Sieben Wochen läuft das große "Tatort"-Voting jetzt schon und bisher tendierten die Zuschauer eher zu lustigen Vertretern der vorausgewählten Filme aus den vergangenen 20 Jahren: Zwei Mal kam der Wunsch-"Tatort", bei dem die Zuschauer bestimmen dürfen, welcher Film am Sonntagabend um 20.15 Uhr im Ersten läuft, aus Münster und zwei Mal aus Weimar. Einer davon hatte sogar ein US-amerikanisches Vorbild. Aber diese Woche ist alles anders und es gibt einen echten Aufreger: "Willkommen in Hamburg".

Schweiger-"Tatort" im Ersten

Ja! Das ist der erste Film der langen, traditionsreichen "Tatort"-Reihe, die dieses Jahr ihren 50-Jährigen feiert, mit Schauspieler und Produzent Til Schweiger. Vor allem bekannt für seine romantischen Komödien (Keinohrhasen, Kokowääh), erfuhr "Tatort"-Deutschland spätestens mit diesem Film, worauf Schweiger auch steht: Actionfilme. Mit Fug und Recht kann behauptet werden, dass der "Tatort" die Wahrnehmung der Krimireihe stark veränderte. Als Kommissar Nick Tschiller die Bühne betrat, wehte ein anderer Wind.

Regisseur Christian Alvart, der gerade für seine ZDF-Serie "Sløborn" viel positive Presse bekommt, inszenierte Schweiger als actionreichen "Tatort"-Kommissar, der kurzen Prozess macht und in seinem ersten Fall schonmal drei Menschen im Auftakt des Films erschießt. Die Einschaltquoten waren 2013 ein Rekord, die Kritiker waren nicht so begeistert und fortan erntete Schweiger auch eine Menge Kritik für seine Darstellung und die kommenden Hamburg-"Tatorte". Darauf reagiert er auch schon mit einer lautstarken Beschwerde über seine Kritiker bei Facebook. Im Rückblick kann "Willkommen in Hamburg" trotz vieler Fehler zugutegehalten werden, dass er endlich mal eine andere Art von Krimi am Sonntagabend etablierte und den Weg bereitete für viele experimentelle "Tatorte" wie die aus Frankfurt mit Ulrich Tukur. Worum es genau geht und ob er auch diesen Sonntag lohnt, lest ihr hier:

"Willkommen in Hamburg" und im Kugelgewitter

Umgezogen vom hessischen LKA nach Hamburg kommt Kommissar und Ex-SEK-Mitglied Nick Tschiller einem Mädchenhändler-Ring auf die Spur, der in Hamburg Frauen zur Prostitution verkauft. Mit seinem Kollegen Yalcin Gümer (Fahri Yardım) taucht er tief in das Rotlichtviertel von Hamburg und den Kiezbossen ein und bringt damit nicht nur sich, sondern auch seine 15-jährige Tochter (Luna Schweiger) in Gefahr. Ganz nebenbei stößt Tschiller auf einen ehemaligen Kollegen aus Hessen, der in Hamburg eigentlich nichts verloren hat.

Wer die klassischen "Tatorte" mit rumschnüffeln, brav ermitteln und nachfragen schätzt und sich ab und zu noch eine Pointe durch die tolle Chemie des Teams abholen möchte, ist hier falsch. Die Chemie zwischen Schweiger und Yardım stimmt zwar, aber mit ruhig ist hier nix zu machen. Wer aber in seinem Leben schon einmal einen Actionfilm gesehen und Spaß daran gehabt hat, bekommt hier genau das Richtige. Auch wenn die Kritik bei der Premiere schlecht war, ist die Wiederholung am Sonntag eine gute Chance einen zweiten Blick auf "Willkommen in Hamburg" zu riskieren. Dieses Mal wissen wir ja, was wir bekommen. Oder wie TV SPIELFILM es damals formulierte: "Mit Witz und Selbstironie spielen Schweiger und Co. mit den Erwartungen, die positiv erfüllt werden. Tiefgang sollte hier niemand erwarten – den Machern ging es darum, den 'Tatort'-Kosmos um einen kernigen Actionhelden zu erweitern." Hier gibt es den Trailer: