.

"Tatort: Goldbach": Direkt aus dem Schwarzwald

Großaufnahme Landschaft, ein Schuss fällt, kein Lüftchen regt sich. Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner klären ihren ersten Fall.

Jede Insel hat ihren Kommissar, die Sokos ziehen sich bis Kitzbühel. Von der verschrobenen Eifel über den Spuk im Spreewald führen die Spuren zum Ostrand der Republik, wo Mädchenhandel und Crystal Meth Regie führen. Zehn Jahre nach dem Boom der Regional­krimis ist das Land vergeben. Erzählt wird von himmelblau-lustig bis tiefschwarz. Alles, was jetzt noch kommt, muss wieder eine neue Farbe finden. Muss?

Nach dem Ende des Bodensee-"Tatorts" suchte der SWR einen neue neuen Schauplatz - und fand den Schwarzwald. Vom Verbrechen nahezu unberührt, ein weißer Fleck in der Krimilandschaft. Farbe für den neuen Hotspot versprach ein bunter Vogel namens Harald Schmidt. Schmidt sollte in Freiburg den Kripochef geben. Dann wollte er plötzlich nicht mehr. Es wurde umgedacht und abgeschminkt. Die Idee: Es kann auch einfach der Fall überzeugen. Klingt super.

Ungeschminkt überzeugen Hans-Jochen Wagner und Eva ­Löbau in einem Fall, der offenbar nicht ihr erster ist. Dass Friedemann Berg und Franziska Tobler als eingespieltes Team ermitteln, machen die ersten Minuten schon klar. Wortlos fahren die beiden Ermittler zum Weiler Goldbach. Ein Kopfnicken entscheidet, wer den Eltern eines toten Mädchens die Nachricht überbringt.

Die elfjährige Frieda liegt erschossen im Wald. Die Kommissare müssen die Todesnachricht übermitteln und dann so schnell wie möglich vorankommen. Eine der schwierigsten Aufgaben. In Extremsituationen wahrhaftig zu bleiben, darin lag für Hans-­Jochen Wagner die Herausforderung seiner Rolle: "Wie oft stehen die an einer Tür und müssen jemandem sagen, sein Kind ist tot? Das passiert selten. Aber wenn es passiert, ist es enorm belastend. Da ist in denen doch die Hölle los. So was zu untersuchen, finde ich viel spannender, als einen Kommissar zu kreieren, der irgendeinen Spleen hat."

Persönliche Probleme ­behalten die Ermittler für sich

Während Bergs Professionalität nach dem Fund eines Waffen­depots mehrfach auf die Probe gestellt wird, kümmert sich Kollegin Tobler um die Freunde des Opfers. Der kleine Paul verschweigt etwas, Nachbarjunge ­Linus ist seit Friedas Tod verschwunden. Der Part der Psy­chologin war für Eva Löbau kein Problem: "Es ist einfach nur realistisch, dass ich als Frau die­jenige bin, die mehr mit den Kindern zu tun hat. Wir hatten eine Drehbuchfassung, in der das andersrum angelegt war. Das wirkte auf mich viel bemühter."

Das Abbilden realistischer Polizeiarbeit liegt Löbau wie Wagner am Herzen. Immer wieder ließen sie sich von Experten der Freiburger Kripo beraten. Dem "Tatort"-Hype steht die bislang eher auf Arthouse abonnierte ­Löbau ("Den Wald vor lauter Bäumen") eher staunend gegenüber. Auf die Frage, warum "Tatort", antwortet sie lachend, "weil sich so viele meiner Freunde gefreut haben". Mit dem erfrischend unaufgeregten Neuzugang Löbau und dem krimierfahrenen Wagner (zuletzt "Kommissarin Heller") geht ein Duo an den Start, von dessen persönlichen Problemen der Zuschauer erst mal nicht viel erfährt. Statt Lautstärke und Kleinkrieg zu zelebrieren, ver­suchen die beiden mehr und mehr, "Feinstofflichkeit" (Wagner) in ihre Figuren zu weben.

Wenn die Wiesen noch nicht grün sind

Für die Auftaktfolge des neuen Teams hat der SWR mit Regisseur Robert Thalheim ("Am ­Ende kommen Touristen") und Drehbuchautor Bernd Lange zwei Experten für Feinstofflichkeit engagiert. Thalheim war wichtig, den Schwarzwald nicht pittoresk zu zeigen, sondern eher die raue Seite zu betonen. "Wir haben versucht, das mit dem Licht, der Kameraführung und dem Szenenbild zu unterstützen. Dafür war es auch sinnvoll, früh im Jahr zu drehen, wenn die Wiesen noch nicht grün sind."

Seit dem Kinodrama "Requiem" (2006) verhandelt Bernd Lange die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen. Wie unter dem Brennglas verirren sich seine Protagonisten auf der Suche nach dem Glück. Ewig junge Eltern, die in all ihrer Coolness an der Sehnsucht nach Geborgenheit scheitern. Menschen wie du und ich.
Die nächste Familienaufstellung aus der Feder von Bernd Lange und Hans-Christian Schmid startet am 22. Oktober mit der Miniserie "Das Verschwinden" im Ersten. Sie ereignet sich weit weg vom Schwarzwald am Ostrand der Republik an der Grenze zu Tschechien.