Auf einem verschneiten Pass in den Alpen an der deutsch-österreichischen Grenze liegt eine grausam drapierte Leiche. Und zwei ungleiche Ermittler müssen sich des Falls trotz ihrer Differenzen annnehmen. Was im ersten Moment klingt wie jeder stinknormale Sonntagskrimi, ist in Wahrheit die erste Staffel einer der besten Serien der letzten Jahr. Denn so etwas wie das "Der Pass" gab es zuvor im deutschsprachigen Raum nicht.
Inspiriert von der dänisch-schwedischen Serie "Die Brücke" aus dem Genre des Nordic-Noir erinnerte das Sky-Original mit seiner düsteren Optik, der zynischen Grundstimmung und der schaurigen Atmosphäre an Crime-Serien aus Skandinavien oder die erste Staffel von "True Detective". Und ähnlich wie seine Vorbilder stieß die Serie bei Zuschauern wie Kritikern auf Begeisterung. "Der Pass" wurde mit Auszeichnungen (u.a. Goldene Kamera, Deutscher Fernsehpreis, Romy, Grimme-Preis) überhäuft und seine Lizenzrechte in über 60 Länder verkauft. Für eine deutsche Krimi-Serie ist das alles andere als selbstverständlich.
Und nun ist "Der Pass" mit einer zweiten Staffel zurück – und mit ihr das Ermittlerduo bestehend aus dem österreichischen Inspektor Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) und der deutschen Kommissarin Ellie Stockert (Julia Jentsch). Und auch in den neuen Folgen müssen die beiden vor einer traumhaft schönen, winterlichen Alpenkulisse einen sadistischen Serienkiller fassen. Und genau wie in der ersten Staffel mieft die Prämisse nach Klischee. Dabei ist dem Sky-Original aber etwas sehr Seltenes gelungen. Die zweite Staffel hat es tatsächlich geschafft, das sehr hohe Niveau zu halten – wenn nicht sogar streckenweise zu übertrumpfen.
"Der Pass" Staffel 2: Darum geht's in der Crime-Serie
Die Jagd auf den Krampuskiller hat bei Ellie Stocker und Gedeon Winter tiefe Narben hinterlassen – sowohl psychisch als auch physisch. Winter hat den Anschlag auf sein Leben nur knapp überlebt und kuriert seine schweren Verletzungen im Krankenhaus aus. Stocker hat regelmäßig Nervenzusammenbrüche und Panikattacken, worunter nicht nur ihre Arbeit leidet. Doch die Fähigkeiten der beiden Polizisten sind schon wieder gefragt.
Im Zill-Tal bei Salzburg wurde die Leiche einer deutschen Touristin gefunden. Sie wurde brutal misshandelt und sexuell missbraucht, bevor ihre Kehle durchgeschnitten wurde. Die Tote lag an einem Flussufer – aufgebahrt wie erlegtes Wild nach der Jagd. Bei dem Mordfall fungiert die ehrgeizige Ermittlerin Yela Antic (Franziska von Harsdorf) als Verbindungsbeamte zwischen der deutschen und österreichischen Justiz.
Gemeinsam mit Winter und Stocker macht die junge Frau Jagd auf den Killer. Doch der Täter scheint dem ungleichen Team immer einen Schritt voraus – obwohl er viele Fehler begeht. Oder deckt ihn jemand?
Abgründig, schaurig, packend: Krimispannung bei Sky
Man möchte gar nicht glauben, dass "Der Pass" wirklich eine deutsch-österreichische Produktion ist. So wertig und überragend ist das Niveau der Serie in allen Belangen – verglichen mit anderen Formaten aus dem deutschsprachigen Krimi-Einheitsbrei. Alles bei "Der Pass" ist stimmig, wie aus einem Guss.
Die schaurige Musik (arrangiert von Hans Zimmer), die düstere Optik, die beklemmende Grundstimmung und der groteske Gegensatz zwischen den barbarischen Menschen und der schönen Natur lassen die 2. Staffel der Serie manchmal schon ins Horror- oder Thriller-Genre abdriften. Vor allem in den Szenen mit dem Mörder, den wir bereits ab Folge 1 bei seinen Beutezügen begleiten, entfaltet sich eine Atmosphäre, die man so in anderen deutschsprachigen Krimi-Serien nie zu spüren bekommt. Bei dem Täterprofil bedient sich "Der Pass" erneut bei den bayerisch-österreichischen Mythen und Sagen: Dieses Mal ist es aber der Wilderer vom Watzmann, den die Behörden jagen, und nicht der Krampus.
Schauspielerisch bewegt sich "Der Pass" auf höchstem Niveau. Nicholas Ofczarek brilliert erneut als zynischer, abgefuckter und kettenrauchender Ermittler, der mehr Dämonen in sich vereint als so mancher Serienkiller, und fügt der Figur noch ein viele neue Facetten hinzu, die man so nicht erwartet hat. Genauso wie Julia Jentsch. War sie in Staffel 1 noch der moralische Lichtblick, ist sie jetzt gebrochen und nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und auch die Neuzugänge von Staffel 2 überzeugen und sind bis zur letzten Figur perfekt besetzt. Die Karriere von Franziska von Harsdorf, die die ehrgeizige Jungermittlerin Yela Antic spielt, sollte man in den nächsten Jahren unbedingt im Blick behalten. Neben ihr glänzt Andreas Lust als bestechlicher Kollege aus Österreich. Spektakulär abgründig sind Dominic Marcus Singer als Täter und Christoph Luser als dessen reicher Bruder. Vor allem Singer schafft eine unglaubliche Gratwanderung: Er erweckt eine Figur zum Leben, die man wegen ihrer Taten zwar verabscheut, am Ende aber auch bemitleidet.
Kritikerliebling: Alle Welt liebt das Bavaria-Noir von "Der Pass"
Schon die erste Staffel von "Der Pass" begeisterte nicht nur Serienfans, sondern auch die Kritiker: Bei der Goldenen Kamera 2019 wurde sie als "Beste Serie" ausgezeichnet. Tittelbach.tv beschrieb die Staffel gar als "herausragend", mit "Aufnahmen von grausiger Schönheit". Staffel 2 wird nicht minder gelobt: Claudia Tieschky von der Süddeutschen denkt gar, die neue Staffel könnte noch "stimmiger" als die vorherige sein. Die Besatzung nennt sie direkt "grandios". In der Berliner Zeitung gab es zudem 5 Punkte für Staffel 2 – die Höchstnote.
Lob bekam die Serie zudem von eher ungewöhnlicher Seite: Julian Nagelsmann, der Fußballtrainer vom FC Bayern München, nannte kürzlich auf einer Pressekonferenz "Der Pass" als eine Serie, die für ihn "Suchtpotenzial" hat und wegen der er "drei Nächte nicht geschlafen" habe. Allerdings – so viel ist klar – muss man nicht aus Bayern kommen, um "Der Pass" zu lieben. Vielleicht ist die Serie sogar gerade für "Außenstehende" umso faszinierender: Sie verspricht einen tiefgründigen Einblick in die unterkühlte Lebenswelt der Alpenlandschaft, sie zeigt einen Mikrokosmos, in dem schroffe Männlichkeit und abgestorbene Empathie der einzige Schlüssel sind, um in einer zerbrechlichen, maroden Welt nicht den Verstand zu verlieren. "Der Pass" ist darin sehr deutsch und doch universell, begründet quasi sein eigenes Genre: Bavaria-Noir.
Fazit: Eine bessere deutsche Serie gibt es nicht
Wer also Lust auf einen deutschen Krimi hat, der der internationalen Konkurrenz in nichts nachsteht, sollte sich "Der Pass" unbedingt bei Sky Ticket oder Sky Go anschauen. Eine bessere deutsche Krimi-Serie gibt es aktuell nicht – und hat es auch nie gegeben. Hat man "Der Pass" geguckt, kommt einem der "Tatort" am Sonntag wie ein Kindergarten vor.
Und so wie es aussieht, ist die Geschichte von Gedeon Winter und Ellie Stockert noch lange nicht auserzählt. Denn das Ende von Staffel 2 liefert ein paar Cliffhanger, die auf jeden Fall aufgelöst werden müssen. Doch bei der Genialität und dem Erfolg ist die Fotsetzung nur eine Frage der Zeit.
Die acht Episoden der zweiten Staffel von "Der Pass" sind seit dem 21. Januar 2022 bei Sky Ticket und Sky Go verfügbar.