Ich verlasse den Flughafen Bristol und staune erst einmal nicht schlecht: Direkt vor dem ohnehin nicht allzu großen Gelände befinden sich mehrere Wiesen, auf denen sich zahlreiche Leute tummeln und die Sonne genießen. Der internationale Flugverkehr scheint sie nicht zu stören und irgendwie wirkt der Anblick sofort idyllisch. Ein Eindruck, der während der Busfahrt in die englische Stadt nur verstärkt wird. Noch mehr Wiesen und Weideflächen passiere ich, auf denen Kühe grasen – und Schafe. Welch schöner und gemütlicher Ort, denke ich mir, und auch passend für die Entstehung von "Shaun das Schaf – Der Film: UFO-Alarm".

Darin bekommt es das so niedliche wie freche Wollknäuel mit einem außerirdischen Besucher zu tun, als eines Tages das Alien Lu-La auf der Erde landet und ausgerechnet Zuflucht auf Shauns Bauernhof sucht. Shaun nimmt sich ihrer an und versucht, dem extraterrestrischen Gast zu helfen, doch eine Geheimorganisation ist ihnen schon dicht auf den Fersen.

Die heiligen Hallen von Aardman

Mit einem Taxi werde ich in ein Gewerbegebiet zu den Studios von Aardman Animations gebracht, wo sich mehrere unspektakuläre, graue Gebäude befinden. Doch der Schein trügt, denn gleich nach Betreten des Studios werde ich von einem lebensgroßen Shaun in Empfang genommen. Viel Zeit für einen Plausch mit dem Titelhelden bleibt aber nicht und sofort werde ich durch die heiligen Hallen Aardmans geführt. Hier entstehen also "Shaun das Schaf", "Wallace and Gromit" und andere zauberhafte Stop-Motion-Werke – also jene Filme, bei denen Knetfiguren und Puppen in Einzelbildern aufgenommen und zwischendrin nur minimal verändert werden, damit am Ende der Eindruck einer Bewegung entsteht. Zum Glück bin ich nicht allein, denn die vielen und langen Flure nehmen mehrere Abzweigungen zu verschiedenen anderen Hallen und Werkstätten. Ein echtes Labyrinth ist das, an dessen Wänden viele Fotos hängen. Sogar eine Fotocollage mit "Mitarbeitern" gibt es, auf der Shaun und seine Freunde zu sehen sind.

Nach einer kurzen Einführung, bei der uns der neue Film noch einmal vorgestellt wird, geht es direkt los: Als erstes steht das Interview mit den Regisseuren Will Becher und Rich Phelan an, das vor einem Jahrmarkt-Set stattfinden soll. Während die Filmemacher abgeholt werden, bleiben mir einige wertvolle Minuten, das Set zu inspizieren: Dafür, dass es sich "nur" um Miniaturen handelt, ist es erstaunlich groß und breitet sich mehrere Meter vor mir aus. Ein buntes Treiben wird dargestellt, mit verschiedenen Ständen und einer großen Bühne hinten, auf der sich der Hund Bitzer und der Farmer befinden. Die Fülle an Details ist beeindruckend, selbst auf kleinsten Schildchen wurde etwas getextet und für jede der Figuren wurden ganz eigene Kleider und Frisuren entworfen – von Hand natürlich.

Stop-Motion und Computereffekte in "Shaun das Schaf"

Neue Figuren, wie zum Beispiel das Alien Lu-La, müssen designtechnisch dem typischen Aardman-Look folgen: "Wir mussten Figuren finden, die in die bereits etablierte Welt passen und haben uns deshalb auf das traditionelle Aussehen mit den großen Augen und Mündern verlassen", erklärt mir Becher. Monatelang dauerte der Prozess, der mit Skizzen begann, die vom Story-Team aufgegriffen wurden, ehe sich die Puppenbauer ans Werk machen konnten und eine echte Figur für den Einsatz beim Stop-Motion-Animationsfilm erschufen.

Aber kommen denn nicht bei solchen Werken nur Puppen und Knetfiguren zum Einsatz? Warum wird dann im Hintergrund die ganze Hallenwand von einer riesigen grünen Leinwand, dem Greenscreen für digitale Effekte, verdeckt? "Wir benutzen Computereffekte, um die Welt zu vergrößern", so Becher. "Normalerweise würden wir Hintergründe malen, aber so haben wir viel mehr Spielraum für die kunstvollsten Wolken oder den Himmel. Viele Szenen spielen sich auch einfach in der Luft ab und wären nur auf die Stop-Motion-Art unmöglich zu filmen gewesen." "Wir benutzen schon seit Jahren Computereffekte, um unsere Filme zu verschönern", ergänzt Phelan. Gleichzeitig sind sie eine große Arbeitserleichterung, denn so haben die Filmemacher mehr Zeit und Energie, sich auf die Geschichte zu konzentrieren.

Produzent Paul Kewley bestätigt diesen Gedanken im Interview: "Es macht Dinge leichter und schneller." Dabei deutet er auf das zweite Set hin, das ich an diesem Mittag begutachten kann und das um ein Vielfaches größer ist als der vorangegangene Jahrmarkt. Abgebildet wird eine unterirdische Geheimstation mit großen Schleusentoren, allerlei Werkzeug und sogar einem UFO. Bis direkt unter die Hallendecke reichen die Designs – beeindruckend! "Dieses Set ist so groß, wie es das Gebäude erlaubt", so Kewley. "Aber im Film wirkt es noch größer und das ginge nicht ohne etwas Hilfe aus dem Rechner."

Auf der nächsten Seite könnt ihr nachlesen, wie ich mit einem Aardman-Profi eine Figur aus "Shaun das Schaf" knete.