Das große Fazit zum Fantasy-Epos "House of the Dragon" lässt sich erst nächste Woche ziehen. Und doch wurde die neunte (und damit für die erste Staffel auch vorletzte) Episode mit besonderer Spannung erwartet. Denn einst bei der Mutterserie "Game of Thrones" galt die goldene Regel: Folge 9 ist die, in der die großen Twists passieren. In Staffel 1 starb in Folge 9 Ned Stark, in Staffel 3 ereignete sich in Folge 9 die "Rote Hochzeit", in Staffel 6 geschah in Folge 9 die "Schlacht der Bastarde".
Mit dieser Tradition, so muss man es sagen, bricht "House of the Dragon". Die großen, dramatischen Ereignisse, insbesondere ein zutiefst bewegender Todesfall, sind schon in der achten Episode passiert. Folge 9 ist ein Übergang, der Beginn einer neuen Ära im wörtlichen Sinne – und leitet das ein, womit die Serie einst enden soll: den großen Sturz der Targaryen-Dynastie und den legendären "Tanz der Drachen".
Die Ruhe vor dem (Drachen-)Sturm: "House of the Dragon" Folge 9
Der Tod des Königs Viserys hat natürlich weitreichende Konsequenzen für Westeros und diesen widmet sich die neunte Episode mit beeindruckender Konzentration. Am Hof wird großflächig Tabula rasa gemacht, die Krone steht kurzzeitig verschiedenen Personen offen und wer Rhaenyra die Treue hält, landet im Grab. Deftige Szenen zeigen den Tod verschiedener Lords, am Ende findet die Krone von Viserys einen neuen, unrechtmäßigen Besitzer.
Für sich betrachtet mag diese Folge nur ein Übergang sein. Sie greift das dramatische Ende der vorherigen Episode auf und deutet an, was im Staffelfinale eine Rolle spielen könnte. Doch es ist viel gewichtiger: Hier entsteht ein Machtvakuum, welches unzureichend gefüllt wird, hier geschieht ein Verrat an der wahren Blutlinie und dem Todeswunsch eines verstorbenen Königs. "House of the Dragon" erzählt die Vorgeschichte des Hauses Targaryen und wie wir aus "Game of Thrones" wissen, welches nur etwa 170 Jahre später spielt, ist dieses Haus dem Untergang geweiht.
Mit Schwertern wird viel gekämpft und gehandelt in Westeros, doch das wichtigste Schwert von "House of the Dragon" ist das Damoklesschwert über den Köpfen sämtlicher Akteure. Die Autoren von "House of the Dragon" sind großartig im Aufbau von Antizipation, und in den besten Momenten entwerfen sie Szenen wie einst bei Shakespeare, in denen alles immer nur noch schlimmer wird, je mehr sich Charaktere um Konfliktlösung bemühen.
Für sich betrachtet also mag Folge 9 den ein oder anderen "Game of Thrones"-Fan enttäuschen, der hier die Highlight-Stunde der Staffel erwartet hat. Doch ist es dennoch die wohl wichtigste Episode der ganzen Serie – egal, ob noch eine, zwei oder gar drei weitere Staffeln folgen, alles was in der Zukunft passiert, wird eine Reaktion auf diese Ereignisse in Königsmund sein. Diese Konsequenz lieben Fans an "House of the Dragon" und sie bekommen sie auch.