahre, die am meisten über den gegenwärtigen Zustand der USA zu sagen hat. Sie zeigt das Land konfliktbeladen im Zwist mit der eigenen Vergangenheit, sie erzählt vom Farmer-Leben auf dem Land und blickt damit direkt in jene soziale Gruppe, die in der US-Unterhaltungsbranche oft ignoriert wird und den Wahlerfolg von Donald Trump in der Vergangenheit erst möglich machte. Dennoch ist die Serie auch für europäische Zuschauer spannend. "Yellowstone"-Macher Taylor Sheridan, der zuvor Drehbücher für exzellente Filme wie "Sicario" oder "Hell or High Water" schrieb, hat brillante Figuren geschaffen, deren düsterem Charme Zuschauer schnell erliegen. Man könnte "Yellowstone" fast als besonders dreckige Neuauflage von "Dallas" bezeichnen.

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John Dutton muss auf der Hut sein: Verschiedene Geschäftsmänner sind an seinem Land interessiert.

Die Schauspieler jedenfalls sind ohne Frage hervorragend, allen voran: Kevin Costner als John Dutton. Der Schauspiel-Gigant schwor lange, nie eine richtige TV-Serie machen zu wollen, aber Sheridan konnte ihn überzeugen. Costner gelingt es, die zutiefst unsympathische, rassistische und brutale Figur absolut menschlich anzulegen – sodass man beinahe versehentlich doch mitfiebert, wenn er sich seinen Feinden stellt. Insbesondere seine Kinder sind mit Luke Grimes, der unglaublich wandelbaren Kelly Reilly und Wes Bentley toll besetzt, besonders stark ist noch Cole Hauser. Er spielt Rip Wheeler, einen Mann, der John treu ergeben ist und für ihn eine Bande aus Kriminellen anführt, die für die Verteidigung der Ranch selbst vor Morden nicht zurückschrecken.

Ein bemerkenswerter Fakt sei hier noch erwähnt: "Yellowstone" wurde zurecht in den USA enorm dafür gelobt, ausschließlich tatsächliche Mitglieder von indigenen Völkern für die Rollen der Ureinwohner zu besetzen. In der US-Medienlandschaft immer noch lange keine Selbstverständlichkeit.

Ein Muss für Fans, aber leider schwer zu sehen

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Die Landschaftsaufnahmen in "Yellowstone" sind eine Klasse für sich!

Doch einen Haken hat es für deutsche Serien-Gucker, die sich an "Yellowstone" herantrauen. Die ersten zwei Staffeln, die bislang hierzulande erschienen sind, gibt es nur bei Sony AXN zu sehen. Nutzer brauchen also einen Account bei Amazon Prime Video und müssen dann zusätzlich unter den sogenannten Amazon Channels extra Geld für Sony AXN bezahlen. Die monatliche Gebühr für den AXN Channel liegt bei 3,99 Euro. Aber: Es gibt einen kostenlosen Test-Zeitraum von 14 Tagen. Ob der ausreicht, um die bisherigen 19 Episoden zu schauen?

Dass Amazon diese wahnsinnig tolle Serie so versteckt, ist extrem ärgerlich. Genauso ärgerlich ist die aktuelle Veröffentlichung im Heimkino: Paramount hat die erste Staffel ausschließlich auf DVD veröffentlicht – obwohl es im Ausland bereits Blu-ray-Veröffentlichungen von "Yellowstone" gibt. Um diese Serie hierzulande in guter Qualität zu sehen, muss man sich also richtig Mühe geben und etwas tiefer graben: Belohnt wird man mit dem so ziemlich Besten, was das US-amerikanische Fernsehen in den letzten Jahren hervorgebracht hat.