In Zukunft wird es richtig kompliziert. Nicht nur die teils unübersichtlichen Lizenzvereinbarungen für Film- und Serienrechte werden Zuschauern den Kopf schwirren lassen, auch die schier endlose Flut an Streamingdiensten könnte zu Überforderungen führen. Neben Netflix, Amazon und Sky drängen immer mehr Big-Player auf den Markt. Disney, Apple, Warner, NBC Universal und IMDb TV starten entweder Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres. Die drei Erstgenannten zwar vorerst nur in den USA, doch eine internationale Expansion wird nicht lange auf sich warten lassen.
Nicht nur für kleine TV-Perlen wird es schwieriger, in Zukunft eine Heimat zu finden. Das Beispiel "Sons of Anarchy" mit dem letztes Jahr gestarteten Spin-Off "Mayans MC" zeigt: Auch populäre Serien-Hits finden den Weg nicht nach Deutschland. Exklusive, sogenannte Output-Deals, mit denen beispielsweise hierzulande der Pay-TV-Sender Sky jahrzehntelang beste Erfahrungen gemacht hat, könnten künftig seltener werden oder ganz verschwinden. Die Konsequenz: Nicht alle Serien eines US-Senders wie FX landen immer automatisch bei Sky. Wohin das führen kann, zeigte zuletzt der Rechte-Hickhack bei der Serie "Lucifer". Netflix kaufte die eigentlich eingestellte Serie von Fox auf und durfte sie doch in Deutschland nicht zeigen: Amazon Prime hatte die Lizenz für den deutschen Markt.
Zum Leidwesen der Zuschauer: Viele Streaminganbieter
Längst kein neues Phänomen: Seit Jahren wird der Markt fragmentierter, viele Wettbewerber kämpfen um potentielle Zuschauer und entsprechend auch um Content, damit diese Zuschauer gehalten werden können. Nun sagt man gerne, Wettbewerb belebe den Markt und das komme den Konsumenten zugute. Doch im Streaming-Wettbewerb scheint eine andere, leicht abgewandelte Binse zu greifen: Viele Streaming-Köche verderben den Serienbrei. Denn heutzutage brauchen Serienfans mehr als nur das lineare TV-Programm und einen bezahlten Zugang zu exklusiven Inhalten, wie es über Generationen hinweg mit Premiere und später Sky zur Gewohnheit wurde. Auch ein Streaminganbieter wird in Zukunft nicht mehr reichen. Nicht umsonst setzt Netflix konsequent auf Eigenproduktionen, die Netflix Originals sollen Zuschauer an die Marke binden.
Aber zurück zum "Mayans"-Dilemma. Feststeht, dass Lizenzinhalte wie "Sons of Anarchy" oder "Mayans MC" teurer werden, umso mehr Anbieter sich im Wettstreit um diesen Inhalt gegenseitig in die Höhe schaukeln. "Sons of Anarchy" von Kurt Sutter wird für den US-Sender FX produziert, gemeinsam mit SutterInk, der Produktionsfirma des Showrunners, ist die TV-Schmiede FX Productions zuständig. In Deutschland vertreibt 20th Century Fox Home Entertainment seit 2013 die DVDs zu der sieben Staffeln währenden Biker-Serie, die deutsche Erstausstrahlung zeigte Kabel eins Ende 2012. Für Deutschland hatte sich die ProSiebenSat.1 Media die Rechte an der Serie gesichert. Als die Geschichte um Jax Teller (Charlie Hunnam) auserzählt war, wanderte sie zu maxdome, die Streaminganbieter Netflix und Amazon erwarben ebenfalls Rechte. Dort können SoA-Fans alle Staffeln anschauen und dennoch bleibt ein fader Beigeschmack, weil bis heute ungeklärt ist, wann "Mayans MC" in Deutschland gezeigt wird. Außer in den USA wurde der Ableger nur für Kanda, Australien und Spanien lizensiert.
Doch seit 2019 hat sich etwas geändert. Nicht mehr FX ist im Besitz der Rechte, sondern Walt Disney Television. Seitdem Disney im Besitz von Twentieth Century Fox ist, hat sich auch beim Sender FX, der Teil der Fox-Unterhaltungsgruppe ist, einiges geändert. Wie für deutsche Zuschauer konstatiert werden muss: Leider nicht alles zum Guten. Der Sender FX hatte erst vor zwei Jahren einen eigenen Streamingservice aufgebaut, doch FX+ wurde im Zuge des Disney-Deals aufgelöst. Auch damit könnte es zusammenhängen, dass nach fast zwei Jahren immernoch nicht klar ist, ob und wann die Serie "Mayans MC" in Deutschland zu sehen sein wird. Der neue Streamingdienst Disney+ kommt eher nicht infrage, da er als Familienanbieter gedacht ist und eine brutale Biker-Serie nicht ins Konzept passen würde. Bleibt nur noch eine Möglichkeit, sollte sich nicht zeitnah doch noch ein Lizenznehmer wie Sky, Netflix oder Amazon finden lassen - auch darüber hatten wir bereits ausführlich berichtet.
HULU in Deutschland? Zukunftsmusik
Der logische Anbieter für "Mayans MC" im Streamingbereich wäre HULU. Auch dieser gehört nun Disney und soll nebem dem Familienservice Disney+ als VoD-Anbieter für Erwachsene weiter ausgebaut werden. Hierzulande ist HULU allerdings weitgehend unbekannt, nur durch den Serien-Hit "The Handmaids Tale", der exklusiv von HULU produziert wurde, kamen Zuschauer mit dem Dienst in Berührung.
Noch ist nicht klar, ob Disney seinen neue dazugewonnene Plattform auch international als Konkurrent für Netflix, Amazon und Co. platziert. Das Thema ist alt, Disney-Chef Bob Iger hatte bereits bei der Übernahme von Fox versprochen, dass HULU weltweit expandieren wird. Bislang ist von diesen Plänen allerdings nicht mehr viel zu hören. Dies kann einerseits damit zusammenhängen, dass Disney+ Vorrang hat und der Aufbau des neuen Service viel Zeit und Arbeit in Anspruch nimmt.
Andererseits könnte wieder einmal die komplizierte Rechtelage ausschlaggebend sein. HULU könnte außerhalb der USA wohl nicht die gesamte Palette an Inhalten anbieten, da einige Serien bereits von anderen Anbietern für bestimmte Länder lizenziert wurden. Die Serie "Marvel's Runaways" hat hierzulande zum Beispiel der Sender Syfy ausgestrahlt. Ein ähnliches Lizenzproblem hatte damals auch Netflix zum Start in Deutschland. Bevor der Dienst hierzulande verfügbar war, wurden die Rechte an "House of Cards" verkauft. Jahrelang zeigte der Pay-TV-Sender Sky das Netflix-Original in Deutschland noch bevor Netflix es hierzulande auf seine Plattform stellen durfte.
Gute Nachricht für alle Fans von "Sons of Anarchy": Die Rechte an "Mayans MC" wurden noch nicht verkauft. Jetzt braucht es "nur" noch mit einem deutschen HULU klappen, dann sind dem Biker-Universum von Kurt Sutter in Deutschland keine Grenzen mehr gesetzt.