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Rette sich, wer kann!

Man kommt als Vollstoffel rüber

Auch für Christian Rachs Schützlinge läuft es nicht immer wie erhofft. Mit gemischten Gefühlen blickt etwa Ehepaar D. auf seine Erfahrungen mit dem RTL-Restauranttester zurück. 2008 kam Rach, um ihrem Restaurant in einem Eifeldorf zu mehr Gästen zu verhelfen. Seine Tipps seien schon hilfreich gewesen, sagen die Gastronomen. Doch ein paar unbedachte Worte des Wirts über die kulinarisch konservativen Eifelaner kamen in der Sendung als Arroganz gegenüber den Einheimischen rüber. "Damit hat Rach uns einen Bärendienst erwiesen, wo er uns doch geraten hatte, mehr auf diese Gäste zuzugehen", klagen die D.s.

Ehepaar D. hat erfahren müssen, wie leicht es für die TV-Macher ist, eine Fernsehwirklichkeit zu modellieren, die mit der Realität nicht mehr viel zu tun haben muss. Ein paar geschickt ausgewählte Szenen, dazu ein süffisanter Off-Kommentar und das Ganze musikalisch unterlegt mit dem "Ententanz": Schon kommt man auf dem Bildschirm als Vollstoffel rüber.

Doch auch schon vorher wird der Realität gern auf die Sprünge geholfen. Eine Zwegat-Klientin aus "Raus aus den Schulden" erzählt, wie die Macher beim ersten Vorgespräch nach Konfliktpotenzial bohrten: Gibt's nicht vielleicht ein paar Eheprobleme? Oder Knatsch mit Nachbarn und Verwandten? Das sind schließlich die Zutaten, die den Sendungen Würze verleihen. Beim Dreh ist es oft die Aufgabe des Redakteurs, Emotionen hervorzukitzeln.

RTL II bestreitet die Vorwürfe

Spätestens wenn der ganz einfühlsam fragt, ob man angesichts der schlimmen Lage an Selbstmord denke, fließen die ersehnten Tränen.
Glaubt man einem Wirt, der an der Sendung "Die Kochprofis" teilgenommen hat, gehen die Manipulationen gelegentlich noch weiter. Er berichtet, dass viele Szenen gestellt waren. Das Küchenteam sei sogar angewiesen worden, ein Gericht absichtlich zu verhunzen, nur damit die RTL-II-Küchenhelfer als Retter in der Not auftreten können. RTL II bestreitet die Vorwürfe. Sendersprecher Frank Lilie: "Die Kochprofis sind ein Doku-Format, das die Realität dokumentiert. Unsere Köche verwahren sich energisch gegen die Vorwürfe."

"So bin ich nicht!"

Doch auch Teilnehmer an anderen Sendungen haben sich gelegentlich über Manipulationen beschwert - so etwa Heike B. und ihre Tochter Leonie. Weil die alleinerziehende Mutter immer wieder Stress mit der 15-Jährigen hatte, rief sie 2007 die RTL-Super-Nanny zu Hilfe. Als Mutter und Tochter den fertigen Film vorab sahen, war das ein richtiger Schock: "So bin ich nicht!", beschwerte sich die Tochter und klagte, viele Szenen seien gestellt gewesen. Die Macher hätten die Schülerin gezielt zu bösen Schimpfattacken gegen ihre Mutter animiert. Vor Gericht versuchten Mutter und Tochter, die Ausstrahlung zu verhindern - vergebens. Wie alle, die im Reality-TV mitmachen, hatten sie eine Abtrittserklärung unterschrieben, die es dem Sender erlaubt, gefilmtes Material nach Belieben zu verwenden.

"Während des Drehs können die Teilnehmer jederzeit abbrechen. Bei einem fertigen Film ist das schwierig", so RTL-Redakteurin Anke Eickmeyer. Nach dem Urteil erlitt das Mädchen einen Nervenzusammenbruch. Immerhin: Der Sender sorgte für psychologische Hilfe.