Sie kassieren Prämien in Millionenhöhe und sind auf einem rasch wachsenden Transfermarkt schon fast so begehrt wie talentierte Kicker. Summen im sechsstelligen Euro-Bereich sind keine ­Seltenheit, wenn einer von ihnen bei laufendem Vertrag den Zockersessel wechselt. Profi- oder Pro-Gamer, wie es unter E-Sportlern heißt, lassen sich feiern wie Popstars.

Branchenkenner halten es für nicht ganz unrealistisch, dass sich eSports zu einem virtuellen Spiegelbild der aus den Fugen geratenen Welt des Profifußballs entwickelt. "Wir sind hier noch nicht bei den Dimensionen des Fußballs angelangt, aber wir sind auf dem besten Weg", sagt Ralf Reichert. Auch wenn eSports-Pionier Reichert als Geschäftsführer der weltweit aktiven Electronic Sports League ESL keinen neutralen Blick aufs Geschäft haben kann - Studien zum Thema dokumentieren das ­gewaltige Potenzial der Branche. "Bis 2018 wird sich eSports weltweit zu einem Milliardengeschäft entwickeln", sagt Karsten Hollasch vom Wirtschaftsberatungskonzern Deloitte.

Reale Helden aus der virtuellen Welt

Was auch daran liegt, dass global agierende Veranstalter wie ESL immer erfolgreicher auf große Offline-Events setzen. Zur diesjährigen ESL One in Köln, dem größten "Counter-Strike"-Turnier der Welt, pilgerten 15 000 zahlende Hobbygamer. Die Lanxess Arena war drei Tage in Folge ausverkauft.
Die nächste Halle, die Reichert mit seinen E-Sportlern in Deutschland füllen will, ist am 28. und 29. Oktober die Hamburger Barclaycard Arena. Ticketpreis: 25 Euro. Gespielt wird das Fantasy-Strategiespiel "Dota 2", bei dem zwei Fünferteams in einer virtuellen Arena versuchen müssen, die Festung der gegnerischen Mannschaft zu erobern - und natürlich den Löwenanteil von einer Million Dollar Preisgeld.

Verglichen mit der jährlich von "Dota 2"-Entwickler Valve veranstalteten WM in Seattle sind das allerdings Peanuts: Beim weltweit höchstdotierten eSports-Turnier ging es im August 2017 um mehr als 24 Millionen Dollar. Allein das international besetzte Siegerquintett Liquid um den Berliner Kuro Salehi Takhasomi kassierte knapp elf Millionen Dollar.

Mercedes als Sponsor: Keiner will den Trend verpassen

Bislang ist eSports vor allem eine Sache der mit dem Internet aufgewachsenen Digital Natives. Millionen von ihnen sind via Facebook, YouTube oder twitch.tv, der größten Streamingplattform der Welt, live dabei, wenn die Konsolen-Neymars in rund 20 verschiedenen Spielen um Ruhm und dicke Schecks zocken.

Vergleichsweise unscheinbar fallen dagegen seit Jahren die eSports-Auftritte im klassischen Fernsehen aus, wo 100 000 Zuschauer bereits als Erfolg gelten. "eSports ist im Digitalen zu einem globalen Phänomen geworden und dort fest beheimatet", räumt ESL-Boss Reichert ein. Dennoch seien klassische Medien "sehr bedeutsam", wenn es um die weitere Verbreitung der Sportart geht. In diesem Sommer starteten die ProSiebenSat.1-Gruppe und Sport1 in Kooperation mit ESL mal wieder eine eSports-Offen­sive. Pro Sieben Maxx setzt seit Ende August auf das wöchentliche Magazin "ran eSports", der Sportspartensender aus München vor allem auf Live­über­tragungen von Offline-Events wie jetzt in Hamburg. Als Turniersponsor mit an Bord ist Mercedes. Der Autobauer überarbeitet gerade seine Marketing­strategie: 2018 endet nach 45 Jahren die Partnerschaft mit dem DFB. Zufall oder Zeitenwende?

ESL One in Hamburg
SO, 29.10 um 20.15 bei Sport1