RTL fährt seit einigen Jahren hohe Einschaltquoten für seine Show "Das Sommerhaus der Stars – Kampf der Promipaare" ein. Grund sind dieses Jahr ein paar handfeste Skandale rund um das "Sommerhaus". 2020 hat die Sendung allerdings ein hausgemachtes Problem: Der Sender hat die Staffel zu einem Kindergarten verkommen lassen, der weit weg ist von dem, was ich an Reality-TV mag.

Unkontrollierte Ausbrüche im "Sommerhaus der Stars"

Schon im Vorfeld der Sendung war Großes angekündigt worden. Bachelor Andrej Mangold und seine Partnerin sprachen von einer Grenzerfahrung und ein ständiges Aus- und Einziehen diverser Paare während der Aufzeichnung und das sorgte vorher schon für reichlich Gossip. Man kann es kaum anders sagen: Ich war neugierig! So sehr wollte ich die neue, skandalöse Staffel sehen, nachdem mich auch die vergangenen Jahre der Show richtig begeistert hatten. Das Konzept mehr oder weniger bekannte Promis auf engstem Raum mit wenig Luxus einzusperren und dann aufeinander loszulassen, hatte sich bewährt. Es gab lustige Sprüche, Paare, die sich als vollkommen unglücklich entpuppten und vermeintliche Sympathieträger, die zu Antagonisten wurden. RTL hatte zudem ein kluges Händchen bei der Auswahl der Stars bewiesen: Einige Charaktere sollten für Gesprächsstoff sorgen, andere den Ausgleich bringen. Das ist der Grund, warum dieses Jahr so ein Kindergarten aus der einst ruhmreichen Promi-Show geworden ist – die Auswahl der Kandidaten ist missglückt.

Wenn ein Kind im Kindergarten ein anderes aus Versehen schlägt oder mit Sand bewirft, ist das Geheule schnell groß und keine KiTa-Mitarbeiterin kann überall zugleich sein und neben jedem Kind stehen, damit es nicht aus Versehen ein anderes verletzt. Genau das war auch die Situation in der ersten Folge des "Sommerhaus der Stars" 2020. Kubilay Özdemir, der mit Georgina Fleur in das Haus einzog, spuckte Bachelor Andrej Mangold ins Gesicht und pöbelte bereits vor der Eskalation um sich. Der völlig betrunkene Bodybuilder Andreas Robens drohte mehrfach Schläge an – eine Drohung, die man ihm in diesem unkontrollierten Zustand durchaus ab- wenn auch nicht unbedingt übel nahm. Als Fernsehzuschauer war ich zu Beginn noch kurz gespannt, wie das wohl ausgehen würde, bis mir klar wurde, dass wenn einer der Männer jetzt zuschlägt, kein Aufpasser von RTL schnell genug zur Stelle wäre, um einen solchen Gewaltausbruch zu verhindern. Es gab auch keinen TV-Hinweis von Seiten des Senders, dass Security in der Nähe war. Provokationen und unheimliche Situationen deuteten sich auch schon letztes Jahr, da noch zwischen Willi Herren und Johannes Haller, an, aber da ging es um nur eine Situation.

Jetzt eskalieren die Konflikte in jeder Folge – nicht nur zwischen Kubilay und Andrej, sondern auch zwischen Eva und Andrej beziehungsweise ihrem Freund Chris, Tim und Diana und nun auch Andreas Robens und Iris Klein, der Mutter von Daniela Katzenberger. Nicht jede läuft auf eine physische Eskalation hinaus, aber wenn es RTL nur noch darum geht, dass am Ende ein Paar weinend in der Ecke sitzt, weil sich andere zu einer Front zusammengeschlossen haben, wird es nicht mehr lange dauern bis, wie beim Sat.1-Format "Promis unter Palmen", eine Folge wegen Mobbing aus der Mediathek gelöscht werden muss. Alle gegen einen bis einer weint – wie im Kindergarten eben.

Sand in den Augen

Und a pro pos Kindergarten: Dort werfen sich Kinder auch gerne mal Sand ins Gesicht – zumeist ohne fiese Absicht versteht sich. Wie das Bachelor-Paar Andrej und Jenny aber versucht, eine geschlossene Gruppe zu schaffen, nur um einen privaten Konflikt mit Ex-Bachelor-Teilnehmerin Eva, die sich sogar öffentlich entschuldigte (leider ohne jede Wirkung), eskalieren zu lassen, grenzt an ebendieses Kindergarten-Verhalten. Beim "Sommerhaus der Stars" blenden die beiden andere "Verbündete" mit kruden Geschichten, dubiosen Interpretationen der Wahrheit und einer nicht enden wollende Fehde, die aus privater Abneigung herrührt. Gleiches gilt für Andreas Robens und Iris Klein – auch hier gab es den Konflikt schon vor der Sendung. "Der hat mich geägert, der hat angefangen." Das ist der Duktus, der dieses Jahr im Sommerhaus herrscht.

Schade um "Das Sommerhaus der Stars"

Ich liebe Reality-TV, dazu gehören auch Fremdscham-Momente und Konflikte. Wenn aber ein renommiertes Reality-Fernsehformat nur noch dazu da ist, Eskalation und Beleidigung in den Mittelpunkt zu stellen und seine Teilnehmer so auszuwählen, dass die sich von Anfang an nicht leiden können, fühle ich mich als Zuschauer für dumm verkauft. RTL sorgt nach britisch-amerikanischem Vorbild für eine absolute Entgrenzung des Fernsehens. Reality-TV ist kein Horrorfilm, ich will nicht zweineinhalb Stunden angespannt auf meinem Sofa sitzen, sondern mich amüsieren. Nach fünf Folgen "Sommerhaus der Stars" lässt sich feststellen: Dieses Gefühl wird sich nicht einstellen. So schlimm wie dieses Jahr, war es noch nie. Schade eigentlich.

"Das Sommerhaus der Stars – Kampf der Promipaare" läuft mittwochs und sonntags auf RTL und ist jederzeit bei TVNOW verfügbar.