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KZ-Drama "Nackt unter Wölfen": Die erschütternd wahre Geschichte

Nackt unter Wölfen
Das KZ-Drama "Nackt unter Wölfen" basiert auf wahren Begebenheiten. ARD / UFA Fiction

In der DDR war der Roman "Nackt unter Wölfen" ein riesiger Erfolg, dreimal wurde er verfilmt – zuletzt 2015 vom MDR. Buch und Verfilmungen basieren auf einer wahren Begebenheit, als ein dreijähriges Kind im KZ Buchenwald registriert wird.

Die Geschichte ist so unfassbar, das sie eigentlich nicht echt sein kann – aber sie ist es. Sie spielt Ende März 1945: In einem Koffer wird ein dreijähriges jüdisches Kind in das Konzentrationslager Buchenwald geschmuggelt. Der Koffer stammt aus Auschwitz, seine Familie wusste nur so das Kind zu retten. Die Häftlinge handeln, gefährden ihren geplanten Widerstand und verstecken den Kleinen vor den Wächtern. Bei der Befreiung der KZ wird auch das Kind gerettet.

Diese auf Tatsachen beruhende Erzählung wurde durch den Roman "Nackt unter Wölfen" von Bruno Apitz weltberühmt und zu einer Metapher für Menschlichkeit unter grausamsten Umständen. Zweimal verfilmte die DDR den Roman, 2015 setzte der MDR nach. Unter der Regie von Philipp Kadelbach erlangte die Handlung neue Aufmerksamkeit – und ihr faktenbasierter Ursprung. Denn Romanautor Bruno Apitz war tatsächlich im KZ Buchenwald inhaftiert, verarbeitete mit "Nackt unter Wölfen" seine Erfahrungen. Und auch den dreijährigen Insassen hat es wirklich gegeben.

MDR-Film erzählt das wahre Schicksal von Stefan Jerzy Zweig

Foto: ARD / UFA Fiction, Ein kleines Kind in der Hölle der Konzentrationslager.

Anders als der Bube in Roman und Verfilmungen kam der dreijährige Stefan Jerzy Zweig nicht in einem Koffer nach Buchenwald. Er betrat am 5. August 1944 das KZ an der Hand seines Vaters Zacharias Zweig, seine Mutter und die ältere Schwester starben in Auschwitz. Zweig war eines von über 900 Kindern, die das KZ Buchenwald überlebten. Und das verdankt der damals kleine Junge den anderen Mitgefangenen. In Buchenwald wurden kommunistische Inhaftierte, die "roten Kapos", aufmerksam auf den Jungen. In der Schlussphase des Kriegs war diese Gruppierung für die interne Verwaltung im KZ zuständig. Auf diesem Wege gelang es den Funktionshäftlingen, Seuchen einzudämmen und die hygienischen Bedingungen zu verbessern.

Ohne die "roten Kapos" hätten die minderjährigen Häftlinge in den Kinderbaracken wohl kaum überlebt. Stefan Jerzy Zweig und alle anderen Kinder standen unter dem Schutz der Kommunisten, die ihre privilegierte Stellung als Häftlinge ausnutzten, um unter anderem Einfluss auf die Transportlisten zu nehmen. So auch bei Stefan Jerzy Zweig. Der Junge landete als Nr. 200 auf einer Liste für den Auschwitz-Transport. Dem war ein Befehl der SS vorausgegangenen, nachdem Juden, die als "arbeitsunfähig" galten, in Vernichtungslager deportiert werden sollten. Doch in letzter Minute tauschten die Funktionshäftlinge zwölf Namen auf der Liste aus. Zweig blieb in Buchenwald und wurde dort 1945 befreit. Auch sein Vater überlebte das Konzentrationslager.

"Das Buchenwald-Kind: Zweig wurde in der DDR zum Star

Nach Kriegsende lebten Zweig und sein Vater in Israel. Dort schloss er nicht nur das Abitur ab, sondern begann in Tel Aviv auch ein Studium der Mathematik, welches er allerdings nie beendete. Weder er noch sein Vater wussten um die Veröffentlichung des Romans, als Bruno Apitz diesen 1958 herausgab. Es dauerte fünf Jahre, ehe die DDR-Verfilmung von 1963 mit Armin Mueller-Stahl dafür sorgte, dass DDR-Journalisten sich auch die Suche nach Zweig machten. In Folge dessen wurde Zweig als das "Buchenwald-Kind" in der DDR zum Star und traf auch auf Bruno Apitz, der im KZ nie direkt Kontakt zu dem Kind hatte und seinen Roman auf Hörensagen aufbaute.

An der Filmhochschule Babelsberg begann Zweig eine Ausbildung, zog 1972 nach Wien, wo er als Kameramann für den ORF anheuerte. 2005 schrieb er seine Biografie "Tränen allein genügen nicht". Einige Jahre später verklagte er Volkhard Knigge, den Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, auf Schadensersatz. Dieser hatte im Zuge der geretteten Kinder von "Opfertausch" gesprochen, da viele der Kinder nur überlebten, weil die "roten Kapos" ihre Namen auf den Transportlisten mit anderen vertauschten.

Zentralrat der Sinti und Roma kritisiert "Nackt unter Wölfen"-Verfilmung

Foto: ARD / UFA Fiction, Die Darstellung der Geschehnisse im KZ Buchenwald in "Nackt unter Wölfen" erregte auch Kritik.

Dieser Umstand kam auch wieder zur Sprache, als 2015 die MDR-Verfilmung mit Sylvester Groth und Florian Stetter im TV lief. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nahm Anstoß an der Verfilmung. Die Begründung: Der Film verschweige, dass damals anstelle von Stefan Jerzy Zweig der 16-jährige Sintojunge Willy Blum auf der Transportliste ins Vernichtungslager Auschwitz landete. Das Schicksal beider Jungen sei "untrennbar verbunden", gab der Zentralrat in einer Pressemitteilung bekannt. Der Vorsitzende Romani Rose bezeichneten es ferner als "völlig unbegreiflich", dass das Schicksal von Willy Blum sowie das Schicksal tausender Sinti und Roma Häftlinge in Buchenwald im Film gänzlich verschwiegen werde.

Der Film "Nackt unter Wölfen" ist auf DVD und Blu-ray erschienen. Seine Erstaufführung war am 1. April 2015 in ARD und ORF. Am 27. Januar 2022 läuft "Nackt unter Wölfen" um 20:15 Uhr im MDR. Einen Trailer zum Film seht ihr hier:

Deutscher Trailer zu "Nackt unter Wölfen". UFA Fiction