"Ich wollte nicht schweigen"
TVSPIELFILM: Frau Kraus, Herr Hermanns, was für Erinnerungen haben Sie an das Glücksrad?
Thomas Hermanns: Damals war die Gameshow-Welle für mich sehr merkwürdig, weil diese Formate amerikanisch waren. Plötzlich wurde gejinglet und alles war pastellfarben, es war sehr undeutsch – was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
Sonya Kraus: Ich habe damals die Show in den USA entdeckt, weil ich dort gelebt habe und dort kam man um "Wheel of Fortune" gar nicht herum. Ich kannte also erst Vanna White in der US-Version. Sie war auch der Grund, warum ich mir damals ein Mikrofon erbeten habe, ich wollte nicht schweigen wie meine Vorgängerin. Als ich dann jetzt zurückkam, war alles sofort wieder da. Mein ganzer Körper hat sich sofort erinnert und ich hätte die Show wahrscheinlich auch mit drei Promille noch moderieren können.
Mit Herr Hermanns an der Wand und Frau Kraus als Moderatorin macht die Show ja einen ordentlichen Sprung in die heutige Zeit.
Hermanns: (nickt) Sonya und ich wechseln uns ja ab. Ich war echt mit dem Frauenbild an der Wand konfrontiert, das sieht immer so leicht aus, wenn die das machen. Man muss ganz schön rennen, darf nicht in der Mitte stehen, muss das Wort kennen, immer lächeln. Ich wollte mir das erobern und für Sonya war das auch wichtig.
Kraus: Das Spiel war mir so präsent und daher war es ein Genuss für mich, gleichzeitig habe ich das auch ausgenutzt, um Thomas zu bewundern…
Hermanns: Und zu hetzen! Da stand dann "Gelsenkirchen im Schneesturm" und Sonya so: "Das R kann man schon finden" und schon war ich wieder am Rennen. Und den Takt, dieses Uhrwerk des Spiels neu zu erfinden, war unser Ziel.
Ist das gelungen?
Hermanns: Es sieht sehr nach Primetime aus. Das ist nicht die Nachmittagsausgabe von früher, wir haben neue Akzente gesetzt.
Kraus: Wir haben mehr Glamour, mehr Glitzer und Thomas und ich können mit den Rollenklischees perfekt kokettieren.
Hermanns: Wir haben Kostümwechsel in der Show, Sonya hatte einen Truck voll Abendkeider und ich hatte eine Wendejacke, die genau zwei Facetten meiner Persönlichkeit darstellt.
"Es würde mich mental umbringen"
Was hat sich noch verändert?
Hermanns: Es gibt mehr Rätsel, die Show dauert länger, damit die Binge-Fans das am Stück wegschauen können. Die Kandidatinnen und Kandidaten kannten die Sendung auch extrem gut und mussten da nicht erst noch herangeführt werden.
Kraus: Das waren aber auch keine abgezockten Prominenten: Die hatten schweißnasse Hände, kleine Tröpfchen auf der Stirn, Flecken auf der Kleidung. Es ist aber auch anstrengend, man unterschätzt das, wenn man auf der Couch sitzt und das guckt. Das ist essenziell beim "Glücksrad": Wenn gespielt wird, dann ist Schluss mit lustig. Das ist eine ernste Angelegenheit, da ist Zug drin, gleichzeitig geht es um eine Menge Geld.
Wären Sie denn gute Spielerinnen und Spieler?
Hermanns: Ich glaube es würde mich mental umbringen, wenn ich einen Fehler mache. Dafür bin ich zu unentspannt und das kennen auch meine Freunde von anderen Brettspielen, die wir zusammen spielen (lacht)
Kraus: Wer hatte nicht schon einmal ein Brett vor dem Kopf? Ist bestimmt ein Highlight, aber ich will da nicht stehen.
"Das Glücksrad" ist nicht die einzige Sendung: Warum kommen jetzt gerade diese ganzen Klassiker zurück?
Hermanns: Wir leben in einer stressigen Zeit, auch im Medienkonsum. Ich erzähle tausend Leuten von einer Netflix-Serie und am Ende hat die trotzdem keiner geguckt, man lebt so aneinander vorbei. Diese großen Formate bieten einfach eine gemeinsame Erfahrung. Außerdem sind die Gameshows eine angenehme und freundliche Welt. Es klappt aber nicht alles, wir können nicht sagen: "In den 90ern war alles besser." Man muss es ins Heute bringen. Außerdem hat "Das Glücksrad" keinen Zynismus. Und wir haben so viel zynisches Fernsehen gesehen. Vielleicht ist dieser Aspekt; sich nicht über die Fehler von anderen Leuten zu definieren das Geheimnis der Retro-Shows.
"Ich habe Trash zu Gold gemacht"
Hätten Sie andere Shows, die Sie gerne selbst nochmal moderieren würden?
Hermanns: Das schwule Herzblatt hätte ich immer gerne gemacht.
Kraus: Montagsmaler habe ich immer geliebt!
Bereuen Sie auch Sachen, die Sie gemacht haben?
Kraus: Ich habe oft aus Scheiße, also Trash zu Gold gemacht. Wie Edit Piaf sagte: Ich bereue nichts.
Hermanns: Mein allererster Auftritt war bei Alphavilles Musikvideo "Jet Set". Wie der Regisseur mit mir umgegangen ist, das würde ich heute nicht nochmal so mit mir machen lassen.
Danke für das Gespräch!