Wohl kaum ein Regisseur hat schon so viele herausgeraufte Haare auf dem Gewissen wie Zack Snyder. Zumindest gleicht meine Kopfhaut gefühlt einem Friedhof der Hoffnungen auf einen wirklich guten Film von ihm. Den goldenen Schnitt kriegt man scheinbar nicht für jedes noch so hohe Budget der Welt, siehe "Batman v Superman: Dawn of Justice" (2016).

Ich habe nie verstanden, warum jemand mit so einem einzigartigem Blick für die Schönheit des Augenblicks wie Zack Snyder so wenig professionelle Betreuung für die Komposition von Action, Storytelling und Charakterentwicklung bekommt. Es hat den Anschein als trauten sich Produzenten, Schauspieler und andere Mitgestalter seiner Filmprojekte ihm nicht zu sagen, dass das Gesamtbild unstimmig ist. Der kommerzielle Erfolg gibt dem selbsternannten Comic-Profi scheinbar Recht - ein Schelm, wer jetzt an George Lucas' denkt...

Unreife Symbiose aus "The Matrix" und "Pans Labyrinth"

Optisch immer top, macheen Snyders Filme im Ganzen nie eine gute Figur. Auch nicht "Sucker Punch". Dieser Film ist nach "300" (2014) der zweite, den der Regisseur auch selbst (mit-)geschrieben hat und ach-du-heilige-Kuh, ist das schlecht geworden. Als schaute man sich eine unreife Symbiose aus "The Matrix" (1999) und "Pans Labyrinth" (2006) an. Diese Meisterwerke verstanden es, ihren Inhalt und ihre Botschaft mit fantastischen Bildern zu transportieren. Die Gesetze der simulierten Welt der Matrix offenbarten sich beispielsweise in übernatürlichen Fähigkeiten seiner Protagonisten in der scheinbar normalen Welt, wie wir sie von heute kennen. In der Fantasiewelt Ofelias aus "Pan's Labyrinth" spiegelt sich ihr Trauma aus der vom Bürgerkrieg zerrütteten Realität wider.

Nun gibt es Filme, die rein der visueller Ästhetik wegen existieren wollen und keinen Anspruch auf tiefgreifende Kohärenz erheben. Doch genau das tut "Sucker Punch", indem es seine Exploitation jugendlicher Gamer-Fantasien pseudophilosophisch rechtfertigt. Um sich zu emanzipieren, müssen sich die unterjochten weiblichen Protagonisten in sexy Outfit mit Schwert, Maschinengewehr und Lolli im Mund durch mehrere Fantasy-Level kämpfen. Weise wie leere Floskeln motivieren die Damen dabei.

Das alles "funktioniert" auf verschiedenen Metaebenen und ist ungefähr so logisch verknüpft wie die Synapsen im Gehirn von Homer Simpson. Es ist zwar eine Botschaft enthalten und manchmal blitzt ein genialer Moment am Auge des Zuschauers vorbei. Schlüssig inszeniert ist das alles jedoch nicht. Aber egal, THIS! IS! SNYDER!

Chaos zum dahinschmelzen

Wenngleich der Kritiker-Konsens von inkohärentem MTV-Chauvinismus spricht, der nicht wirklich eine Frauenpower-Geschichte erzähle, sondern vielmehr die Sex- und Actionsucht befriedige, ist diesem bunten Unglück immerhin eines geglückt: Es hat mich den Director's Cut kaufen lassen. Tatsächlich wertet dieser die ganze Geschichte nämlich auf. Zurecht bekam Hauptdarstellerin Emily Browning einen regelrechten Wutausbruch als bekannt wurde, dass die Kinoversion um 17 Minuten gekürzt würde. Vieles wirkt schlüssiger, die zuvor gänzlich weggeschnittene Szene mit Babydoll (Emily Browning) und dem High Roller (Jon Hamm) gibt der ganzen Absurdität so etwas wie einen Sinn oder ist zumindest ein wunderschön gefilmtes Highlight.
Ungeachtet aller Kritik, lässt mich dieses atemberaubende, abendfüllende Musikvideo wirklich alles um mich herum vergessen. Was zählt ist der gnadenlos gut eingesetzte coole Soundtrack und die Flucht aus dem Alltag. "Sweet Dreams are made of" genau dem hier. Für mich ein Chaos zum dahinschmelzen - Wohlwollend könnte man Mash-Up sagen. Hier vermisse ich nicht die erzählerische Finesse von Guillermo del Toro oder die inhaltliche Fülle, denn dieser Film schafft es, mich gut zu unterhalten. "Sucker Punch" ist nicht der große Wurf und ein Freund von mir verlangt heute noch sein Geld für das Kinoticket von 2011 zurück. Nichtsdestotrotz liebe ich diesen schlechten Film.
Autor: Bryan Kolarczyk