Der folgende Text gibt die eigene Meinung eines einzelnen Autors wieder und steht deshalb nicht repräsentativ für TV SPIELFILM.
Mit dem Stummfilm verbindet man für gewöhnlich eine frühe Ära des Kinos, als der Filmton noch nicht erfunden war. Um dieses frühe Defizit auszugleichen, fanden Texttafeln rege Verwendung, aber auch im Bild selbst gaben die Schauspieler Vollgas: Besonders expressive Mimik und Gestik transportierten unmissverständlich Emotionen und Handlungen und trugen so zum Verständnis bei. Aus heutiger Sicht mutet das alles sehr theatralisch an, aber in einem Punkt funktioniert diese Vorgehensweise noch heute blendend: bei Komik.
Da fehlen einem die Worte
Nun werden Stummfilme oder Filme ohne normal gesprochenes Wort gegenwärtig bei weitem nicht mehr so häufig produziert wie damals und ein Oscar-Abräumer wie "The Artist" von 2011 kann nur deshalb so sehr auffallen, weil er im Grunde ein nostalgisches und vor allem singuläres Kuriosum in Zeiten von Dolby Atmos und High Definition darstellt. Trotzdem sei die Frage erlaubt, warum man denn nicht häufiger auf wortlosen Spaß setzt. Einer betont überkandidelten Darbietung, wie sie etwa bei Clowns oder Pantomimen vorkommt, ist traditionell immer etwas Urkomisches inhärent, das universell ist und seine Wirkung nur selten verfehlt. Selbst das moderne Kino greift immer wieder für Slapstick-Einlagen auf humoristische Elemente zurück, die seit jeher Bestand haben und keinen Dialog benötigen. Ganz besonders trifft das auf Animationsfilme zu, in denen der Spaß übersteigert wird und die immer noch zuverlässig auf Sprache verzichten, wenn es ganz besonders chaotisch wird und man lieber weit aufgerissene Augen und Münder in den Mittelpunkt rücken will. Scrat aus den "Ice Age"-Filmen ist ein Paradebeispiel dafür und wunderbar funktioniert das auch bei "Shaun das Schaf".
Mit "Shaun das Schaf – Der Film: UFO Alarm" kehrt das titelgebende und populäre Wollknäuel aus dem Hause Aardman Animations für ein intergalaktisches Abenteuer wieder zurück auf die Leinwand. Eines Tages legt nämlich das kleine Alien Lu-La eine Bruchlandung mit seinem Raumschiff auf der Erde hin und flüchtet sich zunächst auf den Bauernhof, wo auch Shaun und seine Freunde leben. Schnell freundet er sich mit dem extraterrestrischen Besuch an und gemeinsam versuchen sie, das UFO wieder in Gang zu bekommen und Lu-La nach Hause zu bringen.
Zeitlose Qualität
"Shaun das Schaf 2" mag mitnichten ein echter Stummfilm sein, denn schließlich wird die Tonspur erfüllt von allerlei Geräuschen und auch die Protagonisten geben reichlich Laute von sich: Es wird permanent geschrien, gestöhnt und viel geblökt natürlich. Doch obwohl im neuen Film der Regisseure Richard Phelan und Will Becher einige grandiose akustische Gags eingebaut wurden, so wird der Großteil des Charmes doch visuell und ohne Worte durch die Designs, die Mimik und Gestik der Figuren transportiert. Die Mischung aus überhöhten Eigenschaften im Ausdruck, der Stop-Motion-Animation und letztendlich perfektem Timing sorgt jedenfalls schon beim bloßen Hinschauen für gute Laune und ist von zeitloser Qualität.
Der recht flotte und ereignisreiche Plot sorgt zudem für jede Menge Gelegenheiten, die inszenatorischen Stärken voll auszuschöpfen, wobei zwei parallele Handlungsstränge für viel Abwechslung sorgen. Während es Shaun und Lu-La bei ihrem Ausflug schon bald mit einer Geheimorganisation zu tun bekommen, werkelt der Farmer an einem Vergnügungspark mit UFO-Thema, weil er das ganz große Geld wittert. Die Umsetzung des Projektes verläuft natürlich mehr schlecht als recht, auch dank der inkompetenten Hilfe der übrigen Schafe. Kompetent hingegen ist die Zuverlässigkeit, mit der die Macher für jede Menge Lacher sorgen.
Sci-Fi-Anspielungen ohne Ende
Dabei ziehen sie noch einen großen Trumpf aus dem Ärmel, der auch Erwachsenen viel Freude bereiten dürfte: "Shaun das Schaf 2" quillt nur so über vor Film-Anspielungen! Passend zur Geschichte handelt es sich insbesondere um Science-Fiction-Referenzen, aber auch andere Genrevertreter halten sich hier versteckt und sei es nun "Alien", "2001: Odyssee im Weltraum" oder "Der Weiße Hai", die Frequenz, mit der die Referenzen auf das filmkundige Auge und Ohr einprasseln, ist schwindelerregend hoch.
Fazit: "Shaun das Schaf – Der Film: UFO Alarm" bietet turbulenten Stop-Motion-Spaß, an dem sich Familien genauso erfreuen können wie echte Filmnerds.