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James Bond: Echte Waffen am "Moonraker"-Set! Die Entstehung der revolutionären Weltraum-Effekte

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James Bond führt in "Moonraker" einen Krieg der Sterne. Eon Productions Ltd / Danjaq LLC, Montage: TV Spielfilm

Für gewöhnlich reist Agent 007 in den "James Bond"-Filmen rund um den Globus. Im Jahr 1979 verschlug es ihn sogar darüber hinaus: "Moonraker" verlegte sein spektakuläres Finale ins Weltall. Um die Spezialeffekte dafür zu erschaffen, wurden die Bond-Macher erfinderisch. Sogar echte Waffen kamen zum Einsatz.

Ein Grund, weshalb die "James Bond"-Filme so erfolgreich sind und letztlich mittlerweile seit fast 60 Jahren existieren, ist ihre Fähigkeit, sich aktuellen Trends anzupassen. Als beispielsweise 1977 durch "Krieg der Sterne" ein regelrechter Sci-Fi-Hype durch die Kinolandschaft ging, beschloss Bond-Produzent Albert R. Broccoli in weiser Voraussicht: Der nächste Bond-Film muss größer werden als alle zuvor. 007 muss ins All.

Gesagt, getan: 1979 wurde "Moonraker", der elfte Film der Reihe, eifrig damit beworben, dass es James Bond alias Roger Moore dieses Mal in den Weltraum verschlägt. Und tatsächlich: Im letzten Drittel des Films fliegt Bond mittels Space Shuttle auf die geheime Raumstation des Superschurken Hugo Drax, der von dort aus die Welt vernichten will. Das Erstaunliche: Auch all die Jahre später können sich die Weltraum-Szenen von "Moonraker" immer noch sehen lassen. Zu verdanken ist das wie so oft bei Bond einem Haufen kreativer und cleverer Spezialeffekte, für die unter anderem sogar Schusswaffen verwendet wurden.

Weltraum-Aufnahmen sind eine Bond-Tradition

Foto: Eon Productions Ltd / Danjaq LLC, Schon für "Man lebt nur zweimal" bauten die Bond-Macher eine Raketenabschuss-Basis und simulierten Weltraum-Szenen – und das zehn Jahre vor "Star Wars".

Zwar folgte "Moonraker" einst dem "Star Wars"-Trend, doch hatte die Bond-Reihe strenggenommen schon wesentlich früher erste Begegnungen mit dem Weltraum. 1967 eröffnete der fünfte 007-Film "Man lebt nur zweimal" mit einer dreiminütigen Sequenz im All. Damals wurde eine US-amerikanische Raumkapsel von einem mysteriösen Raumschiff der Terrororganisation SPECTRE verschluckt. Die Effekte mögen heute spartanisch wirken, waren damals aber das Maß aller Dinge: Kleine Raumschiff-Modelle wurden vor schwarzem Sant gefilmt, alle einzelnen Komponenten dann in ein Bild gefügt. Auf dieselbe Art ging man bei Bond auch vier Jahre später für "Diamantenfieber" vor, als Weltraum-Aufnahmen einen mit einem Laserstrahl bestückten Killersatelliten zeigen sollten.

Für "Moonraker" kamen antiquierte Tricks nicht in Frage. Man orientierte sich an den eindrucksvollen und revolutionären Effekten von "Krieg der Sterne" oder "2001: Odyssee im Weltraum", entwickelte aber eigene Techniken. Das war auch bitter nötig: Im Film nutzen Helden und Schurken für die Allreise ein Space Shuttle. Die gab es jedoch damals noch gar nicht, sondern waren bei der NASA erst in der Entwicklungsphase. Für "Moonraker" hatte man also keine optischen Referenzen, keine echte Technik, keine Dokumentaraufnahmen, an denen man sich orientieren konnte.

007: Effektspezialisten lassen Space Shuttles fliegen

Foto: Eon Productions Ltd / Danjaq LLC, Verblüffend echt: Die Space Shuttles in "Moonraker" wirken heute noch realistisch. Das erste echte Space Shuttle kam erst zwei Jahre nach Kinostart des Bond-Films in den Einsatz.

Um trotzdem fesselnde Aufnahmen wie den Start und Raumflug eines Space Shuttles zu inszenieren, baute Spezialeffekt-Künstler Derek Meddings kleine Modellversionen, in denen er Magnesium-Fackeln platzierte, die das Startfeuer simulierten. Dann wurden die Modelle an Drähte gehangen und kontrolliert vor der Kamera nach oben gezogen. Mit mechanischen Miniaturapparaten ließ sich sogar die Rakete authentisch vom ‚Space Shuttle‘ absprengen. Damit das Shuttle im All eine echte Rauchfahne am Auspuff hinterlässt, wählte man das denkbar einfachste Mittel: Das Shuttle-Modell wurde mit Salz gefüllt, welches hinten an der Öffnung herausrieselte. Die Tricks waren so sensationell und sahen dermaßen echt aus, dass "Moonraker" in der Effekt-Kategorie für einen Oscar nominiert wurde. Viele der zusätzlichen Kamera-Tricks, die Meddings und Regisseur Lewis Gilbert nutzten (wie etwa teils über 48 Einzelaufnahmen in einem Shot zusammenzufügen), schrieben Filmgeschichte. Bis heute gilt der Start des Space Shuttles als der realistischste Start eines Raumschiffs, der je in einem Film zu sehen war.

Ein echter Hammer war allerdings auch das Set-Design: Der legendäre Bond-Produktionsdesigner Ken Adam baute das Innere der geheimen Raumstation in einem echten Pariser Filmstudio. Noch heute hält es den Rekord als das größte Innenset, das je in Frankreich für einen Film gebaut wurde. Extrem knifflig war eine Szene, in der die künstliche Schwerkraft in der Station deaktiviert wird. Um über 60 Statisten in Schwerelosigkeit vorzutäuschen, wurden sämtliche Akteure in mehreren Metern Höhe an ultradünne Seile gehangen. Über zwei Wochen dauerte es, bis dies so perfekt funktionierte, und tatsächlich gedreht werden konnte. Angeblich soll "Star Wars"-Erfinder George Lucas sich nach Kinostart von "Moonraker" informiert haben, wie genau die Bond-Macher diese Effekte hinbekommen haben.

Explosion im All: Schrotflinten lösten das Problem

Foto: Eon Productions Ltd / Danjaq LLC, Für das wahnsinnig ausgefeilte Set-Design wurde Ken Adam bei den Bond-Filmen berühmt. Für "Moonraker" baute er das Innere einer Raumstation.

Natürlich sollte man die Raumstation aber auch von außen sehen. Derek Meddings also baute ein mehrere Meter großes Modell der Station, eine Art Skulptur, die mit aufwendigen Kameratricks zum Leben erwachte. Um sie glaubhaft ins All zu setzen, wurde sie vor schwarzen Hintergründen gefilmt und sehr sorgfältig und detailliert beleuchtet. Als echte Herausforderung erwiesen sich die Sterne drum herum: Jeder Stern musste einzeln auf dem Hintergrund gesetzt werden. Flog ein Shuttle an einem Stern vorbei, leuchtete er jedoch durch das visuell einkopierte Shuttle durch. Also war Fingerspitzengefühl erforderlich: Mit höchster Präzision musste jeder einzelne Stern passend ein- und ausgeblendet werden, wenn die Station oder ein Shuttle im Weg waren. Bis kurz vor Kinostart bastelten die Effektkünstler an dieser Herkulesaufgabe.

Zum Abschluss kamen dann sogar echte Waffen zum Einsatz. Bei einem Bond-Film muss das Schurkenversteck schließlich am Ende explodieren. Die Bond-Macher wollten, dass die große Raumstation in die Luft fliegt. Mit simpler Pyrotechnik konnte man sich aber nicht behelfen: Im Vakuum des Weltraums gibt es schließlich keine Feuerbälle. Auch hier hatte Meddings eine Idee: Er kaufte ein paar Schrotflinten, verteilte sie an die Mitarbeiter des Effektteams – und in einer Nacht- und Nebelaktion (und ohne Genehmigung des Produzenten oder des Regisseurs) zerschossen sie mit den großkalibrigen Waffen das ganze Modell vor laufender Kamera. Zum Glück waren die Aufnahmen ein Volltreffer – sonst hätte es dafür sicher Ärger gegeben.

Bei so viel Herzblut, Engagement und Kreativität ist es rückblickend kein Wunder, dass "Moonraker" 1979 sein Publikum begeisterte. Das gewaltige Filmspektakel war gar so erfolgreich, dass es bis 1995 dauern sollte, ehe erneut ein Bond-Film mit dem Erfolg von "Moonraker" mithalten konnte. Albert R. Broccoli wurde oft mit dem Motto zitiert, bei Bond "sei nur der Himmel die letzte Grenze". Die Effektspezialisten von "Moonraker" bewiesen: Er lag falsch. 007 kennt keine Grenzen.