Update vom 17. November 2020:

Wie das Branchenblatt Variety jetzt berichtet, hat Universal nun auch mit der US-Kinokette Cinemark einen ähnlichen Deal über schnellere VoD-Auswertung der Filme abgeschlossen. Die Konditionen sind aber etwas anders und sollen auch auf das vorher abgeschlossene Geschäft mit AMC ausgeweitet werden.

Demnach behält sich Cinemark das Recht vor, Filme, die an ihrem Startwochenende mindestens 50 Millionen US-Dollar einspielen, für 31 Tage oder fünf Wochenenden exklusiv in den Kinos zeigen zu dürfen. Alle anderen Titel dürfen wie schon beim anderen Vertrag bereits nach 17 Tagen auch digital veröffentlicht werden. Diese Entscheidung liegt dann aber wiederum bei Universal.

Das Filmstudio wird dem Bericht nach voraussichtlich keine großen Blockbuster schon frühzeitig zum Streamen bereitstellen, wenn sie eh schon ordentliche Summen an den Kinokassen umsetzen, von daher dürfen Filmfans weiterhin damit rechnen, neue "Jurassic World"- oder "Fast & Furious"-Teile auf der großen Leinwand genießen zu können, ohne sich extra beeilen zu müssen. Stattdessen erhält Universal die Möglichkeit, schwächere Ergebnisse direkt auf dem VoD-Markt rasch auszugleichen. Kinos wiederum müssen nicht sofort entsprechende Filme aus ihrem Programm nehmen, sondern dürfen sie auch nach der Online-Veröffentlichung weiter zeigen.

Universal ist bislang das einzige Studio, das derartige Geschäfte abgeschlossen hat und veröffentlichte in letzter Zeit mehrere, wenngleich kleinere Filme in US-Kinos, eben auch aufgrund dieser neuen Bedingungen. Auch AMC-Kinofilialen blieben, anders als viele Konkurrenten, offen, da die Partnerschaft mit Universal hilfreich sei, zumal sie an den VoD-Einnahmen von Universal beteiligt werden. Es bleibt abzuwarten, ob und wann sich weitere Studios und Kinobetreiber zu ähnlichen Geschäften hinreißen lassen werden.

Es folgt die ursprüngliche Meldung:

Das Hollywoodstudio Universal Pictures wird seine Filme in den USA bereits 17 Tage nach dem Kinostart in den Online-Verleih bringen können.

Dabei geht zwar es um sogenannte Premium-Angebote, bei denen Filme für 15 bis 20 Euro ausgeliehen werden können - also zum Preis eines Kinobesuchs. Dennoch hat der Deal zwischen Universal und der weltgrößten Kinokette AMC das Potenzial, das Geschäft der gesamten Branche zu verändern. Denn bisher waren neue Filme üblicherweise mehrere Monate (in den USA für gewöhnlich 90 Tage) nur im Kino zu sehen - und die Kinobetreiber verteidigten diese Exklusivität. Möchte Universal den Preis des VoD-Angebots senken (im Bereich 2,50 – 5 Euro), muss das Studio ähnlich einer regulären Kinoauswertung erst drei Monate lang warten.

Universal und AMC: Streit beigelegt

Das Zeitfenster ist in den vergangenen Jahren bereits kürzer geworden. Doch die Coronakrise beschleunigte den Wandel des Geschäfts noch einmal drastisch - und das löste einen erbitterten Streit zwischen Universal und AMC aus, der nun beigelegt wurde.

Während Kinos geschlossen blieben, schoben viele Studios den Start ihrer potenziellen Blockbuster auf. Universal brachte stattdessen seinen Animationsfilm "Trolls World Tour" im Frühjahr direkt in den Online-Verleih. Das zahlte sich aus: In drei Wochen spielte der Film allein am US-Markt knapp 100 Millionen Dollar ein.

Der Chef des Konzerns NBCUniversal, Jeff Shell, machte daraufhin eine weitreichende Ankündigung: "Wir gehen davon aus, dass wir Filme in beiden Formaten veröffentlichen werden, wenn die Kinos wieder öffnen." Der Filmtheater-Betreiber AMC, zu dem in Deutschland die UCI-Kinos gehören, kündigte daraufhin an, gar keine Streifen des Studios mehr zu zeigen.

Hoffnung auf mehr Kinofilme dank VoD

AMC-Chef Adam Aron zeigte sich nun zufrieden mit dem drastisch verkürzten Exklusiv-Zeitfenster: Den Großteil der Kinoerlöse spiele ein Film typischerweise an den ersten drei Wochenenden ein, die von den 17 Tagen abgedeckt werden. Außerdem erhoffe er sich, dass Studios dank dem Modell mehr Geld verdienen - und dadurch mehr Filme auch fürs Kino produzieren können. AMC gehe davon aus, dass das Kinoerlebnis mit großer Leinwand und wuchtigem Ton weiterhin Menschen anlocken werde. Vom Online-Verleih will der Kinobetreiber zugleich mit dem eigenen Service AMC Theatres On Demand profitieren.

Die Konditionen für Europa sollen in den kommenden Wochen ausgehandelt werden, wie AMC und Universal mitteilten. Die Unternehmen machten keine konkreten Angaben zu finanziellen Details der Vereinbarung. Genaue Zahlen bleiben also vorerst unbekannt, doch wie es in einem Bericht des Branchenblattes Variety heißt, werde AMC an den VoD-Einnahmen der jeweiligen Universal-Filme beteiligt.

Kinos standen angesichts des Streaming-Booms bereits vor der Coronakrise unter Druck und hielten sich unter anderem dank Blockbustern wie den Marvel-Comicverfilmungen über Wasser.

Wie steht es um "Jurassic World", "Minions" und "Fast & Furious"?

Es ist davon auszugehen, dass konkurrierende Studios weitere Kinoketten zu ähnlichen Geschäften drängen werden. Wie sich die Kinolandschaft dann ändern wird, ist noch nicht exakt abzusehen. Universal hat jedenfalls mit "Fast & Furious", "Jurassic World" und "Minions" extrem zugkräftige Marken in petto, deren Filme Milliarden an den Kassen umgesetzt haben.

Unter der neuen Vereinbarung ist es nun theoretisch möglich, dass zum Beispiel "Fast & Furious 9" (Deutscher Kinostart: 1. April 2021) oder "Jurassic World: Dominion" (11. Juni 2021) nach nur 17 Tagen bereits als VoD online gesehen werden können. Mit dieser Option im Blick könnten nun viele Fans durchaus dazu tendieren, den Kinobesuch, insbesondere während der Coronakrise, ausfallen zu lassen. Durch den recht hohen Preis des Premium-Angebots würde Universal dennoch auf ähnliche Einnahmen setzen können wie bei einer Kinoauswertung (vorausgesetzt das Publikum nimmt das Angebot an – "Trolls World Tour" war aber in der Hinsicht schon ein erfolgreicher Testlauf). Die Beteiligung an den VoD-Einnahmen wird aber ziemlich sicher nicht die ausbleibenden Umsätze an den Snack-Theken kompensieren. Kinos wie die von AMC würden also auch weiterhin weniger rentabel operieren als vor der Krise, wobei der Deal die negativen Auswirkungen zumindest abschwächen könnte.

Auch das Kinopersonal könnte betroffen sein: Das Unternehmen AMC würde zwar noch Geld einnehmen. Doch geringere Zuschauerzahlen werden sicher auch einen reduzierten Personalbedarf in den Häusern nach sich ziehen (gut für die Firma) – viele Mitarbeiter, darunter auch viele junge Menschen, werden weniger Stunden arbeiten und damit weniger verdienen. Unklar ist, ob und wie AMC und Universal dies ausgleichen werden.

Das Worst-Case-Szenario könnte sein, dass das Kinosterben so nicht aufgehalten, sondern nur verlangsamt wird. Wenn dann wirklich viele Häuser ihre Pforten für immer schließen, wird es bald keine besonderen Abspielstätten für zukünftige Blockbuster mehr geben – obwohl diese munter weiterproduziert werden. Ob Filmfreunde das wirklich wollen?

Universals potenzielle Blockbuster-Flexibilität

Wie Variety allerdings auch anführt, könnte die Vereinbarung von Universal und AMC einfach zu einer größeren Planungsflexibilität bei neuen Filmen führen. Es ist also auch möglich, dass das Studio bei wirklich großen Titeln schlichtweg auf seine neu erworbene Erlaubnis auf eine frühere VoD-Auswertung verzichtet und aktuell wird noch immer betont, dass das Kinoerlebnis weiterhin ein Stützpfeiler für Universal bleibt.

Kleinere Produktionen, die weniger gut im Kino abschneiden, könnten schneller als VoD erscheinen. Umgekehrt besteht die Möglichkeit, dass ein erfolgreicher Film einfach noch ein wenig länger in den Filmtheatern bleibt – Universal hat da freie Hand.

Zunächst einmal gilt ohnehin abzuwarten, wie sich die Situation in Deutschland präsentieren wird. Vorerst bleibt Fans nur, sich auf kommende Hits wie "Fast & Furious 9" zu freuen – hier ist der Trailer: