Superhelden-Fans trauten ihre Augen nicht, als 2018 fast alle großen Marvel-Figuren im Film "Avengers: Infinity War" gemeinsam gegen den schurkischen Thanos kämpften. Iron Man, Thor, Captain America, Hulk, Spider-Man, Scarlet Witch, die Guardians of the Galaxy, Doctor Strange und Black Widow verbündeten sich und das Publikum dankte es ihnen: Der Film wurde ein massiver Erfolg. Er endete mit einem fiesen Cliffhanger, der ein Jahr später in "Avengers: Endgame" fortgesetzt wurde. Der Film toppte selbst "Infinity War" noch mal und ist mittlerweile der erfolgreichste Film aller Zeiten.

Comicbuch-Puristen hatten zwar sicher ihren Spaß mit dem bildgewaltigen Zweiteiler, wissen aber auch: Von der Vorlage des Autoren Jim Starlin, die 1991 als "The Infinity Gauntlet" erschien, wich der Film der Regisseure Joe & Anthony Russo nicht nur stark ab, er erzählte eigentlich eine ganz eigene Geschichte. Das beginnt bei einer anderen Figurenkonstellation, aber auch bei einer völlig neuen Motivation für Supergegner Thanos. Vorsicht, es folgen heftige SPOILER sowohl für den Film als auch für seine Comic-Vorlage!

Thanos: Ein Titan im Film, ein tragisch Verliebter im Comic

Schon die Prämissen von "The Infinity Gauntlet" und "Avengers: Infinity War" unterscheiden sich fundamental. Im Film versucht Thanos, ein dunkler Titan, alle sechs Infinity-Steine zu bekommen, die sechs mächtigsten Gegenstände des Universums. Sein Plan: Wenn er alle sechs Steine beisammenhat, kann er sie im Infinity-Handschuh vereinen und mit einem Fingerschnipp die Hälfte aller Lebewesen im Universum auslöschen. Später wird deutlich, warum er dies erreichen will: Er befürchtet, dass das Universum in absehbarer Zeit aufgrund von Überbevölkerung ins Chaos gestürzt wird und sieht sich so als Erlöser der Welten.

Erst ganz am Ende des Films, also wirklich in der allerletzten Szene des Films, kann Thanos alle sechs Steine vereinen und es gelingt ihm, die Hälfte allen Lebens zu beenden. Mit diesem Cliffhanger endet "Infinity War".

"The Infinity Gauntlet" hingegen beginnt damit, dass Thanos bereits alle sechs Steine gesammelt und im Handschuh vereint hat. Mit der geballten Macht der Steine will er keinesfalls die Überbevölkerung des Universums löschen, sondern seine große Liebe, Mistress Death, die Verkörperung des Todes, beeindrucken. Doch seine Herrin lehnt ihn ab. Als Opfergabe verbrennt er daraufhin Nebula (die auch im Film auftaucht und von Thanos gefoltert wird, allerdings in einem ganz anderen Zusammenhang). Da Mistress Death ihn aber erneut abweist, zerstört er in einem Wutanfall die Hälfte aller Lebewesen im Universum.

Die Avengers: Eine gänzlich andere Heldentruppe

Im Film kämpfen die Avengers an drei Fronten: Thor und Teile der Guardians of the Galaxy versuchen, eine Waffe herzustellen, mit der sich Thanos töten lässt. Iron Man, Doctor Strange und Spider-Man fliegen ins All zum Planeten Titan, von dem Thanos stammt, um ihn dort anzugreifen. Und die restlichen Avengers um Captain America, Black Panther und Vision verbleiben auf der Erde in Wakanda, wo sie einen der Infinity Steine zerstören wollen, damit Thanos ihn nicht bekommt. Bei der Heldentruppe waren Marvel Studios und Walt Disney lange die Hände gebunden: Die Rechte an einigen Comic-Helden wie den "Fantastic Four" oder den Mutanten aus den "X-Men"-Comics sind erst seit kurzer Zeit im Besitz der Produktionsstätte, sodass es in den Filmen immer wieder zu Abweichungen kam.

Der Comic dreht sich so vor allem auch um zwei Figuren, die in den Marvel-Kinofilmen bislang nicht wirklich in Erscheinung getreten sind: Silver Surfer, der zum "Fantastic Four"-Kosmos gehört, und Adam Warlock, der in den Filmen nur im Abspann von "Guardians of the Galaxy: Vol. 2" kurz angedeutet wurde. Der Silver Surfer eilt zur Erde, als Thanos vor Wut 50 Prozent aller Lebewesen vernichtet und informiert Dr. Strange, er solle die verbliebenen Avengers zusammentrommeln, um Thanos zu besiegen. Adam Warlock hingegen trifft sich mit einer Gruppe kosmischer Entitäten, welche die Avengers im Kampf unterstützen sollen. Mit vereinten Kräften attackieren sie alle Thanos. Dieses gewaltige Avengers-Klassentreffen wurde in den Filmen auf die Fortsetzung "Avengers: Endgame" verschoben.

Das Ende: Cliffhanger im Film statt Thanos als Antiheld

Wie bereits erwähnt ließen die Russo-Brüder das "Avengers"-Spektakel im Film offen enden. Die Hälfte der Helden war tot, die andere Hälfte hatte verloren. Ein Jahr lang warteten Fans auf die Fortsetzung, in der schließlich eine komplizierte Zeitgeschichte erzählt wurde, um einerseits alle Helden zurückzubringen und andererseits beliebte Szenen der Vorgängerfilme noch einmal Revue passieren zu lassen. Am Ende gelingt es den Avengers, Thanos zu besiegen und ihn mit Hilfe der Infinity Steine auszulöschen. Ein poetisches Ende: Er starb durch die Waffe, mit der er das (halbe) Universum vernichten wollte.

Im Comic ist es jedoch Nebula, die nach dem Kampf der Helden in einem unaufmerksamen Moment Thanos‘ den Handschuh an sich bringt – und seine Macht dazu nutzt, erst Thanos in den interstellaren Raum zu verbannen und sich selbst zur Herrscherin des Universums zu machen. Schließlich entscheidet sich Adam Warlock, Thanos zu retten und kann ihn überzeugen, dass er in seinem tiefsten Inneren des Kampfes müde ist. So schließt sich Thanos den Avengers im Kampf gegen Nebula an, die die wahre letzte Hürde in der Vorlage ist. Durch einen Trick besiegen sie Nebula, und können so das Universum in den vorherigen Zustand zurückversetzen. Thanos taucht unter und lebt als Bauer in selbstgewählter Einsamkeit.

Abschließend hier nochmal der Trailer für "Avengers: Infinity War" von 2018: