Wer sich ein Streaming-Konto mit anderen teilt, spart Geld, so viel ist klar. Im Netflix-Universum ist Account-Sharing seit einiger Zeit aber nur noch unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt im Gespräch mit CHIP:
"Bei Netflix dürfen Nutzer den Account nur mit Menschen teilen, die im selben Haushalt wohnen – also mit ihrer Familie oder der WG (Punkt 4.2 in den AGB). Freunde oder Verwandte, die in anderen Wohnungen wohnen, dürfen laut offiziellen AGB hingegen nicht denselben Netflix-Account nutzen."
Kommt heraus, dass man sich unerlaubterweise das Konto mit dem Schwager der Ex-Freundin teilt, drohen Sanktionen. "Zumindest theoretisch könnte der Dienst den Account sperren und Schadensersatz wegen der entgangenen Einnahmen verlangen", sagt Solmecke.
Derzeit gibt es laut dem Juristen aber keine Anhaltspunkte, dass Netflix konsequent gegen Account-Sharing vorgeht. Im vergangenen Jahr hatte der Streaming-Platzhirsch lediglich strengere Sicherheitsabfragen eingeführt.
Auch DAZN verbietet Account-Sharing grundsätzlich
Dem Anbieter DAZN, der seine Preise für Neu- und wiederkehrende Kunden zum 1. Februar verdoppelt hat (sie zahlen statt 14,99 Euro im Monat jetzt 29,99 Euro), ist das Teilen von Accounts ebenfalls ein Dorn im Auge. Laut Solmecke finden sich in den Nutzungsbedingungen Passagen, "die besagen, dass Login-Daten nicht mit einer anderen Person geteilt werden dürfen".
Zwar sei es erlaubt, seinen Account auf bis zu zwei verschiedenen Geräten zu nutzen. "Auf der Website schreibt DAZN aber, wie das gedacht ist: Nicht selten gibt es zeitliche Überschneidungen wichtiger Sportereignisse und man will keines davon verpassen. Oder einfach "nur" über den Second Screen über zum Beispiel ein Parallelspiel der Champions League informiert sein."
Die Funktion ist also nicht zum Konto-Teilen vorgesehen. Bei Personen, die das trotzdem machen, könnte DAZN laut Solmecke theoretisch "den Account aussetzen oder beenden oder gewisse Vorzüge für den Kunden sperren (Punkt 8.2)".
Lage bei Sky ist verzwickter
Deutlich komplexer ist die Lage bei Sky. Es gibt zahlreiche AGBs, die die Nutzungsbedingungen der Plattform auflisten und die sich zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.
Eines haben sie allerdings gemeinsam: "Sky scheint in allen Varianten vorzuschreiben, dass das Teilen von Passwörtern nur innerhalb des Haushalts bzw. bei dem mobilen Angebot Sky Go an Personen aus demselben Haushalt erlaubt ist (z.B. Punkt 1.1.4.1. bei Sky, Punkt 2.4 bei Sky Go, Punkt 2.3 bei Sky Ticket und Sky Online)", sagt Solmecke.
Wer gegen diese Regel verstößt, muss mit verschiedenen Sanktionen rechnen. Der Rechtsanwalt nennt einige Beispiele: "In den AGB von Sky Ticket steht etwas von einem zeitweisen Entzug der Sehberechtigung, in den AGB von Sky ist sogar (nach Abmahnung) von einer Kündigung die Rede."
In den AGB von Sky Go und Sky Ticket ist Solmecke zufolge zu lesen, "dass Sky eine Vertragsstrafe in Höhe der doppelten jährlichen Abonnementgebühr des betroffenen Sky Abonnements, maximal jedoch 1437 Euro verlangen kann". Er gibt zu bedenken, dass das Unternehmen hart durchgreifen könnte, sollte jemand beim Account-Sharing erwischt werden.
Account-Sharing als Chance für Netflix und Co.
Streaming wird also immer teurer, gleichzeitig ist die gemeinschaftliche Konten-Nutzung in den meisten Fällen verboten. Solmecke sagt: "Aus Sicht der Verbraucher wäre es natürlich wünschenswert, wenn diese Regel aufgeweicht würde – aus Sicht der Anbieter aber nicht."
Für Netflix, Sky und DAZN geht es schließlich um Einnahmen, die kurzfristig wegbrechen würden. Langfristig würden sich aber womöglich sogar mehr Menschen für ein Abo entscheiden, wäre Account-Sharing ganz offen eine Option.
Am Ende ist die Preistakitk der Streaming-Anbieter mit einem gewissen Risiko verbunden. Denn dass leidenschaftliche Streamer großen Plattformen den Rücken kehren, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Das zeigt eine Umfrage der Voting-Plattform FanQ unter 2000 Fußballfans in Deutschland.
Das Ergebnis: 65,3 Prozent der Teilnehmer gaben an, ihr DAZN-Abo angesichts der aktuellen Preiserhöhung kündigen zu wollen.
Über den Experten Christian Solmecke
Christian Solmecke (48) hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE auf die Beratung der Internet und IT-Branche spezialisiert. So hat er in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce der Kanzlei stetig ausgebaut und betreut zahlreiche Medienschaffende, Web 2.0 Plattformen und App-Entwickler. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist Christian Solmecke vielfacher Buchautor und als Geschäftsführer der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de auch erfolgreicher LegalTech Unternehmer.